112. Gewalt gegen Frauen ist ein Hindernis auf dem Weg zur Verwirklichung der Ziele der Gleichberechtigung, der Entwicklung und des Friedens. Gewalt gegen Frauen verstößt gegen die Menschenrechte und Grundfreiheiten der Frau und beeinträchtigt oder verhindert deren Wahrnehmung. Das Problem, daß seit langem verabsäumt wird, diese Rechte und Freiheiten im Falle von Gewalt gegen Frauen zu schützen und zu fördern, betrifft alle Staaten und sollte angegangen werden. Seit der Konferenz von Nairobi ist viel mehr über die Ursachen und Folgen der Gewalt gegen Frauen sowie über ihre Häufigkeit und die Maßnahmen zu ihrer Bekämpfung bekannt geworden. In allen Gesellschaften sind Frauen und Mädchen in unterschiedlichem Ausmaß und unabhängig von Einkommen, Gesellschaftsschicht oder Kultur der physischen, sexuellen und psychischen Mißhandlung ausgesetzt. Die niedrige soziale und wirtschaftliche Stellung der Frau kann sowohl Ursache als auch Folge der Gewalt gegen Frauen sein.
113. Der Begriff "Gewalt gegen Frauen" bezeichnet jede Handlung geschlechtsbezogener Gewalt, die der Frau körperlichen, sexuellen oder psychischen Schaden oder Leid zufügt oder zufügen kann, einschließlich der Androhung derartiger Handlungen, der Nötigung oder der willkürlichen Freiheitsberaubung in der Öffentlichkeit oder im Privatleben. Infolgedessen umfaßt Gewalt gegen Frauen unter anderem folgende Formen der Gewalt:
a) körperliche, sexuelle und psychische Gewalt in der Familie, namentlich auch Mißhandlung von Frauen, sexueller Mißbrauch von Mädchen im Haushalt, Gewalt im Zusammenhang mit der Mitgift, Vergewaltigung in der Ehe, Verstümmelung der weiblichen Geschlechtsorgane und andere traditionelle, für die Frau schädliche Praktiken, Gewalt außerhalb der Ehe und Gewalt im Zusammenhang mit Ausbeutung;
b) körperliche, sexuelle und psychische Gewalt in der Gemeinschaft, so auch Vergewaltigung, sexueller Mißbrauch, sexuelle Belästigung und Einschüchterung am Arbeitsplatz, an Bildungseinrichtungen und anderswo, Frauenhandel und Zwangsprostitution;
c) vom Staat ausgeübte oder geduldete körperliche, sexuelle und psychische Gewalt, wo immer sie auftritt.
114. Unter den weiteren Gewalthandlungen gegen Frauen sind zu nennen: die Verletzung der Menschenrechte von Frauen in Situationen des bewaffneten Konflikts, insbesondere Mord, systematische Vergewaltigung, sexuelle Versklavung und erzwungene Schwangerschaft.
115. Zu den Gewalttaten gegen Frauen zählen auch Zwangssterilisation, erzwungener Schwangerschaftsabbruch, unter Nötigung erfolgende oder erzwungene Anwendung von Empfängnisverhütungsmitteln, die Tötung weiblicher Neugeborener und die vorgeburtliche Geschlechtsselektion.
116. Besonders anfällig für Gewalt sind darüber hinaus einige Gruppen von Frauen, beispielsweise Frauen, die Minderheiten angehören, autochthone Frauen, Flüchtlingsfrauen, Migrantinnen, so auch Wanderarbeitnehmerinnen, arme, auf dem Land oder in entlegenen Gebieten lebende Frauen, mittellose Frauen, in Anstalten lebende oder der Freiheitsentziehung unterworfene Frauen, Mädchen, behinderte Frauen, ältere Frauen, vertriebene Frauen, repatriierte Frauen, in Armut lebende Frauen sowie von Situationen des bewaffneten Konflikts, fremder Besetzung, Angriffskriegen, Bürgerkriegen, Terrorismus, namentlich auch der Geiselnahme, betroffene Frauen.
117. Gewalthandlungen oder Gewaltandrohungen, ob in der häuslichen Umgebung, im Gemeinwesen oder vom Staat verübt oder geduldet, bringen Furcht und Unsicherheit in das Leben der Frau und sind ein großes Hindernis auf dem Wege zur Erlangung der Gleichberechtigung sowie für Entwicklung und Frieden. Die Furcht vor Gewalt, so auch vor Belästigung, bedeutet eine immer gegenwärtige Einschränkung der Mobilität der Frau und begrenzt ihren Zugang zu Ressourcen und grundlegenden Tätigkeiten. Mit Gewalt gegen Frauen sind hohe soziale, gesundheitliche und wirtschaftliche Kosten für den einzelnen und die Gesellschaft verbunden. Gewalt gegen Frauen ist einer der entscheidenden sozialen Mechanismen, durch den Frauen in eine im Vergleich zu den Männern untergeordnete Stellung gezwungen werden. Vielfach kommt Gewalt gegen Frauen und Mädchen in der Familie oder in der häuslichen Umgebung vor, wo Gewalt oft toleriert wird. Vernachlässigung, körperliche Mißhandlung und sexueller Mißbrauch und Vergewaltigung von Mädchen und Frauen durch Familienangehörige oder andere Mitglieder des Haushalts sowie Fälle von Mißhandlung innerhalb und außerhalb der Ehe werden häufig nicht gemeldet und sind daher nur schwer aufzudecken. Selbst wenn eine derartige Gewalthandlung gemeldet wird, wird den Opfern häufig kein Schutz gewährt und werden die Täter nicht bestraft.
118. Gewalt gegen Frauen ist Ausdruck der historisch ungleichen Machtverhältnisse zwischen Männern und Frauen, die dazu geführt haben, daß die Frau vom Mann dominiert und diskriminiert und daran gehindert wird, sich voll zu entfalten. Die gegen Frauen während ihres gesamten Lebens ausgeübte Gewalt hat ihren Ursprung im wesentlichen in kulturellen Verhaltensmustern, insbesondere in den schädlichen Auswirkungen bestimmter traditioneller Praktiken und Bräuche und in allen extremistischen Handlungen im Zusammenhang mit der Rasse, dem Geschlecht, der Sprache oder der Religion, die die niedrigere Stellung der Frau in der Familie, am Arbeitsplatz, im Gemeinwesen und in der Gesellschaft festschreiben. Gewalt gegen Frauen wird noch verschärft durch gesellschaftlichen Druck, insbesondere die mit der öffentlichen Anprangerung bestimmter gegen Frauen verübter Handlungen verbundene Scham, den mangelnden Zugang der Frau zu rechtlichen Informationen, Hilfe oder Schutz, den Mangel an Gesetzen, durch die Gewalt gegen Frauen wirksam verboten wird, die nicht durchgeführte Reform bestehender Gesetze, unzulängliche Maßnahmen seitens der öffentlichen Behörden, die bestehenden Gesetze in der Öffentlichkeit bekannt zu machen und entsprechend durchzusetzen, und das Fehlen pädagogischer und anderer Mittel zur Behebung der Ursachen und Folgen von Gewalt. Darstellungen von Gewalt gegen Frauen in den Medien, insbesondere Darstellungen von Vergewaltigungen oder sexueller Versklavung sowie die Ausnutzung von Frauen und Mädchen als Sexobjekte, insbesondere auch Pornographie, tragen dazu bei, daß derartige Gewalthandlungen nach wie vor weit verbreitet sind, und wirken sich auf die Gemeinschaft als Ganzes und besonders auf Kinder und junge Menschen schädlich aus.
119. Die Ausarbeitung eines ganzheitlichen und multidisziplinären Konzepts, mit dem an die komplexe Aufgabe der Heranbildung von Familien, Gemeinwesen und Staaten herangegangen werden kann, in denen es nicht zu Gewalt gegen Frauen kommt, ist nicht nur notwendig, sondern auch machbar. Die Grundsätze der Gleichberechtigung, Partnerschaft von Frau und Mann und die Achtung der Menschenwürde müssen alle Stadien des Sozialisationsprozesses durchdringen. Bildungssysteme sollten die Selbstachtung, die Achtung voreinander und die Zusammenarbeit zwischen Frau und Mann fördern.
120. Das Fehlen entsprechender, nach Geschlecht aufgeschlüsselter Daten und Statistiken über die Häufigkeit von Gewalt erschwert die Ausarbeitung von Programmen und die Kontrolle der eingetretenen Veränderungen. Mangelnde beziehungsweise unzulängliche Belege und Forschungsarbeiten über Gewalt in der Familie, sexuelle Belästigung und Gewalt gegen Frauen und Mädchen im privaten und öffentlichen Bereich, namentlich auch am Arbeitsplatz, behindern die Anstrengungen zur Entwicklung gezielter Gegenstrategien. Die Erfahrung in einigen Ländern hat gezeigt, daß Frauen und Männer mobilisiert werden können, Gewalt in allen ihren Formen zu überwinden, und daß wirksame, auf die Ursachen wie auch die Folgen der Gewalt gerichtete öffentliche Maßnahmen ergriffen werden können. Notwendige Verbündete zur Herbeiführung von Veränderungen sind Männergruppen, die sich gegen geschlechtsbezogene Gewalt einsetzen.
121. Frauen können in Konfliktsituationen und in Nichtkonfliktsituationen Gewalthandlungen ausgesetzt sein, die von Personen in Machtpositionen verübt werden. Die Ausbildung aller Beamten auf dem Gebiet des humanitären Rechts und der Menschenrechte und die Bestrafung derjenigen, die Gewalthandlungen gegen Frauen begangen haben, würde mit dazu beitragen sicherzustellen, daß Beamte, zu denen die Frauen eigentlich Vertrauen haben sollten, insbesondere Polizei- und Justizbeamte und Sicherheitskräfte, keine derartigen Gewalthandlungen begehen.
122. Die wirksame Unterbindung des Frauen- und Mädchenhandels für das Sexgewerbe ist ein drängendes internationales Anliegen. Die Umsetzung der Konvention von 1949 zur Unterbindung des Menschenhandels und der Ausnutzung der Prostitution anderer 20 sowie sonstiger einschlägiger Rechtsakte muß geprüft und verstärkt werden. Die Ausnutzung der Frau in internationalen Prostitutions- und Menschenhandelsringen ist zu einer Hauptaktivität des internationalen organisierten Verbrechens geworden. Die Sonderberichterstatterin der Menschenrechtskommission für Gewalt gegen Frauen, die diese Aktivitäten als eine weitere Ursache von Verletzungen der Menschenrechte und Grundfreiheiten von Frauen und Mädchen untersucht hat, wird gebeten, sich im Rahmen ihres Auftrags dringend mit dem Problem des internationalen Menschenhandels für das Sexgewerbe sowie mit den Problemen der Zwangsprostitution, der Vergewaltigung, des sexuellen Mißbrauchs und des Sextourismus zu befassen. Frauen und Mädchen, die Opfer dieses internationalen Handels werden, sind einem erhöhten Risiko weiterer Gewalt sowie ungewollter Schwangerschaften und sexuell übertragenen Infektionen, so auch HIV/Aids-Infektionen, ausgesetzt.
123. Bei der Auseinandersetzung mit der Gewalt gegen Frauen sollten die Regierungen und andere Akteure eine aktive und sichtbare Politik der konsequenten Einbeziehung einer geschlechtsbezogenen Perspektive in alle Politiken und Programme fördern, damit die Auswirkungen von Entscheidungen auf Frauen beziehungsweise Männer analysiert werden, bevor entsprechende Entscheidungen getroffen werden.
Strategisches Ziel D.1.
Ergreifung integrierter Maßnahmen zur Verhütung und Beseitigung von Gewalt gegen Frauen
Zu ergreifende Maßnahmen
124. Seitens der Regierungen:
a) Verurteilung der Gewalt gegen Frauen und Verzicht darauf, Brauch, Tradition oder religiöse Beweggründe geltend zu machen, um sich ihrer Verpflichtungen im Hinblick auf die Beseitigung von Gewalt gegen Frauen aufgrund der Erklärung über die Beseitigung der Gewalt gegen Frauen zu entziehen;
b) Unterlassung von Gewalt gegen Frauen und Entfaltung gebührender Sorgfalt mit dem Ziel, Gewalthandlungen gegen Frauen zu verhüten, zu untersuchen und im Einklang mit den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften zu bestrafen, gleichviel, ob diese Gewalttaten vom Staat oder von Privatpersonen verübt wurden;
c) Erlaß beziehungsweise Stärkung straf-, zivil-, arbeits- und verwaltungsrechtlicher Sanktionen im Rahmen der einzelstaatlichen Gesetzgebung zur Bestrafung und Wiedergutmachung der Vergehen an Frauen und Mädchen, die irgendeiner Form von Gewalt ausgesetzt sind, gleichviel ob zu Hause, am Arbeitsplatz, im Gemeinwesen oder in der Gesellschaft;
d) Verabschiedung und/oder Umsetzung und regelmäßige Überprüfung und Analyse von Rechtsvorschriften, mit dem Ziel, ihre Wirksamkeit im Hinblick auf die Beseitigung von Gewalt gegen Frauen sicherzustellen, unter besonderer Berücksichtigung der Gewaltverhütung und der Täterverfolgung; Ergreifung von Maßnahmen zur Gewährleistung des Schutzes weiblicher Gewaltopfer, Zugang zu gerechten und wirksamen Rechtsmitteln, einschließlich Entschädigung und Schadenersatz und Heilung der Opfer sowie Rehabilitation der Täter;
e) aktive Bemühungen zur Ratifizierung und/oder Anwendung der internationalen Normen und Rechtsakte auf dem Gebiet der Menschenrechte, soweit sie sich auf Gewalt gegen Frauen beziehen, namentlich die in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte 21 , dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte 13 , dem Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte 13 und der Konvention gegen Folter und andere grausame, unmenschliche und erniedrigende Behandlung oder Strafe 22 enthaltenen Normen;
f) Umsetzung der Konvention über die Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau, unter Berücksichtigung der vom Ausschuß für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau auf seiner elften Tagung verabschiedeten allgemeinen Empfehlung Nr. 19 23 ;
g) Förderung einer aktiven und sichtbaren Politik der konsequenten Einbeziehung einer geschlechtsbezogenen Perspektive in alle Politiken und Programme betreffend Gewalt gegen Frauen; aktive Ermutigung, Unterstützung und Durchführung von Maßnahmen und Programmen, durch die sichergestellt werden soll, daß diejenigen, die für die Umsetzung dieser Politiken verantwortlich sind, beispielsweise mit dem Gesetzesvollzug betraute Beamte, Polizeipersonal sowie im Justizbereich, im Gesundheitswesen und im Sozialbereich tätiges Personal sowie alle, die mit Minderheits-, Migrations- und Flüchtlingsfragen befaßt sind, mehr über die Ursachen, Folgen und Mechanismen der Gewalt gegen Frauen wissen und diese besser verstehen, sowie Ausarbeitung von Strategien, die sicherstellen sollen, daß weibliche Gewaltopfer nicht aufgrund von Rechtsvorschriften oder einer Gerichts- und Vollzugspraxis, die die Belange der Frauen nicht hinlänglich berücksichtigen, erneut zu Opfern werden;
h) Schaffung von Zugang für Frauen, die Opfer von Gewalt geworden sind, zum Justizapparat und, im Einklang mit den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften, zu gerechten und wirksamen Rechtsmitteln zur Wiedergutmachung des erlittenen Schadens sowie Unterrichtung der Frauen über ihre Rechte, wenn sie sich über solche Einrichtungen um Schadenersatz bemühen;
i) Erlaß und Durchsetzung von Rechtsvorschriften gegen die Urheber gewalttätiger Praktiken und von Gewalthandlungen gegen Frauen, wie etwa die Verstümmelung der weiblichen Geschlechtsorgane, die Tötung weiblicher Neugeborener, die vorgeburtliche Geschlechtsselektion und Gewalt im Zusammenhang mit der Mitgift, sowie tatkräftige Unterstützung der Bemühungen von nichtstaatlichen und Gemeinwesenorganisationen um die Beseitigung dieser Praktiken;
j) Erarbeitung und Umsetzung von Aktionsplänen zur Beseitigung der Gewalt gegen Frauen auf allen geeigneten Ebenen;
k) Ergreifung aller Maßnahmen, insbesondere im Bildungsbereich, die geeignet sind, die sozialen und kulturellen Verhaltensmuster von Männern und Frauen zu ändern und Vorurteile, überlieferte Praktiken und alle sonstigen Praktiken zu beseitigen, die von der Vorstellung, eines der Geschlechter sei dem anderen unterlegen oder überlegen, und von einem stereotypen Rollenbild des Mannes und der Frau ausgehen;
l) Schaffung beziehungsweise Stärkung institutioneller Mechanismen, die es Frauen und Mädchen gestatten, gegen sie verübte Gewalthandlungen in einem sicheren, die Vertraulichkeit wahrenden Umfeld ohne Angst vor Strafen oder Vergeltungsmaßnahmen zu melden und Anzeige zu erstatten;
m) Gewährleistung dessen, daß behinderte Frauen Zugang zu Informationen und Dienstleistungen haben, was Gewalt gegen Frauen angeht;
n) je nach Bedarf Schaffung, Verbesserung oder Ausbau und Finanzierung von Ausbildungsprogrammen für Gerichts-, Rechtspflege-, Gesundheits-, Sozial-, Bildungs-, Polizei- und Einwanderungspersonal, um einen zu Gewalt gegen Frauen führenden Machtmißbrauch zu verhindern und dieses Personal für das Wesen von Gewalthandlungen und Gewaltdrohungen aufgrund der Geschlechtszugehörigkeit zu sensibilisieren, damit eine faire Behandlung der weiblichen Opfer gesichert ist;
o) soweit notwendig, Erlaß neuer beziehungsweise Verschärfung bestehender Rechtsvorschriften, die Polizeibeamte, Sicherheitskräfte und andere Vertreter des Staates mit Strafe bedrohen, die im Amt Gewalthandlungen an Frauen begehen; Überprüfung der bestehenden Rechtsvorschriften und Ergreifung wirksamer Maßnahmen gegen die Täter;
p) Zuweisung ausreichender Mittel im Staatshaushalt und Aufbringung kommunaler Ressourcen für Aktivitäten zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen, namentlich auch von Ressourcen für die Durchführung von Aktionsplänen auf allen geeigneten Ebenen;
q) Einbeziehung von Informationen über Gewalt gegen Frauen und über die Maßnahmen zur Verwirklichung der Erklärung über die Beseitigung der Gewalt gegen Frauen in die Berichte, die im Einklang mit den einschlägigen Menschenrechtsdokumenten der Vereinten Nationen vorgelegten werden;
r) Zusammenarbeit mit und Unterstützung der Sonderberichterstatterin der Menschenrechtskommission für die Frage der Gewalt gegen Frauen bei der Erfüllung ihres Auftrags und Bereitstellung aller erbetenen Informationen; sowie Zusammenarbeit mit anderen zuständigen Stellen, wie den von der Menschenrechtskommission eingesetzten Sonderberichterstattern für die Frage der Folter beziehungsweise für außergesetzliche, summarische oder willkürliche Hinrichtungen, was Gewalt gegen Frauen betrifft;
s) Empfehlung an die Menschenrechtskommission, das Mandat der Sonderberichterstatterin für die Frage der Gewalt gegen Frauen bei dessen Ablauf im Jahre 1997 zu verlängern und, soweit angebracht, zu aktualisieren und zu stärken.
125. Seitens der Regierungen, einschließlich der Kommunalverwaltungen, der Gemeinwesenorganisationen, nichtstaatlichen Organisationen, Bildungseinrichtungen, des öffentlichen und privaten Sektors, insbesondere der Unternehmen, und gegebenenfalls der Massenmedien:
a) Bereitstellung von ausreichend finanzierten Heimen und von Notunterstützung für Mädchen und Frauen, die Opfer von Gewalt geworden sind, sowie Bereitstellung ärztlicher, psychologischer und sonstiger Beratungsdienste und, soweit erforderlich, unentgeltlicher oder kostengünstiger Rechtsberatungsdienste sowie geeignete Unterstützung bei der Suche nach einem Unterhaltserwerb;
b) Einrichtung von in sprachlicher und kultureller Hinsicht zugänglichen Diensten für erwachsene und jugendliche Migrantinnen, namentlich auch Wanderarbeitnehmerinnen, die Opfer von geschlechtsbezogener Gewalt geworden sind;
c) Anerkennung dessen, daß Migrantinnen, namentlich auch Wanderarbeitnehmerinnen, deren rechtlicher Status im Gastland von Arbeitgebern abhängt, die ihre Situation unter Umständen ausbeuten, für Gewalt und andere Formen des Mißbrauchs anfällig sind;
d) Unterstützung der Initiativen von Frauenorganisationen und nichtstaatlichen Organisationen in der ganzen Welt, die Öffentlichkeit für das Problem der Gewalt gegen Frauen zu sensibilisieren und zu dessen Beseitigung beizutragen;
e) Organisation, Unterstützung und Finanzierung von gemeinwesengestützten Bildungs- und Ausbildungskampagnen mit dem Ziel, der Öffentlichkeit verstärkt bewußt zu machen, daß Gewalt gegen Frauen eine Verletzung ihrer Menschenrechte darstellt, und Veranlassung der örtlichen Gemeinwesen, geeignete, geschlechtsbezogene Aspekte berücksichtigende traditionelle und innovative Methoden der Konfliktbeilegung anzuwenden;
f) Anerkennung, Unterstützung und Förderung der entscheidenden Rolle, die zwischengeschalteten Institutionen wie Zentren für die primäre Gesundheitsversorgung, Familienplanungszentren, bestehenden Schulgesundheitsdiensten, Mütterberatungsdiensten, Zentren für Migrantenfamilien usw. zukommt, was Information und Aufklärung über Mißhandlung angeht;
g) Organisation und Finanzierung von Informationskampagnen sowie von Bildungs- und Ausbildungsprogrammen zur Sensibilisierung von Mädchen und Jungen sowie Frauen und Männern für die schädlichen persönlichen und gesellschaftlichen Auswirkungen der Gewalt in der Familie, im Gemeinwesen und in der Gesellschaft; Vermittlung von gewaltfreien Kommunikationsmethoden sowie Förderung einer Ausbildung, die es Opfern und potentiellen Opfern erlaubt, sich selbst und andere vor solcher Gewalt zu schützen;
h) Verbreitung von Informationen über das Unterstützungsangebot für Frauen und Familien, die Opfer von Gewalt geworden sind;
i) Bereitstellung, Finanzierung und Förderung von Beratungs- und Rehabilitationsprogrammen für die Urheber der Gewalt sowie Förderung von Forschungsarbeiten zur Begünstigung solcher Beratungs- und Rehabilitationsbemühungen, mit dem Ziel, neuerliche Gewalthandlungen zu verhindern;
j) Bewußtseinsbildung in bezug auf die Verantwortung der Medien für die Förderung nichtstereotyper Rollenbilder von Frauen und Männern sowie für die Beseitigung von Formen der Mediendarstellung, die Gewalt hervorrufen, und Ermutigung der für die Medieninhalte Verantwortlichen, berufsethische Richtlinien und Verhaltenskodizes aufzustellen; darüber hinaus Bewußtseinsbildung hinsichtlich der wichtigen Rolle der Medien bei der Information und Aufklärung der Öffentlichkeit über die Ursachen und Auswirkungen der Gewalt gegen Frauen und beim Anstoß zu einer öffentlichen Debatte über dieses Thema.
126. Seitens der Regierungen, Arbeitgeber, Gewerkschaften, Gemeinwesen- und Jugendorganisationen sowie gegebenenfalls der nichtstaatlichen Organisationen:
a) Ausarbeitung von Programmen und Verfahren zur Beseitigung der sexuellen Belästigung und anderer Formen der Gewalt gegen Frauen an allen Bildungseinrichtungen, am Arbeitsplatz und andernorts;
b) Ausarbeitung von Programmen und Verfahren zur Aufklärung und Bewußtseinsbildung in bezug auf Gewalthandlungen gegen Frauen, die ein Verbrechen und eine Verletzung der Menschenrechte der Frau darstellen;
c) Ausarbeitung von Beratungs-, Heil- und Unterstützungsprogrammen für Mädchen, heranwachsende Mädchen und junge Frauen in Beziehungen, in denen sie mißhandelt wurden oder werden, insbesondere soweit sie in Haushalten oder Anstalten leben, in denen sie mißhandelt werden;
d) Ergreifung gezielter Maßnahmen zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen, insbesondere Frauen in Situationen, in denen sie besonders gefährdet sind, wie etwa junge Frauen, weibliche Flüchtlinge, vertriebene oder binnenvertriebene Frauen, behinderte Frauen und Wanderarbeitnehmerinnen, so auch durch die Durchsetzung bestehender Rechtsvorschriften und gegebenenfalls die Erarbeitung neuer Rechtsvorschriften für Wanderarbeitnehmerinnen in den Herkunfts- und den Gastländern.
127. Seitens des Generalsekretärs der Vereinten Nationen:
Gewährung jeder erforderlichen Unterstützung an die Sonderberichterstatterin der Menschenrechtskommission für die Frage der Gewalt gegen Frauen, insbesondere Bereitstellung derjenigen Mitarbeiter und Ressourcen, die sie zur Erfüllung aller ihr übertragenen Aufgaben benötigt, vor allem auch soweit es um die Durchführung und Weiterverfolgung von gesondert oder gemeinsam mit anderen Sonderberichterstattern und Arbeitsgruppen organisierten Missionen geht, Gewährung ausreichender Unterstützung für regelmäßige Konsultationen mit dem Ausschuß für die Beseitigung der Diskriminierung der Frau und allen Vertragsorganen.
128. Seitens der Regierungen, internationalen Organisationen und nichtstaatlichen Organisationen:
Förderung der Verbreitung und Anwendung der vom Amt des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge erlassenen Richtlinien für den Schutz von Flüchtlingsfrauen und Richtlinien für die Verhütung sexueller Gewalt gegen Flüchtlinge und den Umgang mit diesem Problem.
Strategisches Ziel D.2.
Untersuchung der Ursachen und Folgen von Gewalt gegen Frauen und der Wirksamkeit von Präventivmaßnahmen
Zu ergreifende Maßnahmen
129. Je nach Bedarf seitens der Regierungen, der Regionalorganisationen, der Vereinten Nationen, anderer internationaler Organisationen, der Forschungseinrichtungen, der Frauen- und Jugendorganisationen sowie der nichtstaatlichen Organisationen:
a) Förderung von Forschungsarbeiten, Datenerfassung und Erstellung von Statistiken, insbesondere über Gewalt in der Familie und die Häufigkeit verschiedener Formen der Gewalt gegen Frauen, sowie Unterstützung von Forschungsarbeiten über die Ursachen, das Wesen, die Schwere und die Folgen der Gewalt gegen Frauen und die Wirksamkeit von Präventiv- und Abhilfemaßnahmen;
b) weite Verbreitung der Forschungs- und Untersuchungsergebnisse;
c) Unterstützung und Einleitung von Forschungsarbeiten über die Auswirkungen von Gewalt, beispielsweise der Vergewaltigung, auf Frauen und Mädchen, und Weitergabe der Erkenntnisse und Statistiken aus diesen Untersuchungen an die Öffentlichkeit;
d) Einwirkung auf die Medien, zu untersuchen, wie sich stereotype, namentlich auch die in der Werbung perpetuierten Rollenbilder der Geschlechter, die geschlechtsbedingte Gewalt und Ungleichheiten fördern, auswirken und wie sie während des ganzen Lebens weitergegeben werden, sowie Ergreifung von Maßnahmen zur Beseitigung dieser negativen Rollenbilder mit dem Ziel, eine gewaltfreie Gesellschaft zu fördern.
Strategisches Ziel D.3.
Beseitigung des Frauenhandels und Unterstützung von Frauen, die aufgrund von Prostitution und Menschenhandel Opfer von Gewalt geworden sind
Zu ergreifende Maßnahmen
130. Je nach Bedarf seitens der Regierungen der Herkunfts-, Transit- und Zielländer und gegebenenfalls seitens regionaler und internationaler Organisationen:
a) Erwägung der Ratifizierung und Durchsetzung der internationalen Konventionen über Menschenhandel und Sklaverei;
b) Ergreifung geeigneter Maßnahmen zur Ermittlung der eigentlichen Ursachen, insbesondere auch externer Faktoren, die den Frauen- und Mädchenhandel zwecks Prostitution und anderer Formen des Sexgewerbes, Zwangsheirat und Zwangsarbeit begünstigen, mit dem Ziel, den Frauenhandel zu beseitigen, insbesondere durch die Verschärfung bestehender Rechtsvorschriften, damit die Rechte von Frauen und Mädchen besser geschützt und die Täter straf- und zivilrechtlich bestraft werden;
c) Verstärkung der Zusammenarbeit und des konzertierten Vorgehens aller für den Rechtsvollzug zuständigen Behörden und Einrichtungen mit dem Ziel, die nationalen, regionalen und internationalen Menschenhändlerringe zu zerschlagen;
d) Bereitstellung von Ressourcen für die Schaffung umfassender Programme zur Heilung von Opfern des Menschenhandels und zu deren Wiedereingliederung in die Gesellschaft, so auch durch Berufsausbildung, Rechtsberatung und vertrauliche gesundheitliche Betreuung sowie Ergreifung von Maßnahmen zur Zusammenarbeit mit den nichtstaatlichen Organisationen im Hinblick auf die soziale, ärztliche und psychologische Betreuung der Opfer des Menschenhandels;
e) Erarbeitung von Bildungs- und Ausbildungsprogrammen und -politiken und Erwägung von Rechtsvorschriften zur Unterbindung des Sextourismus und des Sexhandels, unter besonderer Betonung des Schutzes von jungen Frauen und Mädchen.
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