Willkommen zum Leitfaden der Vereinten Nationen für den Einstieg in Model United Nations. In diesem Leitfaden finden Sie Ratschläge und Ressourcen für Unterstützung beim Beginn Ihrer Model-UN-Reise für Organisator*innen, sowie Delegierte.
I. FÜR ORGANISATOR*INNEN
Aufbau eines Teams
Bei der Organisation einer Model United Nations Simulation ist es wichtig, ein kompetentes und zuverlässiges Team zusammenzustellen. Suchen Sie nach motivierten Studierenden oder Mitschülerinnen und Mitschülern, die Interesse oder Erfahrung in den Bereichen Kommunikation, Geopolitik und Verhandlungstechniken haben. Diese Fähigkeiten ergänzen sich gegenseitig und helfen Ihnen dabei, Ihre Simulation zu bewerben sowie Themen und Tagesordnungspunkte zu entwickeln.
Wenn Sie Ihre Simulation an einer Schule organisieren, benötigen Sie möglicherweise eine Lehrkraft als Beraterin oder Berater, insbesondere auf der Sekundarstufe oder im Gymnasium. Informieren Sie sich über die Richtlinien Ihrer Schule zur Gründung von Clubs, um zu verstehen, welche Anforderungen erfüllt werden müssen. Hilfreich ist es auch, Ziele zu setzen, um gegenüber der Schulleitung, Lehrkräften und Mitschülerinnen und Mitschülern zu erklären, warum Sie einen Model-UN Club gründen möchten und später, warum sich andere beteiligen sollten.
Organisation und Logistik
Beantworten Sie grundlegende Fragen wie:
•Wo und wann werden Treffen stattfinden?
•Welche Ressourcen werden benötigt?
•Welche Kommunikationsplattform werden Sie verwenden? (E-Mail-Verteiler, Gruppenchat, etc.)
Ein regelmäßiges Treffen ist besonders wichtig, wenn die meisten Teilnehmenden neu bei Model-UN sind. Regelmäßige Treffen bieten mehr Möglichkeiten, Model-UN relevante Fähigkeiten zu üben und gegenseitig Feedback zu geben, um sich kontinuierlich zu verbessern.
Workshops organisieren
Übung macht den Meister! Egal, ob Sie sich auf eine Wettbewerbskonferenz vorbereiten oder eine Übung im Unterricht durchführen, je intensiver Sie üben, desto besser werden Ihre Fähigkeiten. Veranstaltet Treffen, die sich auf bestimmte Aspekte des MUN-Prozesses konzentrieren, zum Beispiel:
•Mini-Simulationen, die sich auf einen Teil des Konferenzprozesses beschränken (z. B. eine Plenarsitzung oder eine Ausschusssitzung).
•Eigenständiges Recherchieren, um Fähigkeiten in der Quellenbewertung, Erkennung von Vorurteilen und in der Überprüfung von Fakten zu entwickeln.
•Rhetorik und öffentliche Rede: Üben Sie, langsam und deutlich zu sprechen und sich an vorgegebene Redezeiten zu halten.
Teilnahme an einer Model-UN-Konferenz - oder eine eigene veranstalten!
Sobald Sie Ihre diplomatischen Fähigkeiten verfeinert haben, möchten Sie diese natürlich auf die Probe stellen.
Wenn Sie an einer Model-UN-Konferenz teilnehmen möchten, bei der Sie mit anderen Model-UN-Organisationen zusammenarbeiten, gibt es verschiedene Online-Datenbanken, die bevorstehende Konferenzen auflisten. Sie können sich für lokale Präsenzveranstaltungen oder Online-Konferenzen anmelden.
Da weltweit unzählige Model-UN-Konferenzen von verschiedenen Organisatorinnen und Organisatoren durchgeführt werden, ist es wichtig, gründlich zu recherchieren, um sicherzustellen, dass die Konferenz seriös und allen Teilnehmenden zumutbar ist.
Angesichts der Vielzahl an Angeboten finden Sie sicher eine Veranstaltung, die zu Ihnen passt.
Wenn Sie Ihre eigene Model-UN-Konferenz organisieren möchten, finden Sie detaillierte Hinweise dazu in Kapitel 4 des „United Nations Guide to Model UN“.
II. FÜR DELEGIERTE DER MODEL-UN
Welche Mitgliedstaaten sollten in einer Simulation vertreten sein?
Eines der Hauptziele einer MUN-Konferenz besteht darin, internationale Themen und Herausforderungen zu erforschen sowie die unterschiedlichen Wege, auf denen diese weltweit angegangen werden. Daher ist es wichtig, dass in einer MUN-Konferenz wirtschaftlich, politisch und geografisch vielfältige Mitgliedstaaten vertreten sind.
Welche Staaten Sie einbeziehen, hängt von zwei Hauptfaktoren ab: dem Thema Ihrer Tagesordnung und der Größe Ihrer Gruppe. Die ausgewählten Mitgliedstaaten sollten relevant zum gewählten Thema sein. Beispielsweise sollten in einer Simulation des Sicherheitsrats die fünf ständigen Mitglieder vertreten sein: China, Frankreich, die Russische Föderation, das Vereinigte Königreich und die Vereinigten Staaten von Amerika.
Grundsätzlich kann es sinnvoll sein, Mitgliedstaaten einzubeziehen, die vor besonderen Herausforderungen stehen oder in Bezug auf Ihr gewähltes Thema großen Einfluss haben. Ebenso können Mitgliedstaaten, die miteinander im Konflikt stehen, zusammen mit eher „neutralen“ Staaten, die als Vermittler fungieren können, zur Förderung einer Einigung einbezogen werden.
Vergessen Sie dabei nicht die kleineren Mitgliedstaaten. In den Vereinten Nationen genießen laut UN-Charta alle Mitgliedstaaten „souveräne Gleichheit“, unabhängig von ihrer tatsächlichen Macht. Das bedeutet nicht, dass Sie die globalen Machtverhältnisse bei Verhandlungen ignorieren sollten, aber Sie sollten alle Staaten respektvoll und als gleichberechtigte Partner in der internationalen Zusammenarbeit behandeln.
Zudem kann es eine interessante Lernerfahrung und zugleich eine größere Herausforderung darstellen, kleinere oder weniger bekannte Mitgliedstaaten einzubeziehen.
Geschäftsordnung
Das Verständnis der Vereinten Nationen umfasst auch das Verständnis ihrer administrativen und verfahrensbezogenen Systeme. Debatten, die nach möglichst realistischen Geschäftsordnungen geführt werden, ermöglichen es den Teilnehmenden, die tatsächlichen Vor- und Nachteile kennenzulernen, mit denen Delegierte bei der Erreichung einer Einigung konfrontiert sind.
Unabhängig von der Größe der Konferenz oder dem simulierten UN-Organ gelten dieselben Grundprinzipien: Die Teilnehmenden werden einem UN-Mitgliedstaat zugewiesen und simulieren die Rolle der Delegierten dieses Staates in einem UN-Organ. Dazu müssen sie sich gründlich mit den Hintergründen ihres Landes und dessen Position zu dem verhandelten Thema vertraut machen, um die Ansichten des jeweiligen Mitgliedstaats korrekt zu vertreten – nicht ihre eigenen.
Es kann vorkommen, dass Sie mit der Politik Ihres zugewiesenen Landes nicht übereinstimmen, das ist auch bei professionellen Delegierten der Vereinten Nationen der Fall.
Für eine realistische Simulation ist es entscheidend, die spezifischen Regeln der Geschäftsordnung zu verstehen, die für Ihre Konferenz gelten. Die Regeln für die Simulation der Generalversammlung finden Sie im Kapitel 5 („Rules of Procedure“) des UN Guide to Model UN. Weitere Abschnitte dieses Kapitels enthalten zusätzliche Details zu anderen Verfahren, die Teil Ihrer Model-UN-Simulation sein können.
Festlegung einer Tagesordnung
Die Tagesordnung ist die offizielle Liste von Themen oder Fragestellungen, die während einer Konferenz behandelt werden.
Ein guter Ausgangspunkt bei der Auswahl geeigneter Themen sind die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals, SDGs), da sie ein breites Spektrum von Themen abdecken, die regelmäßig bei den Vereinten Nationen diskutiert und verhandelt werden.
Eine weitere Möglichkeit ist, die Website des Präsidenten der Generalversammlung zu konsultieren, um sich über die Prioritäten der jeweiligen Sitzungsperiode zu informieren. Dies vermittelt Ihnen einen Eindruck davon, welche Themen derzeit bei den Vereinten Nationen im Mittelpunkt stehen.
Sobald die Tagesordnung festgelegt ist, sollten Sie eine Sammlung grundlegender Dokumente zu den gewählten Themen zusammenstellen, um die Recherche Ihrer Teilnehmenden zu unterstützen. Teilen Sie diese Unterlagen mit Ihrem Team.
Institutionelle Websites – insbesondere UN-Websites oder Seiten von NGOs, die sich mit dem Thema befassen – sind dafür besonders hilfreich. Zudem bietet die Dag-Hammarskjöld- Bibliothek zahlreiche Online-Rechercheleitfäden, die nützlich sein können.
Weitere Ressourcen zur Recherche über die Vereinten Nationen und ihre Mitgliedstaaten finden Sie auf den Seiten „General Information about the United Nations“ und „Additional Resources“ des “United Nations Guide to Model UN”.
Um mehr darüber zu erfahren, wie eine Tagesordnung in den Vereinten Nationen verabschiedet wird – und wie dies im Rahmen einer Model-UN-Simulation umgesetzt werden kann – verweisen wir auf den Abschnitt „Agenda, Work Plan, Documents, and Rules of Procedure“ im United Nations Guide to Model UN.
Recherche für Model United Nations
Um dich auf eine Model-UN-Simulation vorzubereiten, musst du dich mit folgenden Aspekten vertraut machen:
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Der Geschichte, Struktur und Arbeit der Vereinten Nationen sowie
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Dem Hintergrund und den politischen Positionen deines Mitgliedstaates.
Ein kurzer Überblick über die Geschichte der UN ist unerlässlich, um zu verstehen, welche Ereignisse zur Gründung der Vereinten Nationen geführt haben und warum eine Organisation, die der internationalen Zusammenarbeit gewidmet ist, so wichtig ist. Die Grundprinzipien, auf denen die UN aufgebaut ist, findest du in den Kern-Dokumenten der Vereinten Nationen und in den drei Säulen der UN-Arbeit. Darüber hinaus ist es hilfreich, wichtige Verträge oder Abkommen zu recherchieren, die im Zusammenhang mit dem Thema deiner MUN-Simulation stehen.
Ebenso wichtig ist das Verständnis der Struktur der Vereinten Nationen, also wie die Organe, Programme und Organisationseinheiten der UN zusammenarbeiten. Du kannst dich über die sechs Hauptorgane der UN informieren und über die UN-Familie von Organisationen nachlesen. Eine hilfreiche UN-Systemübersicht (System Chart) zeigt dir, wie das gesamte System zusammenarbeitet, um die Mission der Vereinten Nationen voranzutreiben.
Bei der Recherche zu deinem zugewiesenen Mitgliedstaat solltest du dir zuerst grundlegende Informationen ansehen, wie z. B. die Geografie, das politische System, die wirtschaftliche Lage und die Demografie des Landes. Solche Informationen helfen dir, den Staat effektiv zu verstehen und ihn in Diskussionen und Verhandlungen realistisch zu vertreten. Danach kannst du auf UN-Dokumente zugreifen, etwa:
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Mitgliedstaaten in der Übersicht (Member States on the Record),
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Abstimmungsverhalten der Mitgliedstaaten (Member State Voting Data) sowie
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Verträge, denen dein Staat beigetreten ist, um ein tieferes und spezifischeres Verständnis für das Thema deiner Simulation zu erhalten.
Sobald du dein Land und seine Positionen gut verstanden hast, solltest du dich auch mit den Positionen der anderen Staaten befassen, mit denen du verhandeln wirst. Auch wenn deine Recherche zu diesen Staaten nicht so ausführlich sein wird, solltest du dir drei zentrale Fragen stellen:
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Gibt es andere Mitgliedstaaten oder Beobachter, die deine Sichtweise teilen?
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Welche Mitgliedstaaten oder Beobachter sind dagegen?
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Ist dein Mitgliedstaat Teil regionaler Organisationen, mit denen er sich abstimmen möchte?
Diese Fragen helfen dir zu erkennen, welche Staaten bei Verhandlungen eher Verbündete sein werden – und mit welchen es schwieriger sein könnte, eine Einigung zu erzielen.
Was ist das Konsensmodell? Und wie wird es bei Model-UN angewendet?
Model United Nations ist mehr als eine Debatte über internationale Themen. Es geht um Zusammenarbeit und Verhandlung, darum, andere Perspektiven zu sehen und mit einzubeziehen, um eine Einigung zu erzielen. Viele Model-UN-Simulationen verwenden parlamentarische Verfahrensregeln, bei denen Delegierte Anträge stellen und darüber abstimmen, um den Prozess voranzutreiben. Die Vereinten Nationen sind jedoch kein Parlament. Sie bieten einen Raum für Staaten, um sich zu treffen, gemeinsame Probleme zu diskutieren und gemeinsame Lösungen zu finden, die allen zugutekommen. In den meisten Fällen trifft die UN Entscheidungen im Konsens. Abstimmungen sind nur das letzte Mittel, wenn keine Einigung erzielt werden kann.
Wenn Resolutionen durch eine Abstimmung angenommen werden, besteht weniger Bedarf, die Perspektiven der Gegenstimmen zu verstehen. Im Kontext der UN kann Abstimmen ein spaltender Prozess sein, der Gewinner-gegen-Verlierer-Szenarien schafft. Die unterlegene Seite fühlt sich möglicherweise ignoriert und weniger motiviert, mit dem internationalen System zu kooperieren.
Wird eine Resolution jedoch im Konsens angenommen, erfordert das viel Zeit und Mühe, um sicherzustellen, dass alle Stimmen gehört werden. Dies ist der beste Weg, die souveräne Gleichheit aller Staaten zu achten. Da die Resolutionen der Generalversammlung nicht bindend sind, erhöht eine Konsensentscheidung die Wahrscheinlichkeit, dass die vereinbarten Maßnahmen tatsächlich umgesetzt werden. Obwohl die Zeit auf MUN-Konferenzen begrenzt ist, trägt die Priorisierung des Konsensmodells erheblich dazu bei, die Konferenz realistischer und dynamischer für alle Teilnehmer zu gestalten.