Resolution 827
(1993)
vom 25. Mai 1993
Der Sicherheitsrat,
in Bekräftigung seiner Resolution 713 (1991) vom 25. September 1991 und
aller danach verabschiedeten einschlägigen Resolutionen,
nach Behandlung des Berichts des Generalsekretärs vom 3. und
17. Mai 1993[i] gemäß Ziffer
2 der Resolution 808 (1993),
mit dem erneuten Ausdruck seiner höchsten Beunruhigung angesichts der
fortgesetzten Berichte über weitverbreitete und flagrante Verstöße gegen das
humanitäre Völkerrecht im Hoheitsgebiet des ehemaligen Jugoslawien und
insbesondere in der Republik Bosnien und Herzegowina, so auch angesichts der
Berichte über massenhafte Tötungen, die massive, organisierte und systematische
Internierung und Vergewaltigung von Frauen und die Fortsetzung der Praxis der
"ethnischen Säuberung", namentlich auch mit dem Ziel, Gebiet zu
erwerben beziehungsweise zu halten,
feststellend, daß diese Situation auch weiterhin eine Bedrohung des
Weltfriedens und der internationalen Sicherheit darstellt,
entschlossen, diesen Verbrechen ein Ende zu setzen und wirksame
Maßnahmen zu ergreifen, um die Personen, die dafür verantwortlich sind, vor
Gericht zu bringen,
überzeugt, daß unter den besonderen Umständen im ehemaligen
Jugoslawien die Schaffung eines internationalen Gerichts, als Ad-hoc-Maßnahme
des Rates, und die Verfolgung der Personen, die für die schweren Verstöße
gegen das humanitäre Völkerrecht verantwortlich sind, die Verwirklichung
dieses Ziels gestatten und zur Wiederherstellung und Wahrung des Friedens
beitragen würden,
die Auffassung vertretend, daß die Schaffung eines internationalen
Gerichts und die Verfolgung der Personen, die für die genannten Verstöße gegen
das humanitäre Völkerrecht verantwortlich sind, dazu beitragen wird sicherzustellen,
daß diesen Verstößen Einhalt geboten und wirksame Abhilfe geschaffen wird,
in dieser Hinsicht Kenntnis nehmend von der Empfehlung der
Kovorsitzenden des Lenkungsausschusses der Internationalen Konferenz über das
ehemalige Jugoslawien betreffend die Schaffung eines solchen Gerichts105,
in dieser Hinsicht in Bekräftigung seines Beschlusses in
Resolution 808 (1993) vom 22. Februar 1993 betreffend die Schaffung eines
internationalen Gerichts zur Verfolgung der Verantwortlichen für die seit 1991
im Hoheitsgebiet des ehemaligen Jugoslawien begangenen schweren Verstöße gegen
das humanitäre Völkerrecht,
die Auffassung vertretend, daß die Sachverständigenkommission
nach Resolution 780 (1992), wie in ihrem Zwischenbericht104
vorgeschlagen, bis zur Ernennung des Leiters der Anklagebehörde bei dem
Internationalen Gericht auch weiterhin dringlich Informationen im Zusammenhang
mit Beweisen für schwere Verletzungen der Genfer Abkommen10 und
andere Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht sammeln soll,
tätig werdend nach Kapitel VII der Charta der Vereinten Nationen,
1. billigt den
Bericht des Generalsekretärs110;
2. beschließt
hiermit, ein internationales Gericht zu schaffen, zu dem ausschließlichen
Zweck, die Personen zu verfolgen, die für die zwischen dem 1. Januar 1991 und
einem vom Sicherheitsrat nach der Wiederherstellung des Friedens festzusetzenden
Zeitpunkt im Hoheitsgebiet des ehemaligen Jugoslawien begangenen schweren
Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht verantwortlich sind, und zu diesem
Zweck das dem Bericht des Generalsekretärs als Anlage beigefügte Statut des
Internationalen Gerichts zu verabschieden;
3. ersucht den
Generalsekretär, den Richtern des Internationalen Gerichts nach ihrer Wahl
etwaige von den Staaten eingegangene Anregungen betreffend die Verfahrensordnung
und die Beweisregeln vorzulegen, die in Artikel 15 des Statuts des Gerichts
gefordert werden;
4. beschließt, daß
alle Staaten mit dem Internationalen Gericht und mit seinen Organen im Einklang
mit dieser Resolution und dem Statut des Gerichts voll zusammenarbeiten
werden und daß somit alle Staaten alle nach ihrem innerstaatlichen Recht
erforderlichen Maßnahmen ergreifen werden, um die Bestimmungen dieser
Resolution und des Statuts umzusetzen, einschließlich der Verpflichtung der
Staaten, Hilfeersuchen oder Verfügungen einer Strafkammer nach Artikel 29
des Statuts nachzukommen;
5. bittet nachdrücklich die Staaten sowie
die zwischenstaatlichen und nichtstaatlichen Organisationen, dem Internationalen
Gericht Beiträge in Form von Geld- und Sachmitteln und Dienstleistungen zur
Verfügung zu stellen und ihm namentlich auch Sachverständige anzubieten;
6. beschließt, daß
die Entscheidung über den Sitz des Internationalen Gerichts vom Abschluß
entsprechender, für den Rat annehmbarer Vereinbarungen zwischen den Vereinten
Nationen und den Niederlanden abhängt und daß das Internationale Gericht auch
anderswo tagen kann, wenn es dies für die effiziente Ausübung seiner Tätigkeit
für notwendig hält;
7. beschließt außerdem,
daß das Internationale Gericht seine Tätigkeit unbeschadet des Rechts der
Opfer wahrnimmt, sich durch geeignete Mittel um eine Entschädigung für die
aufgrund der Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht erlittenen Schäden zu
bemühen;
8. ersucht den Generalsekretär,
diese Resolution dringend durchzuführen und insbesondere alle praktischen
Vorkehrungen zu treffen, damit das Internationale Gericht seine Tätigkeit so
bald wie möglich wirksam ausüben kann, und dem Rat in regelmäßigen Abständen
Bericht zu erstatten;
9. beschließt, mit
der Angelegenheit aktiv befaßt zu bleiben.
Auf der 3217. Sitzung einstimmig verabschiedet.