Bericht des Weltgipfels für soziale Entwicklung: Aktionsprogramm



Kapitel V

Durchführung und Anschlußmaßnahmen

82. Nur ein neu erweckter und massiver politischer Wille auf nationaler und internationaler Ebene, in die Menschen und ihr Wohlergehen zu investieren, wird die Ziele der sozialen Entwicklung verwirklichen können. Während die Regierungen die Hauptverantwortung für die soziale Entwicklung und die Durchführung des Aktionsprogramms des Gipfels tragen, ist für die volle Durchführung internationale Zusammenarbeit und Unterstützung unverzichtbar. Auf allen Durchführungsebenen ist es unabdingbar, daß folgende Voraussetzungen erfüllt werden:

Förderung und Schutz aller Menschenrechte und Grundfreiheiten, Unterstützung demokratischer Institutionen und die Befähigung der Frauen zur Selbstbestimmung;

Zusammenfassung der Ziele, Programme und Überprüfungsmechanismen, die im Zuge des Herangehens an konkrete Probleme gesondert entstanden sind;

eine Partnerschaft zwischen Staaten, örtlichen Behörden, nichtstaatlichen Organisationen, insbesondere Freiwilligenorganisationen, anderen wichtigen gesellschaftlichen Gruppen nach der Definition der Agenda 21, den Medien, Familien und Einzelpersonen;

Anerkennung der Vielfalt in der Welt und Anerkennung der Notwendigkeit, Maßnahmen zur Verwirklichung der Ziele des Gipfels zu ergreifen;

Befähigung der Adressaten der Unterstützung zur vollen Teilnahme an der Festlegung der Ziele, der Ausarbeitung von Programmen, der Durchführung von Aktivitäten und der Evaluierung der Ergebnisse;

Bemühungen zur Mobilisierung von ausreichenden und berechenbaren neuen und zusätzlichen Finanzmitteln, die so beschafft werden, daß möglichst umfangreiche solche Mittel zur Verfügung stehen und daß alle verfügbaren Finanzierungsquellen und -mechanismen, unter anderem auch multilaterale, bilaterale und private Quellen, herangezogen werden, namentlich auch Mittel zu Vorzugsbedingungen und in Form von Zuschüssen;

Solidarität, in Ausweitung des Begriffs der Partnerschaft, und ein moralischer Imperativ für Einzelpersonen, Gemeinwesen und Nationen, einander gegenseitig zu achten und sich um den anderen zu sorgen.

Maßnahmen

A. Nationale Strategien, Bewertungen und Überprüfungen

83. Zur Förderung eines integrierten Ansatzes zur Durchführung des Aktionsprogramms auf nationaler Ebene im Einklang mit den nationalen Gegebenheiten wird es erforderlich sein,

a) makroökonomische, mikroökonomische und sektorale Politiken und ihre Auswirkungen auf Armut, Beschäftigung, soziale Integration und soziale Entwicklung zu analysieren und zu überprüfen;

b) staatliche Politiken und Programme zur Förderung der sozialen Entwicklung zu verbessern, durch verstärkte Koordinierung aller Bemühungen seitens der nationalen und internationalen Akteure, durch die Stärkung der Effizienz und Leistungsfähigkeit der Strukturen der öffentlichen Verwaltung und durch die Erleichterung der wirksamen und transparenten Mittelverwendung, unter gebührender Berücksichtigung der Empfehlungen und Anschlußmaßnahmen der Agenda 21;

c) das Ausmaß, die Verteilung und die Merkmale der Armut, der Arbeitslosigkeit, der sozialen Spannungen und der sozialen Ausgrenzung zu bewerten und Maßnahmen zu ergreifen, die auf die Beseitigung der Armut, die Steigerung der produktiven Beschäftigung und eine verstärkte soziale Integration abzielen;

d) bis zum Jahre 1996 umfassende sektorübergreifende Strategien für die Umsetzung der Ergebnisse des Gipfels sowie nationale Strategien der sozialen Entwicklung auszuarbeiten oder zu verstärken, einschließlich staatlicher Maßnahmen, Maßnahmen der Staaten in Zusammenarbeit mit anderen Regierungen und internationalen, regionalen und subregionalen Organisationen sowie Maßnahmen in Partnerschaft und Zusammenarbeit mit Akteuren der bürgerlichen Gesellschaft, des Privatsektors und der Genossenschaften, unter Festlegung der jeweiligen Verantwortlichkeiten der einzelnen Akteure und einvernehmlicher Festlegung der Prioritäten und des Zeitrahmens;

e) die Ziele der sozialen Entwicklung in die nationalen Entwicklungspläne, -politiken und -haushalte einzubauen, über die traditionelle Abgrenzung der Sektoren hinweg, unter Gewährleistung von Transparenz und Rechenschaftspflicht sowie unter Teilnahme der direkt betroffenen Gruppen an Ausarbeitung und Durchführung;

f) termingebundene Ziele beziehungsweise Zielwerte für die Verringerung der Armut insgesamt und die Beseitigung der absoluten Armut festzulegen, die Beschäftigung auszuweiten und die Arbeitslosigkeit abzubauen sowie die soziale Integration im Kontext des jeweiligen Landes zu fördern;

g) den Aufbau institutioneller Kapazitäten zur interministeriellen Koordinierung, zur sektorübergreifenden Zusammenarbeit, zur koordinierten Mittelzuweisung und zur vertikalen Integration von den Hauptstädten zu den lokalen Gemeinwesen zu fördern und zu stärken;

h) quantitative und qualitative Indikatoren der sozialen Entwicklung auszuarbeiten, soweit möglich unter Aufschlüsselung nach dem Geschlecht, um Armut, Beschäftigung, soziale Integration und andere soziale Faktoren zu bewerten, die Auswirkungen der Sozialpolitik und sozialpolitischer Programme zu überprüfen und Mittel und Wege zu finden, um die Wirksamkeit der Maßnahmen und Programme zu verbessern und neue Programme einzuführen;

i) Durchführungs- und Überprüfungsmechanismen, einschließlich Vorkehrungen für die Teilhabe der bürgerlichen Gesellschaft an der Festlegung und Umsetzung von Politiken, sowie die Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen zu stärken;

j) regelmäßig die einzelstaatlichen Fortschritte bei der Umsetzung der Ergebnisse des Gipfels zu bewerten, möglicherweise in Form von regelmäßig erscheinenden Nationalberichten, in denen die erzielten Erfolge sowie Probleme und Hindernisse dargestellt werden. Solche Berichte könnten im Rahmen eines geeigneten konsolidierten Berichterstattungssystems geprüft werden, unter Berücksichtigung der verschiedenen Berichterstattungsverfahren im wirtschaftlichen, sozialen und Umweltbereich.

84. Im Zuge der internationalen Unterstützung für die Ausarbeitung nationaler Strategien der sozialen Entwicklung werden Maßnahmen bilateraler und multilateraler Stellen erforderlich sein, um

a) die Länder bei der Stärkung oder dem Aufbau von Kapazitäten zur Ausarbeitung, Koordinierung, Durchführung und Überwachung von integrierten Strategien der sozialen Entwicklung zu unterstützen;

b) die von verschiedenen Organisationen für ähnliche Planungsprozesse im Rahmen anderer internationaler Aktionspläne gewährte Unterstützung zu koordinieren;

c) verbesserte Konzepte und Programme zur Sammlung und Verbreitung von Statistiken und Indikatoren der sozialen Entwicklung auszuarbeiten, um die Überprüfung und grundsatzpolitische Analyse zu erleichtern und die Länder auf Antrag mit Rat und Tat und durch die Bereitstellung von Sachverstand zu unterstützen.

B. Einbeziehung der bürgerlichen Gesellschaft

85. Zur effektiven Durchführung der Kopenhagener Erklärung über soziale Entwicklung und des Aktionsprogramms des Gipfels ist es erforderlich, die lokalen Verbände und die nichtstaatlichen Organisationen ohne Erwerbscharakter in den Bereichen Erziehung, Gesundheitswesen, Armutsbekämpfung, soziale Integration, Menschenrechte, Verbesserung der Lebensqualität und Hilfe und Rehabilitation zu stärken, um es ihnen zu ermöglichen, konstruktiv an der Festlegung und Umsetzung von Politiken teilzunehmen. Dazu ist es erforderlich,

a) die Schaffung und den Aufbau solcher Verbände und Organisationen anzuregen und zu unterstützen, insbesondere unter schwachen und benachteiligten Gruppen;

b) einen gesetzlichen und ordnungspolitischen Rahmen, institutionelle Regelungen und Konsultationsmechanismen zu schaffen, um diese Verbände und Organisationen bei der Konzeption, Umsetzung und Bewertung von Strategien und Programmen der sozialen Entwicklung einzubeziehen;

c) für diese Verbände und Organisationen Programme zum Aufbau von Kapazitäten in wichtigen Bereichen zu unterstützen, wie zum Beispiel der partizipatorischen Planung, der Programmkonzeption, -umsetzung und -bewertung, der Wirtschafts- und Finanzanalyse, der Kreditwirtschaft, der Forschung, der Information und der Interessenvertretung;

d) für auf lokaler Ebene ergriffene und verwaltete Initiativen Mittel bereitzustellen durch Maßnahmen wie Kleinsubventionsprogramme, technische und sonstige administrative Unterstützung;

e) ständige Kontakte und den Austausch von Fachwissen und Erfahrungen zwischen diesen Verbänden und Organisationen zu stärken.

86. Der Beitrag der bürgerlichen Gesellschaft, einschließlich des privaten Sektors, zur sozialen Entwicklung kann verstärkt werden, indem

a) Planungs- und Politikfestlegungsverfahren entwickelt werden, die partnerschaftliche Beziehungen und die Zusammenarbeit zwischen den Regierungen und der bürgerlichen Gesellschaft bei der sozialen Entwicklung erleichtern;

b) die Unternehmen angeregt werden, Investitions- und andere Politiken zu verfolgen, einschließlich nichtkommerzieller Aktivitäten, die zur sozialen Entwicklung beitragen werden, insbesondere in bezug auf die Schaffung von Arbeitsplätzen, soziale Unterstützungsdienste am Arbeitsplatz, Zugang zu den Produktivmitteln und den Aufbau der Infrastruktur;

c) die Gewerkschaften befähigt und angeregt werden, an der Planung und Durchführung von Programmen der sozialen Entwicklung teilzunehmen, insbesondere in bezug auf die Schaffung von Arbeitsplätzen unter fairen Bedingungen, die Bereitstellung von Ausbildungsmöglichkeiten, Gesundheitsfürsorge und sonstigen Einrichtungen zur Deckung der Grundversorgung sowie die Schaffung eines wirtschaftlichen Umfelds, das ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum und eine bestandfähige Entwicklung erleichtert;

d) die Vertretungen der Landwirte und Genossenschaften befähigt und angeregt werden, an der Ausarbeitung und Umsetzung von Politiken und Programmen für eine bestandfähige landwirtschaftliche und ländliche Entwicklung teilzunehmen;

e) die Bildung von Genossenschaften angeregt und erleichtert wird, namentlich unter Menschen, die in Armut leben oder schwächeren Gesellschaftsgruppen angehören;

f) akademische und Forschungsinstitutionen, insbesondere in den Entwicklungsländern, dabei unterstützt werden, einen Beitrag zu den Programmen der sozialen Entwicklung zu leisten, und Mechanismen für eine unabhängige, unvoreingenommene, unparteiische und objektive Überwachung des sozialen Fortschritts, insbesondere durch die Sammlung, Analyse und Verbreitung von Informationen und Ideen über die wirtschaftliche und soziale Entwicklung, gefördert werden;

g) Bildungseinrichtungen, Medien und andere Quellen, aus denen die Öffentlichkeit Informationen und Meinungen bezieht, angeregt werden, den Herausforderungen der sozialen Entwicklung besondere Aufmerksamkeit zu widmen und eine breite und fundierte Diskussion über soziale Politiken in der ganzen Gemeinschaft zu erleichtern.


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