Bericht der Vierten Weltfrauenkonferenz
Kapitel IV: STRATEGISCHE ZIELE UND MASSNAHMEN



C. Frauen und Gesundheit *

89. Die Frau hat das Recht, das für sie erreichbare Höchstmaß an körperlicher und geistiger Gesundheit zu genießen. Der Genuß dieses Rechts ist für ihr Leben und Wohlbefinden sowie für ihre Fähigkeit, an allen Bereichen des öffentlichen und privaten Lebens teilzuhaben, von entscheidender Bedeutung. Gesundheit ist der Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht nur des Freiseins von Krankheit und Gebrechen. Die Gesundheit der Frau umfaßt ihr emotionales, soziales und körperliches Wohlbefinden und wird durch ihr soziales, politisches und wirtschaftliches Lebensumfeld sowie von biologischen Faktoren bestimmt. Den meisten Frauen bleibt der Genuß von Gesundheit und Wohlbefinden indessen vorenthalten. Das größte Hindernis bei der Erlangung des besten erreichbaren Gesundheitszustands durch die Frau ist die mangelnde Gleichstellung zwischen Männern und Frauen wie auch zwischen Frauen der verschiedenen geographischen Regionen, sozialen Klassen und autochthonen und ethnischen Gruppen. In nationalen und internationalen Foren haben die Frauen mit Nachdruck darauf hingewiesen, daß Gleichberechtigung, einschließlich der gemeinsamen Wahrnehmung der Familienaufgaben, Entwicklung und Frieden notwendige Voraussetzungen für die Erreichung des bestmöglichen Gesundheitszustands während des gesamten Lebens sind.

90. Frauen haben unterschiedlichen und nicht gleichberechtigten Zugang zu grundlegenden Gesundheitsgütern, einschließlich einer primären Gesundheitsversorgung zur Verhütung und Behandlung von Kinderkrankheiten, Mangelernährung, Anämie, Diarrhö, ansteckenden Krankheiten, Malaria und anderen Tropenkrankheiten, Tuberkulose u.a. Darüber hinaus stehen den Frauen unterschiedliche und ungleiche Möglichkeiten zum Schutz, zur Förderung und zur Erhaltung ihrer Gesundheit zur Verfügung. In zahlreichen Entwicklungsländern gibt außerdem das Fehlen von Geburtshilfenotdiensten Anlaß zu besonderer Sorge. Gesundheitspolitiken und -programme perpetuieren oft geschlechtsspezifische Rollenbilder, nehmen keine Rücksicht auf sozioökonomische und andere Unterschiede zwischen den Frauen und tragen manchmal nur ungenügend dem Umstand Rechnung, daß Frauen nicht immer autonom über ihre Gesundheit entscheiden können. Die Gesundheit der Frau wird außerdem durch die im Gesundheitswesen gegebene Benachteiligung aufgrund des Geschlechts sowie dadurch beeinträchtigt, daß Frauen unzureichende und ungeeignete Gesundheitsdienste erhalten.

91. In zahlreichen Ländern, insbesondere in den Entwicklungsländern und vor allem in den am wenigsten entwickelten Ländern, sind rückläufige Gesundheitsausgaben und in einigen Fällen Strukturanpassungsmaßnahmen mit für die Verschlechterung des öffentlichen Gesundheitswesens verantwortlich. Darüber hinaus stehen infolge der Privatisierung von Gesundheitssicherungssystemen ohne ausreichende Gewähr des allgemeinen Zugangs zu einer erschwinglichen Gesundheitsversorgung noch weniger Gesundheitsdienste zur Verfügung. Diese Situation hat nicht nur unmittelbare Auswirkungen auf die Gesundheit von Mädchen und Frauen, sondern erlegt den Frauen, deren vielfältige Rollen, namentlich in der Familie und im Gemeinwesen, häufig nicht anerkannt werden, unverhältnismäßig hohe Verantwortlichkeiten auf; sie erhalten folglich nicht die erforderliche soziale, psychologische und wirtschaftliche Unterstützung.

92. Das Recht der Frau auf den Genuß des Höchstmaßes an Gesundheit muß während ihres gesamten Lebens in gleicher Weise gewährleistet sein wie beim Mann. Frauen leiden an vielen der gleichen Erkrankungen wie Männer, doch werden sie von Frauen anders empfunden. Die weite Verbreitung von Armut und wirtschaftlicher Abhängigkeit unter den Frauen, die Erfahrung von Gewalt, die negativen Einstellungen gegenüber Frauen und Mädchen, Rassendiskriminierung und andere Formen von Diskriminierung, die begrenzte Bestimmungsgewalt zahlreicher Frauen über ihr Sexualleben und ihr generatives Verhalten und ihr mangelnder Einfluß auf Entscheidungsprozesse sind soziale Realitäten, die sich nachteilig auf die Gesundheit der Frauen auswirken. Nahrungsmittelknappheit und die ungerechte Zuteilung von Nahrungsmitteln an Mädchen und Frauen in der Familie, unzureichender Zugang zu sauberem Wasser, sanitären Einrichtungen und Brennstoffvorräten, insbesondere in ländlichen und armen städtischen Gebieten, sowie unzulängliche Wohnbedingungen setzen Frauen und ihre Familien einer überhöhten Belastung aus und beeinträchtigen ihre Gesundheit. Gute Gesundheit ist eine wesentliche Voraussetzung für ein produktives und erfülltes Leben, und das Recht aller Frauen auf Kontrolle über alle Aspekte ihrer Gesundheit, insbesondere ihre eigene Fruchtbarkeit, ist für ihre Machtgleichstellung von grundlegender Bedeutung.

93. Die Diskriminierung von Mädchen beim Zugang zu Nahrungsmitteln und Gesundheitsdiensten - oft eine Folge der Bevorzugung männlicher Nachkomen - gefährdet ihre Gesundheit und ihr Wohl jetzt und in Zukunft. Lebensbedingungen, welche die Mädchen zu früher Eheschließung, Schwangerschaft und Mutterschaft zwingen und sie schädlichen Praktiken wie der Verstümmelung der weiblichen Geschlechtsteile unterwerfen, stellen schwerwiegende Gesundheitsrisiken dar. Heranwachsende Mädchen brauchen Zugang zu den notwendigen Gesundheits- und Ernährungsdiensten, der ihnen indessen oft vorenthalten bleibt. Beratung und Zugang zu Aufklärung und Diensten für Jugendliche in Fragen der sexuellen und reproduktiven Gesundheit sind nach wie vor nur in unzulänglichem Maße oder gar nicht vorhanden, und dem Recht einer jungen Frau auf Achtung ihrer Privatsphäre, Wahrung der Vertraulichkeit, Respekt und Zustimmung in Kenntnis der Sachlage wird oft nicht Rechnung getragen. Junge Mädchen sind sowohl biologisch als auch psychosozial für sexuellen Mißbrauch, Gewalt und Prostitution sowie für die Folgen ungeschützter und verfrühter sexueller Beziehungen anfälliger als Jungen. Die Tendenz, frühzeitig sexuelle Beziehungen aufzunehmen, verbunden mit einem Mangel an Aufklärung und Diensten, erhöht das Risiko einer ungewollten und zu frühen Schwangerschaft, einer HIV-Infektion und anderer sexuell übertragbarer Krankheiten sowie gefährlicher Schwangerschaftsabbrüche. Frühe Mutterschaft ist in allen Teilen der Welt nach wie vor ein Hindernis für Verbesserungen des Bildungsstandes der Frau und ihrer wirtschaftlichen und sozialen Stellung. Generell können frühe Eheschließung und Mutterschaft die Bildungs- und Berufsmöglichkeiten junger Frauen bedenklich einschränken und sind dazu angetan, sich auf lange Sicht nachteilig auf ihre Lebensqualität und die ihrer Kinder auszuwirken. Junge Männer werden häufig nicht dazu erzogen, die Selbstbestimmung der Frau zu achten und gemeinsam mit der Frau die Verantwortung für Sexualität und Fortpflanzung zu übernehmen.

94. Reproduktive Gesundheit ist der Zustand vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht nur des Freiseins von Krankheit und Gebrechen bei allen Aspekten, die mit den Fortpflanzungsorganen und ihren Funktionen und Prozessen verbunden sind. Reproduktive Gesundheit bedeutet deshalb, daß Menschen ein befriedigendes und ungefährliches Sexualleben haben können und daß sie die Fähigkeit zur Fortpflanzung und die freie Entscheidung darüber haben, ob, wann und wie oft sie davon Gebrauch machen. In diese letzte Bedingung eingeschlossen sind das Recht von Männern und Frauen, informiert zu werden und Zugang zu sicheren, wirksamen, erschwinglichen und akzeptablen Familienplanungsmethoden ihrer Wahl sowie zu anderen Methoden ihrer Wahl zur Regulierung der Fruchtbarkeit zu haben, die nicht gegen die rechtlichen Bestimmungen verstoßen, und das Recht auf Zugang zu angemessenen Gesundheitsdiensten, die es Frauen ermöglichen, eine Schwangerschaft und Entbindung sicher zu überstehen, und die für Paare die bestmöglichen Voraussetzungen schaffen, daß sie ein gesundes Kind bekommen. Entsprechend dieser Definition des Begriffs "reproduktive Gesundheit" ist die Pflege der reproduktiven Gesundheit als das Zusammenwirken von Methoden, Verfahren und Dienstleistungen definiert, die zur reproduktiven Gesundheit und zum Wohlbefinden durch Verhütung und Behebung von Beeinträchtigungen der reproduktiven Gesundheit beitragen. Sie umfaßt auch die sexuelle Gesundheit, deren Zweck die Bereicherung des Lebens und der persönlichen Beziehungen ist, und nicht lediglich die Beratung und Betreuung in bezug auf Fortpflanzung und sexuell übertragbare Krankheiten.

95. Eingedenk dieser Definition umfassen reproduktive Rechte bestimmte Menschenrechte, die bereits in nationalen Rechtsvorschriften, völkerrechtlichen Menschenrechtsdokumenten und anderen Konsensdokumenten anerkannt sind. Diese Rechte stützen sich auf die Anerkennung des Grundrechts aller Paare und Individuen, frei und eigenverantwortlich über die Anzahl, den Geburtenabstand und den Zeitpunkt der Geburt ihrer Kinder zu entscheiden und über die diesbezüglichen Informationen und Mittel zu verfügen, sowie des Rechts, ein Höchstmaß an sexueller und reproduktiver Gesundheit zu erreichen. Dies umfaßt auch das Recht von Paaren und Einzelpersonen, frei von Diskriminierung, Zwang und Gewalt Entscheidungen in bezug auf die Fortpflanzung zu treffen, wie es in den Menschenrechtsdokumenten niedergelegt ist. Bei der Ausübung dieses Rechts sollten die Menschen die Bedürfnisse ihrer bereits lebenden und ihrer zukünftigen Kinder sowie ihre Verpflichtungen gegenüber der Gemeinschaft berücksichtigen. Die Förderung der verantwortungsbewußten Ausübung dieser Rechte für alle Menschen sollte die wesentliche Grundlage der vom Staat und von der Gemeinschaft unterstützten grundsatzpolitischen Konzeptionen und Programme auf dem Gebiet der reproduktiven Gesundheit, einschließlich der Familienplanung, sein. Im Rahmen dieser Verpflichtung sollte der Förderung von auf gegenseitiger Achtung beruhenden und gleichberechtigten Beziehungen zwischen den Geschlechtern und insbesondere der Deckung des Bedarfs von Jugendlichen an Aufklärung und Diensten volle Aufmerksamkeit geschenkt werden, damit sie positiv und verantwortungsbewußt mit ihrer Sexualität umgehen können. Viele Menschen in der Welt müssen aus Gründen wie den folgenden auf reproduktive Gesundheit verzichten: unzureichendes Wissen über die menschliche Sexualität und nicht sachgerechte beziehungsweise mangelhafte Informationen über reproduktive Gesundheit und diesbezügliche Dienste; Vorherrschen von risikoreichem Sexualverhalten; diskriminierende soziale Praktiken; negative Einstellungen gegenüber Frauen und Mädchen und begrenzte Bestimmungsgewalt zahlreicher Frauen und Mädchen über ihr Sexualleben und ihr generatives Verhalten. Jugendliche sind wegen ihres Mangels an Informationen und des fehlenden Zugangs zu einschlägigen Diensten in den meisten Ländern besonders gefährdet. Ältere Frauen und Männer haben ihre besonderen eigenen Belange hinsichtlich der reproduktiven und sexuellen Gesundheit, auf die oft unzureichend eingegangen wird.

96. Die Menschenrechte der Frau umfassen auch ihr Recht, frei von Zwang, Diskriminierung und Gewalt über Angelegenheiten im Zusammenhang mit ihrer Sexualität, einschließlich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit, bestimmen und frei und eigenverantwortlich entscheiden zu können. Ein gleichberechtigtes Verhältnis zwischen Frauen und Männern in bezug auf die sexuellen Beziehungen und die Fortpflanzung, was die uneingeschränkte Achtung der Unversehrtheit des Menschen einschließt, erfordert gegenseitige Achtung, Einverständnis und gemeinsame Verantwortung für das Sexualverhalten und dessen Folgen.

97. Darüber hinaus sind Frauen besonderen gesundheitlichen Gefährdungen ausgesetzt, da auf ihre gesundheitlichen Bedürfnisse, was Sexualität und Fortpflanzung betrifft, nicht angemessen eingegangen wird beziehungsweise es an entsprechenden Diensten mangelt. Komplikationen im Zusammenhang mit Schwangerschaft und Entbindung sind in vielen Entwicklungsländern eine der Hauptursachen der Morbidität und Mortalität von Frauen im gebärfähigen Alter. Ähnliche Probleme bestehen zu einem gewissen Grad auch in einigen Umbruchländern. Gefährliche Schwangerschaftsabbrüche gefährden das Leben zahlreicher Frauen und stellen ein ernstes Problem der öffentlichen Gesundheit dar, da es in erster Linie die ärmsten und jüngsten Frauen sind, die das größte Risiko eingehen. Die meisten der so verursachten Todesfälle, gesundheitlichen Probleme und Verletzungen könnten durch besseren Zugang zu angemessenen Gesundheitsdiensten verhindert werden, einschließlich sicherer und wirksamer Familienplanungsmethoden und Geburtshilfenotdienste, in Anerkennung des Rechts von Frauen und Männern auf Aufklärung und Zugang zu sicheren, wirksamen, erschwinglichen und akzeptablen Familienplanungsmethoden ihrer Wahl sowie zu anderen Methoden ihrer Wahl zur Regulierung der Fruchtbarkeit, die nicht gegen die rechtlichen Bestimmungen verstoßen, und des Rechts auf Zugang zu angemessenen Gesundheitsdiensten, die es Frauen ermöglichen, eine Schwangerschaft und Entbindung sicher zu überstehen, und die für Paare die bestmöglichen Voraussetzungen schaffen, daß sie ein gesundes Kind bekommen. Die Auseinandersetzung mit diesen Problemen und Mitteln sollte auf der Grundlage des Berichts der Internationalen Konferenz über Bevölkerung und Entwicklung erfolgen, unter besonderer Berücksichtigung der einschlägigen Absätze des Aktionsprogramms der Konferenz 14 . In den meisten Ländern führt die Nichtbeachtung der Rechte der Frau in bezug auf die Fortpflanzung zu einer schwerwiegenden Einschränkung ihrer Chancen im öffentlichen und im privaten Leben, so auch ihrer Chancen in bezug auf Bildung und ihre ökonomische und politische Gleichstellung. Die Fähigkeit der Frau, selbst über ihre eigene Fruchtbarkeit zu bestimmen, bildet eine wichtige Grundlage für die Wahrnehmung anderer Rechte. Die gemeinsame Verantwortung von Frau und Mann für Fragen des Sexual- und Fortpflanzungsverhaltens ist ebenfalls eine wichtige Voraussetzung für die Verbesserung der Gesundheit der Frau.

98. HIV/Aids und andere sexuell übertragbare Krankheiten, deren Übertragung mitunter eine Folge sexueller Gewalthandlungen ist, haben eine verheerende Wirkung auf die Gesundheit der Frau, insbesondere die Gesundheit von jungen Mädchen und Frauen. Diese haben oft nicht die Macht, auf sicheren und verantwortungsbewußten sexuellen Praktiken zu bestehen, und besitzen kaum Zugang zu Informationen und Diensten zur Verhütung und Behandlung solcher Krankheiten. Bei ihren Anstrengungen, die Ausbreitung von sexuell übertragbaren Krankheiten einzudämmen, haben die Frauen, die die Hälfte aller mit HIV/Aids und anderen sexuell übertragbaren Krankheiten neu infizierten Erwachsenen ausmachen, mit Nachdruck darauf hingewiesen, daß die schwache soziale Stellung der Frau und die ungleichen Machtverhältnisse zwischen Frauen und Männern Hindernisse für einen ungefährlichen Geschlechtsverkehr darstellen. Die Folgen einer HIV/Aidserkrankung gehen über die Gesundheit der Frauen selbst hinaus und berühren ihre Rolle als Mütter und Betreuerinnen und ihren Beitrag zum wirtschaftlichen Unterhalt ihrer Familien. Die sozialen, entwicklungs- und gesundheitsbezogenen Folgen von HIV/Aids und anderen sexuell übertragbaren Krankheiten müssen aus einer geschlechtsbezogenen Perspektive heraus gesehen werden.

99. Sexuelle und geschlechtsbedingte Gewalt, einschließlich physischen und psychischen Mißbrauchs, des Frauen- und Mädchenhandels und anderer Formen von Mißbrauch und sexueller Ausbeutung, setzen Mädchen und Frauen einem hohen Risiko aus, was physisches und psychisches Trauma, Krankheit und ungewollte Schwangerschaft angeht. Durch solche Situationen werden Frauen oft davon abgehalten, Gesundheits- und andere Dienste in Anspruch zu nehmen.

100. Geistige Störungen im Zusammenhang mit Marginalisierung, Machtlosigkeit und Armut sowie Überarbeitung und Streß, die Zunahme von Gewalt in der Familie und Drogenmißbrauch gehören ebenfalls zu den Gesundheitsrisiken, die für die Frau wachsenden Anlaß zu Sorge bedeuten. In der ganzen Welt ist der Tabakkonsum unter Frauen, insbesondere jungen Frauen, im Zunehmen begriffen, was schwerwiegende Auswirkungen auf die Gesundheit der Frauen und ihrer Kinder hat. Berufsbedingte Gesundheitsprobleme gewinnen ebenfalls an Bedeutung, da eine große und noch weiter wachsende Zahl von Frauen auf dem formellen wie auch dem informellen Arbeitsmarkt auf schlecht bezahlten Arbeitsplätzen unter monotonen und ungesunden Bedingungen arbeitet. Immer mehr Frauen leiden an Brust- und Gebärmutterhalskrebs und anderen Krebserkrankungen der Fortpflanzungsorgane sowie an Unfruchtbarkeit; bei entsprechender Früherkennung könnten diese Krankheiten verhütet oder geheilt werden.

101. Angesichts der gestiegenen Lebenserwartung und der immer größeren Zahl älterer Frauen gilt es, ihren gesundheitlichen Belangen besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden. Die langfristigen gesundheitlichen Aussichten der Frau werden durch Veränderungen beeinflußt, die in der Menopause eintreten und die im Verbund mit zeitlebens bereits andauernden Gegebenheiten und sonstigen Faktoren wie schlechter Ernährung und Bewegungsmangel das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Osteoporose erhöhen können. Auch anderen altersbedingten Krankheiten und dem Komplex Altern und Behinderung bei Frauen muß besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden.

102. Insbesondere in ländlichen und in armen städtischen Gebieten sind Frauen wie Männer in zunehmendem Maße umweltbedingten Gesundheitsrisiken aufgrund von Umweltkatastrophen und Umweltzerstörung ausgesetzt. Frauen beweisen eine andere Sensibilität für verschiedene Umweltgefahren, Schadstoffe und andere Substanzen als Männer, und die Folgen einer solchen Belastung sind bei Frauen andere als bei Männern.

103. Je nach den örtlichen Gegebenheiten ist die Qualität der Gesundheitsversorgung von Frauen in vieler Hinsicht oft unzulänglich. Frauen werden häufig weder mit Respekt behandelt, noch wird ihre Privatsphäre geachtet und Vertraulichkeit gewahrt, noch werden sie immer umfassend über die verfügbaren Alternativen und Dienstleistungen informiert. Darüber hinaus ist es in einigen Ländern die Regel, auf körperliche Abläufe im Leben der Frau mit einem Übermaß an medizinischer Behandlung zu reagieren, was zu unnötigen chirurgischen Eingriffen und unsachgemäßer Medikation führen kann.

104. Statistische Gesundheitsdaten werden oft weder systematisch gesammelt noch nach Alter, Geschlecht und sozioökonomischem Status und den demographischen Kriterien aufgeschlüsselt und analysiert, die üblicherweise im Hinblick auf die Interessen und die Lösung der Probleme von Untergruppen herangezogen werden, unter besonderer Berücksichtigung der schwachen und marginalisierten Gruppen und anderer sachdienlicher Variablen. In vielen Ländern sind keine aktuellen und verläßlichen Daten zur Mortalität und Morbidität von Frauen und zu chronischen und akuten Erkrankungen verfügbar, von denen in erster Linie Frauen betroffen sind. Wenig ist auch darüber bekannt, wie sich soziale und wirtschaftliche Faktoren auf die Gesundheit von Mädchen und Frauen aller Altersstufen auswirken, über das Angebot an Gesundheitsdiensten für und die Inanspruchnahme dieser Dienste durch Mädchen und Frauen sowie über die Bedeutung von Vorbeugungs- und Gesundheitsförderungsprogrammen für Frauen. Fragen von Wichtigkeit für die Gesundheit der Frau wurden bisher nicht hinlänglich erforscht, und für Forschungsarbeiten über die Gesundheit der Frau fehlen oft die notwendigen Mittel. Medizinische Forschungsarbeiten, beispielsweise über Herzkrankheiten, und epidemiologische Studien basieren in vielen Ländern oft ausschließlich auf Untersuchungen an Männern und sind nicht geschlechtsspezifisch ausgelegt. Klinische Versuche mit Frauen zur Ermittlung grundlegender Daten über Dosierung, Nebenwirkungen und Wirksamkeit von Arzneimitteln, einschließlich Empfängnisverhütungsmitteln, sind bemerkenswert selten und entsprechen nicht immer ethischen Normen, was Forschung und Erprobung angeht. Viele Protokolle für Arzneimitteltherapien und andere medizinische Behandlungsformen und Eingriffe bei Frauen basieren auf an Männern durchgeführten Forschungen, ohne daß je Untersuchungen über geschlechtsspezifische Unterschiede angestellt und entsprechende Anpassungen vorgenommen worden wären.

105. Bei der Auseinandersetzung mit Ungleichheiten im Gesundheitszustand von Frauen und Männern und dem ungleichen Zugang von Frauen und Männern zu Gesundheitsdiensten sowie der Unzulänglichkeit dieser Dienste für Frauen und Männer sollten die Regierungen und andere Akteure eine aktive und sichtbare Politik der konsequenten Einbeziehung einer geschlechtsbezogenen Perspektive in alle Politiken und Programme fördern, damit die Auswirkungen von Entscheidungen auf Frauen beziehungsweise Männer analysiert werden, bevor entsprechende Entscheidungen getroffen werden.

Strategisches Ziel C.1.

Verbesserung des lebenslangen Zugangs der Frau zu einer angemessenen, erschwinglichen und qualitativ hochwertigen Gesundheitsversorgung, Gesundheitsinformationen und entsprechenden Dienstleistungen

Zu ergreifende Maßnahmen

106. Seitens der Regierungen, in Zusammenarbeit mit nichtstaatlichen Organisationen und Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen und mit Unterstützung internationaler Organisationen:

a) Unterstützung und Erfüllung der Verpflichtungen in bezug auf die Deckung der gesundheitlichen Bedürfnisse von Mädchen und Frauen aller Altersstufen, wie im Aktionsprogramm der Internationalen Konferenz über Bevölkerung und Entwicklung, das in dem Bericht der genannten Konferenz enthalten ist, in der Kopenhagener Erklärung über soziale Entwicklung und im Aktionsprogramm des Weltgipfels für soziale Entwicklung 15 festgelegt, sowie der Verpflichtungen, welche die Vertragsstaaten in der Konvention über die Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau und anderen einschlägigen internationalen Übereinkünften eingegangen sind;

b) Bekräftigung des Rechts auf den Genuß des erreichbaren Höchstmaßes an körperlicher und geistiger Gesundheit, Schutz und Förderung der Verwirklichung dieses Rechts für Frauen und Mädchen und Aufnahme dieses Rechts beispielsweise in die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften; Überprüfung bestehender Rechtsvorschriften, so auch der Gesundheitsgesetzgebung, und gegebenenfalls von Politiken mit dem Ziel, darin ein Bekenntnis zur Gesundheit der Frau zum Ausdruck zu bringen und sicherzustellen, daß sie den sich wandelnden Rollen und Aufgaben der Frauen gerecht werden, gleichviel, wo diese leben;

c) Ausarbeitung und Realisierung geschlechtsbezogener Gesundheitsprogramme, so auch dezentraler Gesundheitsdienste, in Zusammenarbeit mit Frauenorganisationen und lokalen Organisationen der Gemeinwesen, die auf die Bedürfnisse von Frauen während ihres gesamten Lebens eingehen und ihren vielfältigen Rollen und Aufgaben, den Anforderungen an ihre Zeit, den besonderen Bedürfnissen von Frauen in ländlichen Gebieten und behinderten Frauen und der Vielfalt der Bedürfnisse der Frauen aufgrund unter anderem altersbedingter sowie sozioökonomischer und kultureller Unterschiede Rechnung tragen; Einbeziehung von Frauen, insbesondere ortsansässigen Frauen und autochthonen Frauen, in die Festlegung der Prioritäten der Gesundheitsversorgung und in die Planung entsprechender Programme; Beseitigung aller Hindernisse für Gesundheitsdienste für Frauen und Bereitstellung eines breiten Spektrums von Gesundheitsdiensten;

d) Befähigung der Frau, während ihres ganzen Lebens gleichen Zugang zu Systemen der sozialen Sicherheit zu haben wie der Mann;

e) Bereitstellung einer leichter zugänglichen, verfügbaren und erschwinglichen sowie qualitativ hochwertigen primären Gesundheitsversorgung, unter Einschluß der sexuellen und reproduktiven Gesundheitsversorgung, was auch Informationen über Familienplanung und diesbezügliche Dienste mit einschließt, unter besonderer Berücksichtigung von Gesundheitsdiensten für Mütter und Geburtshilfenotdiensten, wie im Aktionsprogramm der Internationalen Konferenz über Bevölkerung und Entwicklung vereinbart;

f) Neugestaltung von Gesundheitsinformationen, Gesundheitsdiensten und Ausbildungsprogrammen für Beschäftigte im Gesundheitssektor dahin gehend, daß den Bedürfnissen von Frauen und Männern gleichermaßen entsprochen und dem Standpunkt der Klienten Rechnung getragen wird, was zwischenmenschliche Umgangsformen und Kommunikationsvermögen sowie das Recht der Klienten auf Achtung der Privatsphäre und Wahrung der Vertraulichkeit betrifft; diese Dienste, Informationen und Ausbildungsprogramme sollten auf einem ganzheitlichen Ansatz beruhen;

g) Sicherstellung dessen, daß alle Gesundheitsdienste und alle im Gesundheitssektor Beschäftigten die Menschenrechte und ethische, berufsethische und geschlechtsbezogene Normen beachten, wenn sie Gesundheitsdienste für die Frau erbringen, um ihr eine verantwortungsbewußte und freiwillige Zustimmung in Kenntnis der Sachlage zu ermöglichen; Anregung zur Ausarbeitung, Umsetzung und Verbreitung ethischer Kodizes, die auf den bestehenden internationalen Grundsätzen ärztlicher Ethik und den ethischen Grundsätzen für Beschäftigte im Gesundheitssektor beruhen;

h) Ergreifung aller Maßnahmen, die angezeigt sind, um schädliche, medizinisch nicht indizierte oder erzwungene medizinische Eingriffe sowie eine unsachgemäße oder überhöhte Medikation von Frauen zu verhindern; Sicherstellung dessen, daß alle Frauen von entsprechend ausgebildetem Personal über ihre Wahlmöglichkeiten sowie über voraussichtliche Vorteile und mögliche Nebenwirkungen voll informiert werden;

i) Stärkung und Neuausrichtung der Gesundheitsdienste, insbesondere der primären Gesundheitsversorgung, um sicherzustellen, daß Frauen und Mädchen allgemeinen Zugang zu qualitativ hochwertigen Gesundheitsdiensten haben; Verminderung von Krankheit und mütterlicher Morbidität sowie bis zum Jahr 2000 Erreichung des vereinbarten Ziels einer weltweiten Verminderung der Müttersterblichkeit um mindestens 50 Prozent gegenüber 1990 und bis zum Jahr 2015 um weitere 50 Prozent; Gewährleistung des Vorhandenseins der notwendigen Leistungsangebote auf allen Ebenen des Gesundheitssystems sowie dessen, daß alle Personen im entsprechenden Alter möglichst bald, spätestens jedoch bis zum Jahr 2015 im Rahmen des Systems der primären Gesundheitsversorgung Zugang zu Diensten auf dem Gebiet der reproduktiven Gesundheit haben;

j) Anerkennung der gesundheitlichen Folgen gefährlicher Schwangerschaftsabbrüche als wichtige Frage der öffentlichen Gesundheit und Ergreifung entsprechender Maßnahmen, wie in Ziffer 8.25 des Aktionsprogramms der Internationalen Konferenz über Bevölkerung und Entwicklung14 vereinbart;

k) Erwägung der Revision von Gesetzen, welche Strafmaßnahmen gegen Frauen vorsehen, die sich einem illegalen Schwangerschaftsabbruch unterzogen haben, im Lichte von Ziffer 8.25 des Aktionsprogramms der Internationalen Konferenz über Bevölkerung und Entwicklung, in der es heißt: "Auf keinen Fall sollte der Schwangerschaftsabbruch als eine Familienplanungsmethode gefördert werden. Alle Regierungen und einschlägigen zwischenstaatlichen und nichtstaatlichen Organisationen sind aufgefordert, sich der Gesundheit der Frau stärker zu verpflichten, sich mit den gesundheitlichen Auswirkungen eines gefährlichen Schwangerschaftsabbruchs 16 als einer wichtigen Frage der öffentlichen Gesundheit auseinanderzusetzen und den Rückgriff auf Schwangerschaftsabbrüche durch erweiterte und verbesserte Familienplanungsdienste zu verringern. Die Verhütung ungewollter Schwangerschaften muß immer höchsten Vorrang erhalten, und es sollte alles versucht werden, um die Notwendigkeit eines Schwangerschaftsabbruchs auszuschalten. Ungewollt schwanger gewordene Frauen sollten jederzeit Zugang zu zuverlässigen Informationen und einfühlsamer Beratung haben. Alle Maßnahmen und Änderungen im Rahmen des Gesundheitswesens zur Frage des Schwangerschaftsabbruches können nur auf nationaler oder lokaler Ebene im Einklang mit der innerstaatlichen Gesetzgebung beschlossen werden. Wo Schwangerschaftsabbrüche nicht gegen das Gesetz verstoßen, sollten sie sachgemäß vorgenommen werden. In allen Fällen sollte die Frau im Falle des Auftretens von Komplikationen bei einem Schwangerschaftsabbruch Zugang zu qualitativ hochwertigen Diensten haben. Nach einem Schwangerschaftsabbruch sollten umgehend Beratungs-, Aufklärungs- und Familienplanungsdienste angeboten werden, was ebenfalls zur Vermeidung erneuter Schwangerschaftsabbrüche beitragen wird."

l) besondere Berücksichtigung der Bedürfnisse von Mädchen, insbesondere Förderung von gesundheitsbewußtem Verhalten, einschließlich körperlicher Betätigung; Ergreifung gezielter Maßnahmen zum Ausgleich des Gefälles in der Morbidität und Mortalität von Jungen und Mädchen, wo Mädchen derzeit benachteiligt sind, bei gleichzeitiger Erreichung der international vereinbarten Ziele in bezug auf die Senkung der Säuglings- und Kindersterblichkeit, und zwar bis zum Jahr 2000 konkret die Senkung der Sterblichkeitsrate von Säuglingen und Kindern unter fünf Jahren um ein Drittel des Wertes von 1990 oder auf 50 bis 70 je 1.000 Lebendgeborene, je nachdem, welcher Wert geringer ist; und bis zum Jahr 2015 die Senkung der Säuglingssterblichkeit auf unter 35 pro 1.000 Lebendgeborene und der Sterblichkeit von Kleinkindern auf unter 45 pro 1.000;

m) Gewährleistung des ständigen Zugangs von Mädchen zu den erforderlichen Informationen und Diensten auf dem Gebiet der Gesundheit und Ernährung, während sie heranwachsen, um einen gesunden Übergang vom Kindes- zum Erwachsenenalter zu erleichtern;

n) Schaffung von Informationen, Programmen und Diensten, um den Frauen dabei behilflich zu sein, die mit dem Älterwerden zusammenhängenden Veränderungen zu verstehen und sich ihnen anzupassen, und um auf die gesundheitlichen Bedürfnisse älterer Frauen einzugehen und eine entsprechende Behandlung anzubieten, wobei physisch oder psychisch Abhängigen besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte;

o) Gewährleistung von Unterstützungsdiensten für behinderte Mädchen und Frauen aller Altersstufen;

p) Ausarbeitung besonderer Politiken, Aufstellung von Programmen und Erlaß von Rechtsvorschriften, die notwendig sind, um umwelt- und berufsbedingte Gesundheitsgefahren, die mit der Arbeit im Haus, am Arbeitsplatz und anderswo verbunden sind, zu mildern und zu beseitigen, unter besonderer Berücksichtigung schwangerer und stillender Frauen;

q) Eingliederung psychiatrischer Versorgungsdienste in die Systeme der primären Gesundheitsversorgung oder auf anderen in Betracht kommenden Ebenen, Aufstellung von Unterstützungsprogrammen und Ausbildung von Personal auf dem Gebiet der primären Gesundheitsversorgung zur Diagnose und Betreuung von Mädchen und Frauen aller Altersstufen, die Opfer irgendeiner Form von Gewalt geworden sind, insbesondere von Gewalt in der Familie, sexuellem Mißbrauch oder Mißbrauch als Folge bewaffneter und nicht bewaffneter Konflikte;

r) Aufklärung der Öffentlichkeit über die Vorteile des Stillens; Untersuchung von Mitteln und Wegen zur vollinhaltlichen Umsetzung des Internationalen Kodex der Weltgesundheitsorganisation und des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen für die Vermarktung von Muttermilchersatzprodukten und Befähigung der Mütter zum Stillen ihrer Säuglinge durch Gewährung gesetzlicher, wirtschaftlicher, praktischer und emotionaler Unterstützung;

s) Einrichtung von Mechanismen zur Unterstützung und Einbeziehung von nichtstaatlichen Organisationen, insbesondere von Frauenorganisationen, beruflichen Fachverbänden und anderen um die Verbesserung der Gesundheit von Mädchen und Frauen bemühten Stellen in die Aufstellung staatlicher Politiken, die Konzeption von Programmen, soweit angezeigt, und in deren Umsetzung im Gesundheitssektor und in damit zusammenhängenden Bereichen auf allen Ebenen;

t) Unterstützung nichtstaatlicher Organisationen, die sich mit der Gesundheit der Frau befassen, und Unterstützung des Aufbaus von Netzwerken für eine bessere Koordination und Zusammenarbeit zwischen allen gesundheitsrelevanten Sektoren;

u) Rationalisierung der Arzneimittelbeschaffung und Gewährleistung einer zuverlässigen und kontinuierlichen Versorgung mit hochwertigen Medikamenten, Empfängnisverhütungsmitteln und Versorgungsgütern und Geräten, unter Heranziehung der WHO-Musterliste der wesentlichen Arzneimittel als Richtlinie, und Gewährleistung der Sicherheit von Medikamenten und Hilfsmitteln im Rahmen der einzelstaatlichen Arzneimittelzulassungsverfahren;

v) Erleichterung des Zugangs von suchtmittelabhängigen Frauen und ihren Familien zu geeigneten Behandlungs- und Rehabilitationsdiensten;

w) Förderung und Gewährleistung der Ernährungssicherheit der Haushalte und des gesamten Landes und Durchführung von Programmen zur Verbesserung des Ernährungsstands aller Mädchen und Frauen durch Umsetzung der im Aktionsplan für Ernährung der Internationalen Ernährungskonferenz 17 eingegangenen Verpflichtungen, so auch hinsichtlich der weltweiten Verminderung der schweren und mittelschweren Mangelernährung von Kindern unter fünf Jahren bis zum Jahr 2000 um 50 Prozent gegenüber 1990 unter besonderer Berücksichtigung des geschlechtsbezogenen Ernährungsgefälles, und bis zum Jahr 2000 Reduzierung der Eisenmangelanämie bei Mädchen und Frauen um ein Drittel gegenüber 1990;

x) Gewährleistung der Verfügbarkeit von sauberem Trinkwasser und sanitären Einrichtungen und des allgemeinen Zugangs dazu und möglichst baldige Einrichtung von wirksamen öffentlichen Wasserversorgungssystemen;

y) Gewährleistung des uneingeschränkten und gleichberechtigten Zugangs autochthoner Frauen zu Infrastruktureinrichtungen und -diensten auf dem Gebiet der Gesundheitsversorgung.

Strategisches Ziel C.2.

Stärkung von Vorsorgeprogrammen zur Förderung der Gesundheit der Frau

Zu ergreifende Maßnahmen

107. Seitens der Regierungen, gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit nichtstaatlichen Organisationen, den Massenmedien, dem Privatsektor und in Betracht kommenden internationalen Organisationen, einschließlich Organen der Vereinten Nationen:

a) vorrangige Behandlung formeller und nichtformeller Bildungsprogramme, welche die Frauen dabei unterstützen und dazu befähigen, Selbstbewußtsein zu entwickeln, sich Wissen anzueignen, Entscheidungen in bezug auf ihre Gesundheit zu treffen und Verantwortung für ihre eigene Gesundheit zu übernehmen, in Fragen der Sexualität und der Fruchtbarkeit ein Verhältnis gegenseitiger Achtung herzustellen und die Männer über die Bedeutung der Gesundheit und des Wohls der Frau aufzuklären, unter besonderer Berücksichtigung von Programmen für Männer wie auch Frauen, welche die Beseitigung von schädlichen Einstellungen und Praktiken zum Ziel haben, wie beispielsweise die Verstümmelung der weiblichen Geschlechtsorgane, die Bevorzugung männlicher Nachkommen (was die Tötung weiblicher Neugeborener und vorgeburtliche Geschlechtsselektion zur Folge hat), Frühheirat, einschließlich Kinderheirat, Gewalt gegen Frauen, sexuelle Ausbeutung, sexueller Mißbrauch, was unter Umständen eine HIV-Infektion und Aids beziehungsweise andere sexuell übertragbare Krankheiten nach sich ziehen kann, Drogenmißbrauch, Diskriminierung von Mädchen und Frauen bei der Nahrungsmittelzuteilung und andere schädliche Einstellungen und Praktiken im Zusammenhang mit dem Leben, der Gesundheit und dem Wohl der Frau, wobei anerkannt wird, daß es sich bei einigen dieser Praktiken um Verletzungen der Menschenrechte und der Grundsätze ärztlicher Ethik handeln kann;

b) Verfolgung einer Sozial-, menschlichen Entwicklungs-, Bildungs- und Beschäftigungspolitik zur Beseitigung der Armut von Frauen mit dem Ziel, ihre Anfälligkeit für Krankheiten zu vermindern und ihre Gesundheit zu verbessern;

c) Ermutigung der Männer, sich zu gleichen Teilen an der Betreuung der Kinder und an der Hausarbeit zu beteiligen und ihren Anteil zur finanziellen Unterstützung ihrer Familie zu leisten, auch wenn sie nicht bei ihrer Familie leben;

d) Stärkung von Gesetzen, Reform von Institutionen und Förderung von Normen und Praktiken, welche die Diskriminierung der Frau beseitigen und Frauen wie auch Männer dazu ermutigen, Verantwortung für ihr Sexualverhalten und ihr generatives Verhalten zu übernehmen, Gewährleistung der uneingeschränkten Achtung der persönlichen Unversehrtheit, Maßnahmen zur Herstellung der notwendigen Voraussetzungen dafür, daß die Frau ihre Fortpflanzungsrechte wahrnehmen kann, und Beseitigung von mit Nötigung verbundenen Gesetzen und Praktiken;

e) Zusammenstellung von leicht zugänglichen Informationen und deren Verbreitung im Rahmen öffentlicher Gesundheitskampagnen, durch die Medien, zuverlässige Beratungsdienste und das Bildungswesen, um sicherzustellen, daß sich Frauen und Männer, insbesondere junge Menschen, Wissen über ihre Gesundheit aneignen können, insbesondere Informationen über Sexualität und Fortpflanzung, unter Berücksichtigung der Rechte des Kindes, was den Zugang zu Informationen, den Schutz der Privatsphäre, die Wahrung der Vertraulichkeit, Achtung und Zustimmung in Kenntnis der Sachlage betrifft, sowie der Aufgaben, Rechte und Pflichten der Eltern und des Vormunds, dem Kind in einer seiner Entwicklung entsprechenden Weise und in Übereinstimmung mit der Konvention über die Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau angemessene Anleitung und Beratung betreffend die Ausübung der in der Konvention über die Rechte des Kindes anerkannten Rechte zu geben; vorrangige Berücksichtigung des Wohls des Kindes bei allen Maßnahmen, die Kinder betreffen;

f) Aufstellung und Unterstützung von Programmen im Bildungswesen, am Arbeitsplatz und im Gemeinwesen, um Mädchen und Frauen aller Altersstufen auf derselben Grundlage wie Männern und Jungen Gelegenheit zu geben, an Sport, körperlicher Betätigung und Freizeitbeschäftigungen teilzunehmen;

g) Anerkennung der besonderen Bedürfnisse von Jugendlichen und Durchführung gezielter geeigneter Programme, wie beispielsweise zur Aufklärung und Information über Fragen der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und über sexuell übertragbare Krankheiten, einschließlich HIV/Aids, unter Berücksichtigung der Rechte des Kindes und der Aufgaben, Rechte und Pflichten der Eltern nach Ziffer 107 e);

h) Aufstellung von Politiken mit dem Ziel, die unverhältnismäßig hohe und noch steigende Belastung der Frauen, die in der Familie und im Gemeinwesen mehrere Funktionen wahrnehmen, dadurch zu vermindern, daß ihnen von seiten der Gesundheits- und Sozialeinrichtungen entsprechende Unterstützung gewährt und Programme angeboten werden;

i) Erlaß von Vorschriften, die sicherstellen, daß die Arbeitsbedingungen, so insbesondere auch was die Bezahlung und das berufliche Fortkommen von Frauen auf allen Ebenen des Gesundheitssystems angeht, Frauen nicht diskriminieren und fairen und berufsethischen Normen entsprechen, damit die Frauen wirksame Arbeit leisten können;

j) Sicherstellung dessen, daß Informationen und Unterrichtung in Gesundheits- und Ernährungsfragen feste Bestandteile aller Alphabetisierungsprogramme für Erwachsene und aller Lehrpläne ab der Grundschulebene bilden;

k) Ausarbeitung und Durchführung von Medienkampagnen und Aufklärungs- und Bildungsprogrammen, welche die Frauen und Mädchen über Gesundheits- und andere Risiken bei Suchtmittelmißbrauch und Suchtmittelabhängigkeit informieren, und Verfolgung von Strategien, die negative Anreize in bezug auf Suchtmittelmißbrauch und Suchtmittelabhängigkeit bieten und Rehabilitation und Genesung fördern;

l) Ausarbeitung und Durchführung umfassender und kohärenter Programme zur Verhütung, Diagnose und Behandlung von Osteoporose, einer Erkrankung, von der in erster Linie Frauen betroffen sind;

m) Schaffung und/oder Ausbau von Programmen und Diensten, einschließlich Medienkampagnen, die sich mit der Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Brust- und Gebärmutterhalskrebs und anderen Krebserkrankungen der Fortpflanzungsorgane befassen;

n) Verringerung von Umweltgefahren, die besonders in armen Regionen und Gemeinwesen ein wachsendes Gesundheitsrisiko darstellen; Anwendung eines Vorbeugungskonzepts, wie in der auf der Konferenz der Vereinten Nationen über Umwelt und Entwicklung verabschiedeten Rio-Erklärung über Umwelt und Entwicklung 18 vereinbart, und Berichterstattung über umweltbedingte Gesundheitsrisiken für Frauen im Rahmen der Überwachung der Umsetzung der Agenda 21 19 ;

o) Bewußtseinsbildung bei Frauen, Beschäftigten im Gesundheitssektor, Politikern und der allgemeinen Öffentlichkeit bezüglich der ernsten, jedoch vermeidbaren Gesundheitsrisiken aufgrund des Tabakkonsums und der Notwendigkeit des Erlasses von Vorschriften und Aufklärungsmaßnahmen zur Verminderung des Rauchens als wichtige Tätigkeiten zur Gesundheitsförderung und Krankheitsvorbeugung;

p) Sicherstellung dessen, daß die Lehrpläne medizinischer Fakultäten und anderer medizinischer Ausbildungseinrichtungen einfühlsame, umfassende und obligatorische Kurse über die Gesundheit der Frau vorsehen;

q) Ergreifung von konkreten Vorbeugungsmaßnahmen zum Schutz von Frauen, Jugendlichen und Kindern vor Mißbrauch jedweder Art - wie beispielsweise sexuellem Mißbrauch, Ausbeutung, Menschenhandel und Gewalt - und Ausarbeitung und Durchsetzung von Gesetzen und Gewährung von Rechtsschutz und medizinischer und sonstiger Unterstützung.

Strategisches Ziel C.3.

Ergreifung von Initiativen unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Situation der Geschlechter zur Auseinandersetzung mit sexuell übertragbaren Krankheiten, HIV/Aids und Fragen der sexuellen und reproduktiven Gesundheit

Zu ergreifende Maßnahmen

108. Seitens der Regierungen, internationalen Organisationen, namentlich auch der zuständigen Organisationen der Vereinten Nationen, bilateraler und multilateraler Geber und nichtstaatlicher Organisationen:

a) Sicherstellung der Einbeziehung von Frauen, insbesondere soweit sie mit HIV/Aids oder anderen sexuell übertragbaren Krankheiten infiziert oder von der HIV/Aids-Pandemie betroffen sind, in alle Entscheidungsprozesse betreffend die Erarbeitung, Durchführung, Überwachung und Bewertung von Politiken und Programmen betreffend HIV/Aids und andere sexuell übertragbare Krankheiten;

b) Überprüfung und gegebenenfalls Änderung von Rechtsvorschriften und Bekämpfung von Praktiken, die die Anfälligkeit von Frauen für HIV-Infektionen und andere sexuell übertragbare Krankheiten erhöhen könnten, namentlich auch Erlaß von Rechtsvorschriften zur Bekämpfung der dazu beitragenden soziokulturellen Praktiken sowie Anwendung von Rechtsvorschriften, Politiken und Praktiken zum Schutz von Frauen, weiblichen Jugendlichen und jungen Mädchen vor der mit HIV/Aids verbundenen Diskriminierung;

c) Anregung aller Bereiche der Gesellschaft, einschließlich des öffentlichen Sektors, sowie der internationalen Organisationen zur Erarbeitung einfühlsamer, unterstützender und nichtdiskriminierender Politiken und Maßnahmen betreffend HIV/Aids, durch die die Rechte von infizierten Personen geschützt werden;

d) Anerkennung des Ausmaßes der HIV/Aids-Pandemie in den jeweiligen Ländern, unter besonderer Berücksichtigung ihrer Auswirkungen auf Frauen, um sicherzustellen, daß infizierte Frauen nicht stigmatisiert und diskriminiert werden, auch nicht auf Reisen;

e) Erarbeitung geschlechtsbezogener sektorübergreifender Programme und Strategien mit dem Ziel, der untergeordneten sozialen Stellung von Frauen und Mädchen ein Ende zu setzen und ihre soziale und wirtschaftliche Gleichstellung und Gleichberechtigung zu sichern; Förderung von Programmen, durch die Männer aufgeklärt und in die Lage versetzt werden sollen, ihrer eigenen Verantwortung für die Verhütung von HIV/Aids und anderen sexuell übertragbaren Krankheiten nachzukommen;

f) Förderung der Erarbeitung von gemeinwesengestützten Strategien zum Schutz von Frauen aller Altersstufen vor HIV und anderen sexuell übertragbaren Krankheiten; Betreuung und Unterstützung von infizierten Mädchen, Frauen und ihren Familien und Mobilisierung aller Teile des Gemeinwesens dazu, in Antwort auf die HIV/Aids-Pandemie Druck auf alle zuständigen Behörden auszuüben, um sie zu veranlassen, rechtzeitig, wirksam, nachhaltig und einfühlsam zu reagieren;

g) Unterstützung und Stärkung der einzelstaatlichen Kapazität zur Aufstellung beziehungsweise Verbesserung geschlechterbezogener Politiken und Programme betreffend HIV/Aids und andere sexuell übertragbare Krankheiten, einschließlich der Bereitstellung von Ressourcen und Einrichtungen für Frauen, die die Hauptverantwortung für die Pflege oder den wirtschaftlichen Unterhalt von mit HIV/Aids infizierten oder von der Pandemie betroffenen Personen und ihren Hinterbliebenen, insbesondere Kindern und älteren Menschen, tragen;

h) Angebot von Seminaren und speziellen Aufklärungs- und Ausbildungsprogrammen für Eltern, Entscheidungsträger und Meinungsbildner auf allen Ebenen des Gemeinwesens, namentlich auch religiöse und traditionelle Instanzen, über die Verhütung von HIV/Aids und anderen sexuell übertragbaren Krankheiten und über deren Folgen für Männer und Frauen jeden Alters;

i) Bereitstellung aller einschlägigen Informationen und Aufklärungsmaßnahmen für alle Frauen und im Gesundheitssektor Beschäftigten über sexuell übertragbare Krankheiten, so auch über HIV/Aids, und Schwangerschaft und die Auswirkungen auf das Kind, auch was das Stillen angeht;

j) Unterstützung von Frauen und ihren formellen und informellen Organisationen bei der Schaffung beziehungsweise dem Ausbau wirksamer, von Frauen selbst getragener Aufklärungsprogramme und Öffentlichkeitsprogramme sowie bei der Beteiligung an der Konzipierung, Durchführung und Überwachung dieser Programme;

k) gezielte Förderung von auf gegenseitiger Achtung beruhenden und ausgewogenen Beziehungen zwischen Männern und Frauen und insbesondere Deckung des Aufklärungs- und Dienstleistungsbedarfs von Heranwachsenden, damit sie positiv und verantwortungsbewußt mit ihrer Sexualität umgehen können;

l) Konzipierung gezielter Programme für Männer aller Altersstufen und heranwachsende Jungen, unter Berücksichtigung der in Ziffer 107 e) genannten Aufgaben der Eltern, die vollständige und genaue Informationen über ein risikofreies, verantwortungsbewußtes Sexual- und Reproduktionsverhalten liefern sollen, so auch über freiwillige, geeignete und wirksame vom Mann anzuwendende Methoden zur Verhütung von HIV/Aids und anderen sexuell übertragbaren Krankheiten, unter anderem durch Enthaltsamkeit und Kondomgebrauch;

m) Gewährleistung des allgemeinen Zugangs von Paaren und Einzelpersonen zu geeigneten und erschwinglichen Vorbeugungsdiensten im Hinblick auf sexuell übertragbare Krankheiten einschließlich HIV/Aids im Rahmen des Systems der primären Gesundheitsversorgung sowie Ausbau der Beratungs- und freiwilligen und vertraulichen Diagnose- und Behandlungsdienste für Frauen; Sicherstellung dessen, daß qualitativ hochwertige Kondome sowie Medikamente zur Behandlung sexuell übertragbarer Krankheiten soweit möglich an die Gesundheitsdienste geliefert und verteilt werden;

n) Unterstützung von Programmen, die berücksichtigen, daß das höhere Risiko einer HIV-Infektion von Frauen auf risikoreiches Verhalten zurückzuführen ist, so auch auf die intravenöse Injektion von Suchtstoffen und ein ungeschütztes und unverantwortliches Sexualverhalten unter Suchtstoffeinfluß, und Ergreifung entsprechender Vorbeugungsmaßnahmen;

o) Unterstützung und Beschleunigung maßnahmenorientierter Forschungsarbeiten über erschwingliche, von Frauen kontrollierte Methoden zur Verhütung von HIV und anderen sexuell übertragbaren Krankheiten, über Strategien, die die Frauen befähigen, sich vor sexuell übertragbaren Krankheiten einschließlich HIV/Aids zu schützen, und über Methoden zur Betreuung, Unterstützung und Behandlung von Frauen, wobei ihre Einbeziehung in alle Aspekte dieser Forschungsarbeiten sicherzustellen ist;

p) Unterstützung und Einleitung von Forschungsarbeiten, die sich mit den Bedürfnissen und Lebensumständen von Frauen befassen, namentlich Forschungsarbeiten über die Infektion mit HIV und andere sexuell übertragbare Krankheiten bei Frauen, über von Frauen kontrollierte Schutzmethoden, wie etwa die Verwendung von nichtspermiziden Mikrobiziden, sowie über risikoträchtige Einstellungen und Praktiken bei Frauen und Männern.

Strategisches Ziel C.4.

Förderung der Forschung und Verbreitung von Informationen über die Gesundheit der Frau

Zu ergreifende Maßnahmen

109. Seitens der Regierungen, des Systems der Vereinten Nationen, der Beschäftigten im Gesundheitssektor, der Forschungsinstitutionen, der nichtstaatlichen Organisationen, der Geber, der pharmazeutischen Industrie und gegebenenfalls der Massenmedien:

a) Ausbildung von Forschern und Einführung von Systemen, die die Heranziehung von unter anderem nach Geschlecht und Alter, anderen etablierten demographischen Kriterien und sozioökonomischen Variablen gesammelten, analysierten und aufgeschlüsselten Daten bei der Politikgestaltung und gegebenenfalls bei der Planung, Überwachung und Evaluierung ermöglichen;

b) Förderung einer geschlechterbezogenen, die Frau in den Mittelpunkt stellenden medizinischen Forschung, Behandlung und Technologie sowie Verknüpfung von überliefertem und indigenem Wissen mit der modernen Medizin, wobei den Frauen die entsprechenden Informationen zur Verfügung zu stellen sind, damit sie in Kenntnis der Sachlage verantwortungsbewußte Entscheidungen treffen können;

c) verstärkte Besetzung von Führungspositionen im Gesundheitswesen mit Frauen, namentlich auch unter den Forschern und Wissenschaftlern, um so bald wie möglich eine Gleichstellung zu erzielen;

d) Erhöhung der finanziellen und sonstigen Unterstützung aus allen Quellen für Forschungsarbeiten auf dem Gebiet der Vorbeugung und, soweit angezeigt, der Biomedizin, der Verhaltensforschung, der Epidemiologie und der Gesundheitsversorgung betreffend frauenspezifische Gesundheitsfragen sowie für Forschungsarbeiten über die sozialen, wirtschaftlichen und politischen Ursachen von spezifischen gesundheitlichen Problemen der Frau und deren Folgen, so auch die Auswirkungen geschlechts- und altersbedingter Ungleichheiten, insbesondere im Hinblick auf chronische und nichtübertragbare Krankheiten, vor allem Herz-Kreislauf-Erkrankungen und -Leiden, Krebs, Infektionen und Verletzungen der Fortpflanzungsorgane, HIV/Aids und andere sexuell übertragbare Krankheiten, Gewalt in der Familie, Berufskrankheiten, Behinderungen, umweltbedingte Gesundheitsprobleme, Tropenkrankheiten und die gesundheitlichen Aspekte des Alterns;

e) Aufklärung von Frauen über die Faktoren, die das Risiko einer Krebserkrankung und Infektion der Fortpflanzungsorgane erhöhen, damit die Frauen in Kenntnis der Sachlage ihre Gesundheit betreffende Entscheidungen treffen können;

f) Unterstützung und Finanzierung von Forschungsarbeiten auf sozialem, wirtschaftlichem, politischem und kulturellem Gebiet zu der Frage, wie geschlechtsbedingte Ungleichheiten die Gesundheit der Frau beeinträchtigen, so auch, was die Ätiologie, die Epidemiologie, die Bereitstellung und Inanspruchnahme von Dienstleistungen und das Behandlungsergebnis angeht;

g) Unterstützung von Forschungsarbeiten über Gesundheitsversorgungssysteme und ihre Geschäftstätigkeit, mit dem Ziel, den Zugang zu Gesundheitsdiensten und die Qualität der erbrachten Leistungen zu verbessern, Frauen, die selbst Gesundheitsdienste erbringen, die entsprechende Unterstützung zu gewähren, und zu prüfen, welche Muster sich hinsichtlich der Bereitstellung von Gesundheitsdiensten für Frauen und ihrer Inanspruchnahme durch Frauen erkennen lassen;

h) Bereitstellung von finanzieller und institutioneller Unterstützung für Forschungsarbeiten über sichere, wirksame, erschwingliche und akzeptable Methoden und Technologien auf dem Gebiet der reproduktiven und sexuellen Gesundheit von Frauen und Männern, so unter anderem auch sicherere, wirksamere, erschwinglichere und akzeptablere Methoden der Fruchtbarkeitsregulierung, einschließlich einer natürlichen Familienplanung für beide Geschlechter, über Methoden zum Schutz gegen HIV/Aids und andere sexuell übertragbare Krankheiten und einfache, preisgünstige Methoden zur Diagnose solcher Erkrankungen. Diese Forschungsarbeiten müssen sich in allen Stadien an den Nutzern und an geschlechtsspezifischen, insbesondere frauenspezifischen Gesichtspunkten orientieren und sollten in strikter Übereinstimmung mit international akzeptierten rechtlichen, ethischen, medizinischen und wissenschaftlichen Normen der biomedizinischen Forschung durchgeführt werden;

i) da gefährliche Schwangerschaftsabbrüche16 eine große Bedrohung für die Gesundheit und das Leben von Frauen darstellen, sollten Forschungsarbeiten im Hinblick auf das Verständnis und ein besseres Eingehen auf die ausschlaggebenden Faktoren und die Folgen eines induzierten Schwangerschaftsabbruchs, namentlich auch dessen Auswirkungen auf die spätere Fertilität, die reproduktive und psychische Gesundheit und die Empfängnisverhütung, sowie Forschungsarbeiten über die Behandlung von Komplikationen bei Schwangerschaftsabbrüchen und die Betreuung nach einem Abbruch gefördert werden;

j) Anerkennung und Unterstützung von förderlichen Formen der traditionellen Gesundheitsversorgung, insbesondere soweit sie von Ureinwohnerinnen praktiziert werden, mit dem Ziel, den Wert der traditionellen Gesundheitsversorgung zu erhalten und diese in die bereitgestellten Gesundheitsdienste einzubeziehen, sowie Unterstützung hierauf abzielender Forschungsarbeiten;

k) Entwicklung von Mechanismen zur Evaluierung der verfügbaren Daten und Forschungsergebnisse und ihrer Weitergabe unter anderem an Forscher, Politiker, im Gesundheitswesen tätige Fachkräfte und Frauengruppen;

l) Überwachung der menschlichen Genomforschung und damit zusammenhängender genetischer Forschungsarbeiten unter dem Gesichtspunkt der Gesundheit der Frau sowie Verbreitung von Informationen und Untersuchungsergebnissen im Einklang mit akzeptierten ethischen Normen.

Strategisches Ziel C.5.

Bereitstellung von mehr Mitteln für die Gesundheitsversorgung der Frau und Überwachung der entsprechenden Folgemaßnahmen

Zu ergreifende Maßnahmen

110. Seitens der Regierungen auf allen Ebenen und gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit nichtstaatlichen Organisationen, insbesondere Frauen- und Jugendorganisationen:

a) Erhöhung der Haushaltsmittel für die primäre Gesundheitsversorgung und für soziale Dienste, bei angemessener Unterstützung des sekundären und tertiären Bereichs, besondere Beachtung der reproduktiven und sexuellen Gesundheit von Mädchen und Frauen und Vorrang für Gesundheitsprogramme in ländlichen und armen städtischen Gebieten;

b) Entwicklung innovativer Konzeptionen für die Finanzierung von Gesundheitsdiensten durch die Förderung einer Gemeinwesenbeteiligung und einer lokalen Finanzierung; soweit erforderlich Bereitstellung von mehr Haushaltsmitteln für Gemeinwesen-Gesundheitszentren und gemeinwesengestützte Programme und Dienste, die auf die spezifischen Gesundheitsbedürfnisse von Frauen ausgerichtet sind;

c) Aufbau lokaler Gesundheitsdienste unter Förderung der Eingliederung einer geschlechtsbezogenen gemeinwesengestützten Partizipation und Selbstbehandlung sowie von eigens entwickelten vorbeugenden Gesundheitsprogrammen;

d) Festlegung von Zielen und gegebenenfalls Fristen für die Verbesserung der Gesundheit der Frau und für die Planung, Durchführung, Überwachung und Bewertung von Programmen unter Zugrundelegung von Untersuchungen der geschlechtsspezifischen Auswirkungen unter Heranziehung nach Geschlechtszugehörigkeit, Alter, anderen etablierten demographischen Kriterien und sozioökonomischen Variablen aufgeschlüsselter qualitativer und quantitativer Daten;

e) Schaffung ressortinterner beziehungsweise ressortübergreifender Mechanismen zur Überwachung der Umsetzung von Reformen auf dem Gebiet der frauenspezifischen Gesundheitspolitiken und -programme, sowie gegebenenfalls Einrichtung hochrangiger Koordinierungsstellen in den einzelstaatlichen Planungsbehörden mit dem Auftrag, darüber zu wachen, daß die Gesundheitsbelange der Frau von allen zuständigen Regierungsbehörden und -programmen konsequent berücksichtigt werden.

111. Seitens der Regierungen, der Vereinten Nationen und ihrer Sonderorganisationen, der internationalen Finanzinstitutionen, der bilateralen Geber und gegebenenfalls des Privatsektors:

a) Konzipierung von Politiken, die Investitionen in die Gesundheit der Frau begünstigen, und gegebenenfalls Bereitstellung von mehr Mitteln für solche Investitionen;

b) angemessene materielle, finanzielle und logistische Unterstützung von nichtstaatlichen Jugendorganisationen, damit diese besser in der Lage sind, sich mit den gesundheitlichen Belangen von Jugendlichen, so auch mit Belangen der sexuellen und reproduktiven Gesundheit auseinanderzusetzen;

c) Einräumung einer höheren Priorität für die Gesundheit der Frau und, zur Gewährleistung von Fortschritten, Schaffung von Mechanismen zur Koordinierung und Verwirklichung der die Gesundheit betreffenden Ziele der Aktionsplattform und der einschlägigen internationalen Übereinkünfte.


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