Bericht des Generalsekretärs 1996, Inhalt
Report of the Secretary-General 1996, Table of contents


Bericht des Generalsekretärs über die Tätigkeit der Vereinten Nationen
D. Laufende AktIVitäten in den Bereichen vorbeugende Diplomatie, Friedensschaffung und Friedenssicherung


20. Myanmar

874. Gemäß dem Gute-Dienste-Auftrag, der mir von der Generalversammlung und der Menschenrechtskommission erteilt worden ist, habe ich meinen Dialog mit der Regierung Myanmars betreffend verschiedene Fragen, die der internationalen Gemeinschaft Sorge bereiten, fortgesetzt, insbesondere betreffend den Prozeß der Demokratisierung und der nationalen Aussöhnung in Myanmar. Während des Berichtszeitraums haben meine Beauftragten im April in New York und im Juni in Bangkok mit dem Minister für Auswärtige Angelegenheiten Gespräche geführt, jedoch ging die Regierung nicht auf meine Bitte ein, die Gespräche in Yangon abzuhalten.

875. Ich begrüße zwar die von der Regierung bekundete Bereitschaft, den Dialog mit mir und meinen Beauftragten fortzuführen, stelle aber mit Enttäuschung fest, daß hinsichtlich der in den Resolutionen der Generalversammlung zum Ausdruck gebrachten Anliegen keine Fortschritte erzielt worden sind. Ich hoffe, daß es noch vor der Vorlage meines entsprechenden Berichts auf der einundfünfzigsten Tagung der Versammlung in Myanmar zu weiteren Kontakten kommen wird.

21. Nigeria

876. Mit der Annullierung der Ergebnisse der Präsidentschaftswahlen in Nigeria von 1993 setzten politische Spannungen und Konfrontationen zwischen der Regierung Nigerias und ihren Gegnern ein. 1995 wurde eine Reihe von Offizieren und Zivilpersonen für ihre Beteiligung an dem von der Regierung so bezeichneten versuchten Staatsstreich verurteilt. Ich entsandte einen Sonderbotschafter mit dem Auftrag, an die Regierung zu appellieren, die Strafen umzuwandeln, wozu sie sich bereit erklärte. Zwischenzeitlich wurden einige Nigerianer aus dem Gebiet der Ogoni gemäß dem Gesetz über die Störung der öffentlichen Ordnung (Sondergericht) unter Anklage gestellt. Neun von ihnen, darunter der Schriftsteller und aktIVe Verfechter der Menschenrechte Ken Saro-Wiwa, wurden anschließend trotz weltweiter Forderungen nach Umwandlung der Strafen zum Tode verurteilt und hingerichtet. Diese Hinrichtungen führten zu einer internationalen Verurteilung und zur Verabschiedung der Resolution 50/199 der Generalversammlung.

877. In Befolgung dieser Resolution und unter Berücksichtigung des Antrags der Regierung Nigerias entsandte ich eine Mission unter Leitung von Richter Atsu-Koffi Amega, dem ehemaligen Präsidenten des Obersten Gerichts und ehemaligen Minister für auswärtige Angelegenheiten Togos. Des weiteren bestand die Mission aus Richter V. A. Malimath, einem Mitglied der Nationalen Menschenrechtskommission Indiens, und John P. Pace, dem Leiter der Unterabteilung Normsetzung und Verhütung von Diskriminierung des Sekretariats-Zentrums für Menschenrechte. Die Mission hielt sich vom 28. März bis 13. April 1996 in Nigeria auf. Ihr am 23. April vorgelegter Bericht galt den beiden wichtigsten Themen, mit denen sie sich aufgrund ihrer Aufgabenstellung auseinandersetzen sollte, nämlich den Gerichtsverhandlungen und dem Programm für den Übergang zu einer zivilen und demokratischen Gesellschaftsordnung.

878. Was die gemäß dem Gesetz über die Störung der öffentlichen Ordnung (Sondergericht) geführten Verhandlungen betrifft, so empfahl die Mission, das Gesetz aufzuheben oder zumindest wie folgt zu ändern: a) Streichung derjenigen Bestimmungen, aufgrund derer ein aktIVes Mitglied der Streitkräfte in das Sondergericht ernannt und die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte für die Nachprüfung der Entscheidungen des Sondergerichts aufgehoben wird, und b) Hinzufügung von Bestimmungen, nach denen die Mitglieder des Sondergerichts auf Empfehlung des Präsidenten des Obersten Gerichtshofs Nigerias ernannt werden, die Rechtmäßigkeit der Verurteilung und Strafe durch das nigerianische Berufungsgericht und nicht durch den Vorläufigen Regierungsrat bestätigt wird, und nach denen beim Obersten Gerichtshof Berufung gegen die Entscheidung des Sondergerichts eingelegt werden kann.

879. Was das Übergangsprogramm betrifft, empfahl die Mission, alle politischen Häftlinge nach Verordnung Nr. 2 von 1984 freizulassen und den Personen, die wegen politischer Vergehen verurteilt wurden, Amnestie zu gewähren. Sie gab außerdem folgende Empfehlungen ab: die bestehenden Komitees und Kommissionen des Programms sollten dadurch gestärkt werden, daß Personen mit unterschiedlichen Meinungen zur Teilnahme eingeladen werden; die Durchführung des Programms solle von einem internationalen Beobachterteam überwacht werden; alle von der Militärregierung erlassenen Verordnungen sollten überprüft werden, mit dem Ziel, diejenigen aufzuheben, welche die Menschenrechtsbestimmungen der Verfassung beeinträchtigen; die Regierung solle Verfügungen und Urteile der Gerichte rasch durchführen; Einschränkungen für politische Organisationen und Berufsverbände sowie Einschränkungen des Rechts der freien Meinungsäußerung sollten beseitigt werden.

880. Vom 10. bis 14. April entsandte ich meinen Sonderbotschafter, Lakhdar Brahimi, nach Abuja. Er legte dem nigerianischen Staatschef, General Sani Abacha, den Bericht der Ermittlungsmission vor und forderte ihn nachdrücklich auf, die Empfehlungen der Mission umzusetzen. In einem an mich gerichteten Schreiben vom 21. Mai nannte der Sonderberater des Staatschefs die Schritte, welche die Regierung zur Umsetzung einiger der Empfehlungen unternehme. Vom 26. bis 28. Juni und vom 9. bis 10. August entsandte ich den Beigeordneten Generalsekretär Lansana Kouyate als meinen Sonderbotschafter nach Abuja, um Anschlußkonsultationen mit der Regierung zu führen. Ich bin überzeugt, daß die Umsetzung der Empfehlungen in dem Bericht, insbesondere derjenigen, die sich auf die Freilassung der politischen Gefangenen und Häftlinge sowie auf die Achtung der Menschenrechte und der politischen Freiheiten beziehen, die nationale Aussöhnung voranbringen und Nigerianer verschiedener politischer Zugehörigkeit ermutigen werden, sich an dem Übergangsprogramm und an dem demokratischen Prozeß ihres Landes zu beteiligen.

22. Die Papua-Neuguinea-Insel Bougainville

881. Ich habe die vom 14. bis 18. Dezember 1995 in Cairns abgehaltenen Gespräche aller führenden Politiker von Bougainville begrüßt. Auf Ersuchen des Premierministers Papua-Neuguineas und mit Zustimmung der beiden Konfliktparteien haben mein Beauftragter sowie der Beauftragte des Generalsekretärs des Commonwealth die Durchführung der Gespräche erleichtert. In einem gemeinsamen Kommuniqué und einer auf der Tagung verabschiedeten Agenda einigten sich die beiden Delegationen vorbehaltlich der Zustimmung der Regierung Papua-Neuguineas auf eine Tagesordnung und einen Dialogprozeß, der 1996 zu einer neuen Gesprächsrunde in Bougainville selbst führen soll. Die Delegationen aus Bougainville erklärten sich außerdem bereit, die Durchführung eines Wiederaufbau- und Normalisierungsprogramms durch das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) sowie eines Immunisierungsprogramms durch das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF) zu erleichtern.

882. Leider wurden die Gespräche von Cairns nicht weitergeführt, da die Regierung Papua-Neuguineas nicht bereit war, ihre Ergebnisse zu ratifizieren. Seit Beginn dieses Jahres hat sich die Situation am Boden durch eine Reihe von Vorfällen verschlechtert, was schließlich dazu führte, daß die Regierung ankündigte, daß sie in Anbetracht der vermehrten Angriffe seitens der Revolutionären Armee von Bougainville die faktisch seit September 1994 bestehende Waffenruhe aufheben werde. Die Verschlechterung der Situation auf der Insel hat ihrerseits wieder Auswirkungen auf die Situation auf den Salomonen gehabt. Ich möchte an dieser Stelle erneut meiner Überzeugung Ausdruck verleihen, daß nur eine politische Lösung dem Konflikt in Bougainville ein Ende setzen kann. Was mich angeht, so bin ich jederzeit bereit, bei der Wiederaufnahme des Friedensprozesses behilflich zu sein.

23. Ruanda

883. Während des vergangenen Jahres herrschten in Ruanda relatIVe Ruhe und Stabilität. Das Land hat seit dem Völkermord und dem Ende des Bürgerkriegs im Juli 1994 beachtliche Fortschritte erzielt. Zu Beginn des Jahres 1996 lag die Impfungsquote bei Kindern, die Hygiene, die Wasserversorgung in den Städten und die Gesundheitsversorgung bei 80 Prozent des Vorkriegsstandes; die Industrieproduktion erreichte 75 Prozent; der Leistungsstand des öffentlichen Verkehrswesens sowie der Grundschulen und UnIVersitäten lag bei 60 Prozent. Die landwirtschaftliche Produktion hatte sich erholt und hat etwa 80 Prozent des Standes von vor 1994 erreicht, obgleich eine im Juni 1996 vom WFP und von der FAO gemeinsam durchgeführte Bedarfsbewertungsmission für den Rest des Jahres für etwa 576.000 Menschen einen Bedarf an zusätzlicher Nahrungsmittelhilfe ausgemacht hatte. Die Regierung hat trotz eines erheblichen Mangels an menschlichen und materiellen Ressourcen bedeutende Schritte bezüglich der Wohnsiedlungen und des Wohnraums unternommen, ferner bezüglich des Wiederaufbaus der Infrastruktur, der Hilfe für schwächere Gesellschaftsgruppen und der Verbesserung der allgemeinen Lebensbedingungen, insbesondere in den Gemeinden, in denen die meisten Ruander lebten und aus denen die meisten Menschen geflohen waren.

884. Dennoch stellen sich nach wie vor große Herausforderungen, für deren Lösung die Unterstützung der internationalen Gemeinschaft von entscheidender Bedeutung ist. Dazu gehören die Rückkehr, die Wiederansiedlung und Wiedereingliederung von 1,7 Millionen Flüchtlingen, Fortschritte bei der nationalen Aussöhnung, die Neubelebung der Rechtsprechung im Lande, die Verbesserung der Haftbedingungen, wirksame Maßnahmen zur Eindämmung destabilisierender AktIVitäten sowie die ausgewogene Verteilung von Hilfsgütern.

885. Entsprechend dem Ersuchen der Regierung und im Einklang mit der Resolution 1029 (1995) des Sicherheitsrats vom 12. Dezember wurde die Hilfsmission der Vereinten Nationen für Ruanda (UNAMIR) verkleinert und zog nach Auslaufen ihres Mandats am 8. März 1996 aus dem Land ab. In Befolgung von Resolution 50/58 L der Generalversammlung vom 22. Dezember 1995 nahm ich Konsultationen mit der Regierung und den zuständigen Organisationen der Vereinten Nationen über die Form und Aufgabenstellung einer weiteren Präsenz der Vereinten Nationen in Ruanda in der Zeit nach dem Abzug der UNAMIR auf.

886. Zwischen der UNAMIR und der Regierung traten gelegentliche Meinungsverschiedenheiten auf, obwohl das Verhältnis während der letzten drei Monate des Mandatszeitraums im allgemeinen auch weiterhin gut war. Bei den Meinungsverschiedenheiten ging es beispielsweise um die Verfügung über Ausrüstung und Material der UNAMIR oder darum, daß die Regierung darauf bestand, Vertragsnehmer, die ausschließlich von der UNAMIR in Anspruch genommene Güter und Dienstleistungen bereitstellten, verschiedenen Steuern zu unterwerfen. Der Untergeneralsekretär für politische Angelegenheiten stattete Kigali vom 19. bis 24. April 1996 einen Besuch ab, um dabei behilflich zu sein, die von meinem Sonderbeauftragten für Ruanda, Shaharyar Khan, eingeleiteten Verhandlungen zu diesen Fragen zum Abschluß zu bringen. Was die Verfügung über die Ausrüstung der UNAMIR betrifft, so beschloß die Regierung nach Inspektion der verschiedenen Gegenstände, diese zu übernehmen. Der Steuerstreit konnte jedoch nicht beigelegt werden.

887. Bei seinen Konsultationen mit den ruandischen Behörden wies der Untergeneralsekretär darauf hin, daß der Sicherheitsrat das Schreiben des Außenministers Ruandas vom 1. März begrüßt habe, in dem die Funktionen beschrieben sind, deren Wahrnehmung durch die Vereinten Nationen die Regierung nach dem Abzug der UNAMIR wünsche, und in dem die Region aktenkundig machte, daß sie die Beibehaltung eines Büros der Vereinten Nationen in Ruanda akzeptiert. Auf dieser Grundlage hatte mich der Sicherheitsrat in seiner Resolution 1050 (1996) vom 8. März ermutigt, ein solches Büro weiterbestehen zu lassen, mit dem Ziel, die Bemühungen der Regierung zur Förderung der nationalen Aussöhnung, zeptieren, Öl zum Erwerb von humanitären Gütern zu verkaufen, d Flüchtlinge und zum Wiederaufbau der Infrastruktur des Landes zu unterstützen und die diesbezüglichen Bemühungen der Vereinten Nationen zu koordinieren.

888. Auf Ersuchen der Regierung gab der Untergeneralsekretär genauere Aufklärung über die Modalitäten für ein solches Büro, namentlich was die Dauer seines Mandates, seine Größe und Mittelausstattung sowie die von seinem Leiter wahrzunehmenden Aufgaben betrifft, wie in dem Addendum zu meinem Bericht über die Durchführung der Resolution 1050 (1996) dargestellt. Am 23. April faßte die Regierung den Beschluß, ihre Zustimmung zu einem Büro der Vereinten Nationen für anfänglich sechs Monate zu bestätigen. Die Regierung war jedoch nicht dazu bereit, den Vorschlag zu billigen, die Hörfunkstation der Vereinten Nationen, die eine sehr erfolgreiche Komponente der UNAMIR gewesen war, weiter zu unterhalten. Stattdessen bot sie eine tägliche dreistündige Sendezeit auf der staatlichen Hörfunkstation an. Das Sekretariat prüft diese AlternatIVe zur Zeit. Ich bedauere, daß trotz weiter vonstatten gehender Konsultationen mit der Regierung die Voraussetzungen für die Eröffnung des Büros der Vereinten Nationen noch nicht gegeben sind.

889. Ich habe die Aufmerksamkeit des Sicherheitsrats wiederholt auf die negatIVen Auswirkungen der umstürzlerischen AktIVitäten von Teilen der Streitkräfte der ehemaligen ruandischen Regierung und der Interahamwe-Milizen gelenkt, welche die Bemühungen der Regierung um die Normalisierung der internen politischen Situation und der Sicherheitslage sowie ihrer Beziehungen zu den Nachbarländern untergraben. Die Grenzgebiete zu Zaire sind von den Destabilisierungsversuchen und den Abwehrmaßnahmen der Regierung am meisten betroffen. Diese tragen zu den in Westruanda herrschenden Spannungen bei, wo laut Regierungsangaben zahlreiche eingeschleuste Agenten die umstürzlerischen AktIVitäten koordinieren, und wo Sabotageakte und der Einsatz von Landminen zugenommen haben.

890. Insbesondere haben die Angriffe auf Überlebende des Völkermords während der ersten Hälfte des Jahres 1996 beträchtlich zugenommen, wobei mindestens 98 Angriffe, darunter mindestens 85 mit Todesfolge, zu verzeichnen waren. Bei mehreren dieser Vorfälle traten die Täter in großen Gruppen auf den Plan und richteten ihre Angriffe systematisch auf Gemeinschaften von Überlebenden des Völkermordes und auf bereits lange bestehende Flüchtlingsbevölkerungen. Der Feldeinsatz der Vereinten Nationen für Menschenrechte in Ruanda berichtet, daß es sich bei den Tätern meistenteils um ehemalige Mitglieder der ruandischen Streitkräfte, Angehörige der Interahamwe-Milizen oder um regierungsfeindliche Aufständische handelt.

891. Gemäß Resolution 1013 (1995) des Sicherheitsrats vom 7. September setzte ich eine internationale Untersuchungskommission ein, um Meldungen zu untersuchen, wonach die Streitkräfte der ehemaligen ruandischen Regierung eine militärische Ausbildung sowie Waffentransfers erhielten. Die aus sechs Mitgliedern bestehende Kommission mit Sitz in Nairobi hat im Zuge ihrer Tätigkeit Burundi, Ruanda, die Seychellen und Zaire besucht. In einem Zwischenbericht vom 29. Januar 1996 kam die Kommission zu dem Schluß, daß ruandische Männer eine militärische Ausbildung erhielten, um destabilisierende Übergriffe auf Ruanda durchzuführen. In einem zweiten, vom 14. März datierten Bericht gelangte die Kommission zu dem Schluß, daß mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Verstoß gegen das Waffenembargo der Vereinten Nationen stattgefunden habe, wobei am 17. und am 19. Juni 1994 mehr als 80 Tonnen Gewehre, Granaten und Munition in zwei Ladungen auf dem Flughafen von Goma (Zaire) angekommen und danach den zu diesem Zeitpunkt in Gisenyi (Ruanda) befindlichen ruandischen Regierungsstreitkräften übergeben worden seien. Sollte dies zutreffen, so war die Kommission der Auffassung, daß die Regierung Zaires oder Personen innerhalb der Regierung in mindestens einem Fall Beihilfe zum Verstoß gegen das Embargo geleistet hätten.

892. Auf der Grundlage ihrer Ergebnisse schlug die Kommission eine Reihe konkreter Maßnahmen vor, um mögliche Versuche, Waffen an die Streitkräfte der ehemaligen ruandischen Regierung zu verkaufen oder zu liefern, künftig abzuwenden und eine weitere Untersuchung mutmaßlich bereits stattgefundener Verstöße zu fördern. In seiner Resolution 1053 (1996) vom 23. April ersuchte mich der Sicherheitsrat, die Untersuchungskommission als Übergangsmaßnahme fortbestehen zu lassen, um als Abschreckungsmittel zu dienen und eine Aufsichtsführung zu gewährleisten, bis eine längerfristige Lösung gefunden werden kann, um den Kontakt mit den Regierungen des ostafrikanischen Zwischenseengebiets zu pflegen, um Anschlußmaßnahmen an ihre Untersuchungen zu treffen, um allen künftigen Behauptungen in bezug auf Verstöße nachzugehen und mir regelmäßig über die Entwicklung der Situation Bericht zu erstatten, was die Einhaltung der einschlägigen Ratsresolutionen angeht.

893. Der Sicherheitsrat ersuchte mich außerdem, mit den Nachbarstaaten Ruandas, insbesondere Zaire, Konsultationen über die mögliche Dislozierung von Beobachtern der Vereinten Nationen auf den Flugplätzen und an Grenzübergängen zu führen, mit dem Ziel, das Waffenembargo besser durchzuführen und von einer embargowidrigen Lieferung von Waffen an die Streitkräfte der ehemaligen ruandischen Regierung abzuschrecken. Ich richtete ein Schreiben an die Regierung Zaires, in dem ich ihre Aufmerksamkeit auf diese Bestimmung lenkte und ihre Zustimmung zur Stationierung von Beobachtern erbat. Ferner schrieb ich an die Regierungen Zaires, Ugandas und der Vereinigten Republik Tansania und ersuchte sie, die Kommission zu empfangen und ihr bei ihren Untersuchungen behilflich zu sein.

894. Der Rat forderte die Staaten auf, soweit noch nicht geschehen mit der Kommission voll zusammenzuarbeiten, die augenscheinliche Mittäterschaft ihrer Staatsangehörigen bei Verstößen gegen das Embargo zu untersuchen und der Kommission die Ergebnisse ihrer Untersuchungen zur Verfügung zu stellen. Die Kommission ist in das ostafrikanische Zwischenseengebiet zurückgekehrt, um ihre Untersuchungen im Einklang mit Resolution 1053 (1996) fortzuführen, und sie soll mir ihre Ergebnisse so rechtzeitig vorlegen, daß ich meinen Bericht an den Rat wie erbeten bis zum 1. Oktober fertigstellen kann.

895. In einem an mich gerichteten Schreiben vom 29. Mai bat Präsident Mobutu Sese Seko darum, Beobachter der Vereinten Nationen nach Nord- und SüdkIVu zu dislozieren, um den Güterstrom durch die Flughäfen von Goma und Bukavu und die Personenbewegungen entlang der gemeinsamen Grenze Zaires mit Ruanda und Burundi zu überwachen. Ich setzte den Präsidenten des Sicherheitsrats am 4. Juni von dieser Entwicklung in Kenntnis und informierte ihn, daß ich in Anbetracht der von dem Präsidenten Zaires eingenommenen Haltung und gemäß dem Ersuchen des Rates auch mit anderen Nachbarstaaten Ruandas Konsultationen über diese Maßnahmen führe und den Rat über deren Reaktion unterrichten werde. Ich tat außerdem meine Absicht kund, eine technische Mission in das Gebiet zu entsenden, mit dem Auftrag, Informationen zu sammeln und einen Bericht zu erstellen, auf dessen Grundlage ich dem Rat entsprechende Empfehlungen betreffend eine schließliche Dislozierung von Beobachtern der Vereinten Nationen vorlegen würde. Ich wies darauf hin, daß eine solche Dislozierung nur dann möglich sei, wenn die erforderlichen Finanzmittel zur Verfügung gestellt würden.

896. Das Sekretariat stellte eine zehnköpfige technische Mission zusammen, welche die Flughäfen von Goma und Buvaku sowie die im Schreiben des Präsidenten Mobutu erwähnten zairischen Grenzgebiete besuchen sollte, um die Modalitäten für eine Dislozierung von Beobachtern der Vereinten Nationen gemäß Resolution 1053 (1996) zu prüfen, einschließlich der nötigen Zahl an Beobachtern, ihres Standorts und der von ihnen benötigten logistischen Unterstützung.

897. Am 13. Juni bekräftigte der Stellvertretende Premierminister und Minister des Inneren Zaires die grundsätzliche Zustimmung Präsident Mobutus zur Dislozierung von Beobachtern der Vereinten Nationen in Zaire, bat jedoch über den residierenden Vertreter des UNDP in Kinshasa gleichzeitig darum, die Entsendung des technischen Teams noch so lange aufzuschieben, bis der Regierung Zaires eine detailliertere Aufgabenstellung vorliege und einige Punkte geklärt seien, darunter die Frage, ob weitere Länder der Region ebenfalls die Dislozierung von Beobachtern der Vereinten Nationen akzeptiert hätten. Darauf hinweisend, daß die Entscheidung des Generalsekretärs, ein technisches Team zu entsenden, eine direkte Reaktion auf die Bitte Präsident Mobutus in seinem Schreiben vom 29. Mai darstelle, übermittelte das Sekretariat gleichwohl am folgenden Tag den zairischen Behörden eine detaillierte Aufgabenstellung sowie Antworten auf alle von ihnen aufgeworfenen Fragen. Am 9. Juli schrieb der Minister des Inneren Zaires an den residierenden Vertreter des UNDP in Kinshasa, er möge den Entschluß seiner Regierung weiterleiten, die technische Mission in Kinshasa zu empfangen, um ihre Aufgabenstellung sowie damit zusammenhängende Fragen der Dislozierung von Militärbeobachtern zu erörtern.

898. Der Untergeneralsekretär für Friedenssicherungseinsätze wies in seiner Antwort vom 10. Juli darauf hin, daß die Aufgabenstellung der Mission in Ziffer 7 der Resolution 1053 (1996) enthalten sei, und erinnerte daran, daß der Regierung Zaires bereits eine detaillierte Aufgabenstellung sowie die Zusatzinformationen, um die sie nachgesucht hatte, zugegangen seien. Der Untergeneralsekretär ersuchte den Minister zu bestätigen, daß die Regierung bereit sei, die technische Mission auf dieser Grundlage zu empfangen, so daß das Sekretariat ein konkretes Datum für den Besuch vorschlagen könne.

899. Die sichere, organisierte und freiwillige Rückführung ruandischer Flüchtlinge ist nach wie vor eine Priorität. Die Effizienz, mit der die Regierung Ruandas die im August 1995 von Zaire vorgenommene Zwangsrückführung von etwa 13.000 Flüchtlingen bewältigte, zeugte von den Fortschritten bei der Stabilisierung Ruandas. Trotz der unerwarteten Ausweisung führte die Regierung die Aufnahme und die Wiederansiedlung ihrer Staatsangehörigen mit Hilfe der UNAMIR, der Organisationen der Vereinten Nationen und der nichtstaatlichen Organisationen auf eine im allgemeinen humane und geregelte Weise durch. Ruandische Vertreter haben erneut erklärt, daß sie eine Rückkehr der Flüchtlinge wünschten und alles in ihrer Macht Stehende tun würden, um deren freiwillige Rückkehr unter sicheren und menschenwürdigen Bedingungen zu erleichtern.

900. Im Juli 1996 wurden etwa 15.000 ruandische Flüchtlinge zwangsweise aus Burundi repatriiert. Mit Hilfe des Amtes des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (UNHCR) und der Internationalen Organisation für Wanderung (IOM) wurde der Großteil dieser Flüchtlinge in ihre Heimatgemeinden befördert. Die Regierung Burundis hatte im Anschluß an die am 17. Juli in Bujumbura abgehaltene sechste Tagung der Dreiparteienkommission (UNHCR/Ruanda/Burundi) angekündigt, sie werde alle Lager mit ruandischen Flüchtlingen schließen. Seit dem Staatsstreich haben die Behörden die Rückführungsprogramme für die ruandischen Flüchtlinge jedoch ausgesetzt.

901. Im September 1995 ergriffen die beiden Dreiparteienkommissionen unter Beteiligung Ruandas, der Vereinigten Republik Tansania, Zaires und des UNHCR praktische Maßnahmen für eine großangelegte Rückführung. Ruanda erklärte sich bereit, die Aufnahmeeinrichtungen auszubauen, die Grenzkontrollen abzubauen und den Rückkehrern in Zusammenarbeit mit dem UNHCR und anderen Menschenrechtsorganisationen Sicherheit und Schutz zu gewähren. Zaire erklärte sich bereit, in den innerhalb seiner Grenzen befindlichen Lagern alle Formen der Einschüchterung zu reduzieren. In Vorbereitung auf den erwarteten Anstieg der Zahl der Rückkehrer nach Ruanda erweiterte das UNHCR seine Informationskampagne zur Förderung der Rückkehr von Flüchtlingen, und baute seine Einrichtungen an den offiziellen Grenzübergängen aus, um den ordnungsgemäßen Empfang aller Rückkehrer sicherzustellen. In Zusammenarbeit mit dem UNDP wurden auch in den Herkunftsgemeinden verstärkte AktIVitäten unternommen, um mit der Wiedereingliederung der Rückkehrer zu beginnen.

902. Obgleich das UNHCR, Ruanda und die Aufnahmeländer konzertierte Bemühungen zur Beschleunigung einer freiwilligen Rückkehr unternommen haben, ging diese nicht in einheitlichem Tempo voran. Von einem Monatsdurchschnitt von 5.000 Menschen während des Großteils des Jahres 1995 stieg die Zahl der Rückkehrer im Januar 1996 auf mehr als 14.000 und auf 23.000 im Februar, um danach wieder auf ihren vorherigen Wert von durchschnittlich 5.000 Menschen pro Monat zu sinken. Schätzungsweise befinden sich jedoch noch 1,1 Millionen ruandische Flüchtlinge in Zaire, 511.000 in der Vereinigten Republik Tansania und 97.000 in Burundi. Trotz nachhaltiger Bemühungen bleiben viele schwierige Fragen im Zusammenhang mit der Rückführung nach wie vor ungelöst, und die Zahl der Rückkehrer wird wohl nicht erheblich steigen. In der Masisi-Region Zaires wird die Situation durch bürgerkriegsartige Auseinandersetzungen verschärft. Mehr als 16.000 von den Tutsi abstammende Banyarwanda, denen 1981 ihre zairische Staatsbürgerschaft aberkannt worden war, sind aus dieser Region geflohen und haben im April die Grenze nach Ruanda überquert. Diese Vertreibungen und die damit einhergehenden Tötungen hatten schwerwiegende humanitäre Folgen und schufen zusätzliche Probleme zwischen den Regierungen Ruandas und Zaires.

903. Im Juli wurden annähernd 15.000 in Burundi lebende Flüchtlinge zwangsweise nach Ruanda repatriiert. Die Hohe Kommissarin der Vereinten Nationen für Flüchtlinge protestierte in Schreiben an die Staatschefs Burundis und Ruandas gegen diese Zwangsrückführung, welche unter Mißachtung der entsprechenden Dreiparteienkommission und in Kollusion mit den Streitkräften der betreffenden Länder durchgeführt wurde. Glücklicherweise wurde die Operation abgebrochen, bevor eine noch größere Zahl von Menschen zwangsrepatriiert werden konnte.

904. Die Haupthindernisse für die freiwillige Rückkehr von Flüchtlingen sind nach wie vor die Furcht vor Unterdrückung, Einschüchterung, Fehlinformationen und politische Verunsicherung seitens der Streitkräfte der ehemaligen ruandischen Regierung und deren Führer in den Lagern. Das Problem wird dadurch noch verschärft, daß die Lebensbedingungen in den Lagern fälschlicherweise als besser eingeschätzt werden, als die in der Heimat zu erwartenden. Die Flüchtlinge fürchten außerdem, daß sie aufgrund des Verdachts, bei dem Völkermord von 1994 eine Rolle gespielt zu haben, bei ihrer Rückkehr Repressalien, der Denunziation oder der Gefangennahme ausgesetzt sein werden. Die Regierung hat immer wieder erklärt, daß zwar alle Flüchtlinge willkommen seien, daß aber diejenigen, die den Völkermord geplant oder ausgeführt hätten, gefangengenommen würden. Ein weiterer Abschreckungsfaktor ist die Knappheit an geeignetem Wohnraum. Bei einer großangelegten Rückführung wird es unweigerlich zu Konflikten über Wohnraum und Eigentum kommen. Dennoch bleibt die Rückführung die einzige dauerhafte Lösung des Flüchtlingsproblems, und die diesbezüglichen Anstrengungen sollten weitergeführt und beschleunigt werden. Die nationale Aussöhnung wird nicht nur von der sicheren Rückführung und Wiedereingliederung der Flüchtlinge abhängen, sondern auch von einem wirksamen und glaubwürdigen nationalen Gerichtssystem, das Gerechtigkeit und Gleichbehandlung für alle Ruander sicherstellt.

905. Bedingt durch verfassungs- und verwaltungsmäßige sowie personelle Zwänge hat sich die Wiederherstellung des nationalen Gerichtssystems beträchtlich verzögert, was sowohl innerhalb Ruandas als auch in der internationalen Gemeinschaft zu Frustrationen geführt hat. Notmaßnahmen zur Behebung der entsetzlichen Bedingungen in den Gefängnissen konnten nicht mit der ständig steigenden Zahl der Inhaftierten Schritt halten, die nun auf etwa 76.000 Personen geschätzt wird. Mehr als 25.000 Menschen werden in kommunalen Internierungslagern (cachots) festgehalten, wo in der ersten Hälfte des Jahres 1996 die Überbelegung drastisch anstieg und sich die Bedingungen dramatisch verschlechterten. Es kommt in diesen Lagern immer häufiger zu Krankheits- und Todesfällen, von denen einige auf Erstickung aufgrund extremer bedrängter Verhältnisse zurückzuführen sind. Auch die ruandischen Zentralgefängnisse sind weiterhin stark überbelegt, selbst wenn die hohe Sterblichkeitsrate von 1995 beträchtlich zurückgegangen ist. Seit 1995 wurde die Kapazität der Gefängnisse jedoch um 25.000 auf etwa 40.000 Plätze erhöht. Es werden nach wie vor Verhaftungen durchgeführt, die meisten davon außerhalb gerichtlicher Verfahren, während die Zusammenstellung und Vorbereitung von Prozeßakten nach wie vor nur langsam voranschreitet. Vorverfahrensausschüsse sind nur in wenigen Präfekturen zusammengetreten, weswegen bislang nur sehr wenige Häftlinge freigelassen worden sind. Der Justizminister hat um internationale Hilfe bei der Errichtung solcher Ausschüsse in allen 147 Kommunen nachgesucht.

906. Gegen Ende 1995 begann der neu errichtete Oberste Gerichtshof Ruandas mit der Überprüfung des Gerichtssystems, um sicherzustellen, daß es seine Tätigkeit wieder aufnehmen kann, und daß die für den Völkermord Verantwortlichen vor Gericht gebracht werden. Die Verfahren für die Festnahme und Inhaftnahme wurden ebenfalls überprüft. Am 13. Januar 1996 verkündete die Nationalversammlung Verfassungsänderungen, welche es erlauben, Verdächtige vor Gericht zu bringen, obwohl Völkermord im ruandischen Strafgesetzbuch nicht erwähnt wird. Bisher hat jedoch noch kein Prozeß stattgefunden.

907. Angehörige des Feldeinsatzes der Vereinten Nationen für Menschenrechte in Ruanda haben auch weiterhin regelmäßig Gefängnisse und Internierungslager besucht und Unterstützungsleistungen für das Gerichtssystem und zur Förderung der Menschenrechte erbracht. Wichtigstes Anliegen des Einsatzes ist die Vertrauensbildung und die Überwachung der Menschenrechte unter den Rückkehrern. Bei seinen Bemühungen, Verstöße auszuräumen und die Haftbedingungen im Einklang mit den internationalen Menschenrechtsnormen zu verbessern, stimmt sich der Feldeinsatz mit dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) ab.

908. Der Einsatz wurde jedoch durch einen Mangel an sicheren und vorhersehbaren Finanzierungsquellen beeinträchtigt. Obgleich die Regierung es deutlich machte, daß sie eine Anhebung der Zahl der Menschenrechtsbeobachter auf 300 wünsche, betrug die tatsächliche Zahl der Beobachter im Juni 1996 nur 116. Des weiteren hat der Abzug der UNAMIR dem Einsatz eine wichtige Unterstützungsgrundlage entzogen. Ich bin nach wie vor überzeugt, daß der Feldeinsatz ein wichtiger Teil der Präsenz der Vereinten Nationen in Ruanda ist. Leider wird seine weitere Existenz durch den hartnäckigen Mangel an Finanzmitteln gefährdet.

909. Am 12. Dezember 1995 gab das Internationale Strafgericht für Ruanda seine erste Anklageschrift heraus. Am 8. Januar 1996 fand seine zweite Plenarsitzung in Aruscha (Vereinigte Republik Tansania) statt, und am 19. Februar wurden zwei weitere Anklageschriften angekündigt. Haftbefehle wurden erlassen, und es wurden bis zur Fertigstellung ständiger Einrichtungen in Aruscha temporäre Vorkehrungen für die Untersuchungshäftlinge getroffen. Voraussichtlich wird das Strafgericht im Laufe des Jahres 1996 zwölf Prozesse veranstalten.

910. Am 29. Februar ernannte der Sicherheitsrat Richterin Louise Arbour (Kanada) zur Leiterin der Anklagebehörde bei dem Internationalen Gericht. Sie tritt damit die Nachfolge von Richter Richard Goldstone (Südafrika) an, dessen Rücktritt zum 1. Oktober wirksam wird.

911. Im April kamen das Strafgericht und die Regierung Ruandas zu einer Einigung über die Anmietung des Amahoro-Hotels in Kigali, das zuvor von der UNAMIR belegt gewesen war. Auch wurde eine Einigung über den Schutz des Personals, der Räumlichkeiten und der Untersuchungsteams des Strafgerichts erzielt, deren Sicherheit und Schutz hauptsächlich der Regierung Ruandas obliegt.

912. Mit der fortschreitenden Verbesserung der humanitären Situation in Ruanda wurde die Nothilfe stetig in Hilfe zur Normalisierung, zum Wiederaufbau und zur Entwicklung übergeleitet. In diesem Zusammenhang möchte ich auf die Bemühungen der UNAMIR und die Unterstützung verweisen, die sie über ihre auftragsgemäßen Aufgaben hinaus dabei geleistet hat, die Normalisierung und den Wiederaufbau im Lande anzukurbeln. Sie baute 14 Brücken wieder auf und setzte 13 Straßen instand. Sie machte den Flughafen von Kigali wieder betriebsfähig und stellte Sonnenkollektoren, Antennen, Verstärker und anderes Gerät zur Verfügung, um die Telefonverbindungen wiederherzustellen. Ihr medizinisches Personal behandelte täglich 1.600 Personen und impfte 62.000 Menschen. Sie stellte nicht nur medizinische Hilfsgüter und Ausbildung für einheimisches Krankenhauspersonal im ganzen Land zur Verfügung, sondern half auch beim Transport von einer Million Flüchtlingen und Vertriebenen und war bei ihrer Wiederansiedlung durch die Verteilung von Nahrungsmitteln, Saatgut, landwirtschaftlichem Gerät und sogar Vieh behilflich. Ferner war sie bei der Entlastung der überbelegten Gefängnisse behilflich, indem sie Raum für etwa 20.000 Gefangene schuf und etwa 10.000 Gefangene an andere Orte verbrachte. Schließlich räumte sie über 1.400 Minen und beseitigte mehr als 1.500 nicht zur Wirkung gelangte Munitionsartikel.

913. Um dem Umstand Rechnung zu tragen, daß das Land in eine Übergangsphase eingetreten war, in der es statt operatIVer Nothilfe längerfristige Wiederaufbau- und Entwicklungshilfe benötigt, wurden die Aufgaben des Büros der Vereinten Nationen für Nothilfemaßnahmen für Ruanda mit Wirkung vom 31. Oktober 1995 von dem residierenden Koordinator, der auch zum humanitären Koordinator bestellt worden war, mit übernommen. Bis Mitte 1995 waren alle Lager für Binnenvertriebene in Ruanda geschlossen worden, und die Mehrzahl der Vertriebenen war in ihre Heimatgemeinden zurückgekehrt.

914. 1995 bezifferte der konsolidierte interinstitutionelle Beitragsappell der Vereinten Nationen für die von der Krise in Ruanda betroffenen Menschen den Bedarf für Ruanda und die Subregion auf insgesamt 668.214.031 US-Dollar. Bis Februar 1996, dem Schlußtermin des Appells, waren insgesamt 535.412.857 Dollar an Beiträgen und Beitragszusagen für die Hilfsprogramme des Systems der Vereinten Nationen und seiner humanitären Partnerorganisationen eingegangen. Die Regierung Ruandas wies Pläne zurück, im Jahr 1996 einen getrennten Appell für Nothilfe in Ruanda zu erlassen. Stattdessen wurde Ruanda in dem im Februar erlassenen konsolidierten Mittelbeschaffungsdokument der Vereinten Nationen für das ostafrikanische Zwischenseengebiet (1. Januar bis 31. Dezember 1996) miterfaßt. Im Zuge einer gesonderten InitiatIVe der Hauptabteilung Humanitäre Angelegenheiten wurde im November 1995 das Integrierte regionale Informationsnetz in Nairobi eingerichtet, um die Informationsverbreitung aus der RegionalperspektIVe über die Entwicklungen im ostafrikanischen Zwischenseengebiet an die humanitären Partnerorganisationen zu erleichtern. Bei der Rundtischkonferenz über Ruanda, die am 20. und 21. Juni 1996 in Genf stattfand, sagten Geber über 627 Millionen Dollar für den mittelfristigen Plan der Regierung für 1996-1998 zu.

915. Aus dem Einsatz der Vereinten Nationen in Ruanda, dessen Mandat infolge der rapiden Entwicklung der Ereignisse einige Male geändert wurde, können viele Lehren gezogen werden. Eine der wichtigsten ist vielleicht die, daß Flexibilität nötig ist, wenn es gilt, das Mandat eines Einsatzes an die Erfordernisse des Augenblicks anzupassen.

916. In der letzten Einsatzphase, nach Kriegsende, übte die Regierung Ruandas großen Druck auf die Vereinten Nationen aus, ihr praktische Hilfe zu gewähren, und zwar mittels der Bereitstellung von Ressourcen, über die zwar die UNAMIR verfügte, an denen jedoch seitens der Regierung und im gesamten Land akuter Mangel bestand. Die UNAMIR hatte nicht den Auftrag, eine solche Unterstützung zu gewähren und versäumte so eine Gelegenheit, einen Teil ihrer Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen, die sie in den Augen der Regierung verloren hatte, als sie unmittelbar nach dem Völkermord abrupt einen Großteil ihres Personals abzog.

917. Diese Erfahrung in Ruanda hat gezeigt, daß es zwischen dem Ende eines Konflikts und dem Einsetzen der Friedenskonsolidierung einen Zeitraum gibt, in dem die Friedenssicherung der Vereinten Nationen eine einzigartige Rolle beim grundlegenden Wiederaufbau übernehmen kann. Unter der Gesamtaufsicht des Sonderbeauftragten des Generalsekretärs können die Pionier- und die Logistikanteile in enger Zusammenarbeit mit der Regierung und den Organisationen der Vereinten Nationen bei der Wiedereröffnung von Flughäfen, der Wiederherstellung lebenswichtiger Dienstleistungen wie der Wasser- und Stromversorgung und der Telekommunikation, beim Wiederaufbau der wichtigsten Gebäude und bei der Wiederaufnahme öffentlicher Dienstleistungen wie Krankenhäuser und Schulen helfen. Aus dem Fall Ruanda kann die Lehre gezogen werden, daß ein umfassenderer und flexiblerer Ansatz, der auf der Abschätzung der tatsächlichen Bedürfnisse des Gastlandes beruht, sowie ein Friedenssicherungseinsatz mit einem Mandat, einer Struktur und einem Etat, die ihn dazu befähigen könnte, diese Art der Hilfe zu erbringen, dazu beitragen könnte, Belastungen zu vermeiden, wie sie die UNAMIR während ihres gesamten Einsatzes in Ruanda erfahren mußte.

918. Während sich die Situation in Ruanda weiter normalisiert, bestehen Spannungen und Instabilität im ostafrikanischen Zwischenseengebiet fort. Die Beziehungen zwischen Ruanda, Zaire und Kenia haben sich verschlechtert. Nach wie vor existiert in der Region die Gefahr eines weiteren gewalttätigen Konflikts. Um einen Beitrag zur Bearbeitung der anstehenden Probleme zu leisten, habe ich einen Sonderbotschafter, José Luis Jesus, in die Region entsandt, mit dem Auftrag, gemeinsam mit den betreffenden Regierungen zu untersuchen, wie Fortschritte in Richtung auf eine Regionalkonferenz zu Fragen des Friedens, der Sicherheit und der Entwicklung erzielt werden können. Die Ergebnisse seiner Mission wurden dem Sicherheitsrat mit meinem Schreiben vom 30. Oktober übermittelt. Da zwischen den betreffenden Regierungen kein Konsens erzielt werden konnte, mußte der Gedanke, eine Regionalkonferenz zu veranstalten, vorläufig ausgesetzt werden, und die Mission meines Sonderbotschafters wurde eingestellt. Obgleich der Rat mich mehrfach ermutigt hat, dieser Frage weiter nachzugehen, haben sich die Aussichten für die Regionalkonferenz infolge des weiteren Zögerns von zwei Ländern der Region nicht gebessert.

919. Am 28. November 1995 trafen jedoch die Staatschefs Burundis, Ruandas, Ugandas und Zaires sowie ein Vertreter der Vereinigten Republik Tansania in Kairo auf einer Konferenz zusammen, die der ehemalige Präsident der Vereinigten Staaten, Jimmy Carter, organisiert hatte. Die Ziele dieser Konferenz ähnelten denjenigen, die der Sicherheitsrat für eine Regionalkonferenz ins Auge gefaßt hatte. Am 29. November wurde eine Erklärung abgegeben, in der sich die Parteien verpflichteten, konkrete Maßnahmen zur Förderung des Friedens, der Gerechtigkeit, Aussöhnung, Stabilität und Entwicklung in der Region zu treffen. Eine zweite Konferenz dieser Art fand vom 16. bis 18. März 1996 in Tunis statt. In der Zwischenzeit besuchten die ehemaligen Staatschefs der Republik Mali und der Vereinigten Republik Tansania, General Amadou Toumani Touré und Julius Nyerere, beide Förderer des Gipfeltreffens von Kairo, Ruanda und andere Länder der Region, um die Schritte zu überwachen, die zur Verwirklichung der Empfehlungen dieser Begegnungen unternommen werden.

24. Sierra Leone

920. Nachdem mich die Regierung Sierra Leones um meine Guten Dienste gebeten hatte, um die Verhandlungen zwischen ihr und der Revolutionären Einheitsfront (RUF) zu erleichtern, beschloß ich im Februar 1995, Berhanu Dinka zu meinem Sonderbotschafter für Sierra Leone zu ernennen. Dieser hat seither eng mit der OAU, dem Commonwealth-Sekretariat und den anderen Organisationen zusammengearbeitet, welche die Verhandlungen in Sierra Leone unterstützen. Bei seinen Bemühungen um die Herstellung von Kontakten zur Führung der RUF wandte sich mein Sonderbotschafter mit Erfolg um Hilfe an amtliche Organe, PrIVatpersonen und nichtstaatliche Organisationen in Sierra Leone sowie in der gesamten Subregion. Zusätzlich zu diesen Bemühungen ermutigte er die Regierung zur Demokratisierung des politischen Prozesses, einschließlich des Übergangs zu einer gewählten Zivilregierung, und war ihr dabei behilflich.

921. Im April 1995 bekräftigte die Regierung Sierra Leones, daß sie auch weiterhin auf ein Übergangsprogramm mit dem Ziel der Abhaltung von Wahlen Anfang 1996 verpflichtet sei. In diesem Sinne unternahm sie eine Reihe wichtiger Schritte zur Unterstützung staatsbürgerlicher Institutionen, wie die Einrichtung der Interimistischen nationalen Wahlkommission und der Nationalen Kommission für Demokratie, zur Förderung der staatsbürgerlichen Erziehung und Wählererziehung im Lande und zur Vorbereitung der Wahlen. Eine im August 1995 abgehaltene Nationale Beratungskonferenz für die Wahlen verabschiedete die nötigen Regelungen und Verfahren und legte das Datum der Wahlen für den 26. Februar 1996 fest.

922. In meinem Bericht an den Sicherheitsrat vom 21. November 1995 umriß ich die von der Regierung und meinem Sonderbotschafter unternommenen Bemühungen um die Aufnahme von Verhandlungen mit der RUF sowie auf den Gebieten der Demokratisierung, der Sicherheit, der sozioökonomischen Kosten des Krieges und der humanitären Bedürfnisse des Landes. Ich informierte den Rat, daß trotz aller Bemühungen, mit der RUF zur Vereinbarung eines Treffens oder von Verhandlungen Kontakt aufzunehmen, die Führer der Gruppe nach wie vor schwer zu erreichen waren und nicht reagierten. Ich stellte außerdem fest, daß ein Aufschub der Wahlen Gewalt nach sich ziehen und den Demokratisierungsprozeß gänzlich zum Stillstand bringen könnte. Ich wies darauf hin, daß es in Sierra Leone gewisse Elemente gebe, die den Wahlprozeß sabotieren wollten, wie der versuchte Staatsstreich vom 2. Oktober zeige.

923. Angesichts der in dem Land herrschenden Bedingungen wies ich meinen Sonderbotschafter an, die Regierung und die Führer der politischen Parteien zu ermutigen, die Integrität des Prozesses zu schützen und sicherzustellen, daß die Wahlen frei und fair abliefen und ihr Ergebnis nicht angefochten werde. In einer Erklärung des Präsidenten vom 27. November unterstützte der Sicherheitsrat meine eigenen Bemühungen und die meines Sonderbotschafters, verlangte eine sofortige Einstellung der Kampfhandlungen und brachte seine nachdrückliche Unterstützung für die Arbeit der interimistischen nationalen Wahlkommission zum Ausdruck.

924. Um die Regierung in ihren Bemühungen zur Herbeiführung einer Verhandlungsregelung mit der RUF und zur Demokratisierung des politischen Prozesses zu bestärken sowie im Zusammenhang mit dem wiedererwachten Interesse der internationalen Gemeinschaft an den beiden in Sierra Leone ablaufenden Prozessen stattete ich am 29. November Freetown einen Besuch ab. Der Staatschef und Vorsitzende des Vorläufigen nationalen Regierungsrats, Hauptmann Valentine Strasser, versicherte mir, daß die Wahlen am 26. Februar 1996 stattfinden würden, daß das Volk Sierra Leones die Demokratisierung unterstütze und daß alle Vorkehrungen für die Abhaltung der Wahlen getroffen würden.

925. Mein Sonderbotschafter konnte zum ersten Mal Anfang Dezember in Abidjan und Accra mit Vertretern der RUF zusammentreffen. Er betonte ihnen gegenüber, daß die internationale Gemeinschaft die Friedensgespräche und die Abhaltung der Wahlen sehr befürworte. Die Vertreter der RUF erklärten, daß ihre Organisation bereit sei, unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen Verhandlungen mit dem Vorläufigen nationalen Regierungsrat aufzunehmen und sich an den Wahlen zu beteiligen. Sie baten außerdem um humanitäre Hilfe für die in den von der RUF kontrollierten Gebieten lebenden Menschen sowie um finanzielle und technische Hilfe, damit die RUF an den Verhandlungen teilnehmen könne.

926. Im Dezember 1995 erließ der Vorläufige nationale Regierungsrat jedoch mehrere Dekrete zur Regelung der anstehenden Wahlen, welche die Befugnisse der Interimistischen nationalen Wahlkommission zu beschneiden und bestimmte politische Parteien auf Kosten anderer zu bevorzugen schienen. Dieses Vorgehen wurde als Signal ausgelegt, daß sich das Bekenntnis des Rates zur Abhaltung freier und fairer Wahlen abgeschwächt hatte.

927. Am 16. Januar 1996 stürzte Brigadegeneral Julius Maada Bio Hauptmann Strasser in einem Militärputsch und löste ihn als Staatschef und Vorsitzenden des Vorläufigen nationalen Regierungsrats ab. Obgleich er die Bevölkerung des Landes der Verpflichtung des Rates auf den demokratischen Prozeß versicherte, stellte sich heraus, daß Elemente innerhalb des Rates einen Aufschub der Wahlen befürworteten, und zwar mit der vorgeschobenen Begründung, einer InitiatIVe "Frieden vor den Wahlen" eine Chance zu geben. Am 9. Februar sandte ich über meinen Sonderbotschafter eine Nachricht an den Vorsitzenden Bio, in der ich die Sorge äußerte, daß die jüngsten Entwicklungen den Zeitplan für die Wahlen zu gefährden schienen.

928. Nachdem der Vorsitzende der Interimistischen nationalen Wahlkommission jedoch darauf bestand, daß über jedwede Verschiebung der Wahlen durch den Vorläufigen nationalen Regierungsrat erst die Nationale Beratungskonferenz entscheiden müsse, stimmte der Vorsitzende Bio einer Einberufung der Konferenz für den 12. Februar zu. Obwohl der Vorläufige nationale Regierungsrat und Vertreter des Militärs ihr davon abrieten, beschloß die Beratungskonferenz mit überwältigender Mehrheit, den 26. Februar als Datum für die Wahl beizubehalten. Am 13. Februar gab ich in New York eine Presseerklärung ab, in der ich die Konferenz und den Vorläufigen nationalen Regierungsrat zu ihrer Verpflichtung auf die Fortsetzung des demokratischen Prozesses beglückwünschte und die RUF aufforderte, von einer Störung der Wahlen abzusehen. In einer am 15. Februar verabschiedeten Erklärung der Präsidentin begrüßte der Sicherheitsrat den Beschluß der Konferenz ebenso wie das erneute Versprechen des Vorläufigen nationalen Regierungsrats, sich diesem Beschluß zu unterwerfen, und nahm Kenntnis von der Bestätigung der Interimistischen nationalen Wahlkommission, daß alle erforderlichen technischen Vorkehrungen für das Voranschreiten der Wahlen getroffen seien.

929. Auf Ersuchen der Regierung arbeiteten die Sekretariats-Abteilung Wahlhilfe und das UNDP bei der Festlegung der technischen Voraussetzungen für die Organisation des Wahlvorgangs eng mit der Interimistischen nationalen Wahlkommission zusammen und richteten ein Projekt in Freetown ein, durch das die internationale finanzielle und technische Unterstützung für den Wahlvorgang koordiniert und die Tätigkeit der internationalen Beobachtergruppen erleichtert werden sollte. Am 30. November 1995 fand am Amtssitz der Vereinten Nationen eine Geberkonferenz statt. Das UNDP stellte der Interimistischen nationalen Wahlkommission einen leitenden technischen Berater, zwei Berater und vier VN-Freiwillige zur Seite, welche ein kleines Sekretariat zur Koordinierung der AktIVitäten der internationalen Wahlbeobachter einrichteten.

930. Die Parlaments- und Präsidentschaftswahlen fanden wie vorgesehen am 26. und 27. Februar 1996 statt, gefolgt von einem zweiten Durchgang der Präsidentschaftswahlen am 15. März. Die vom Wahlhilfesekretariat der Vereinten Nationen koordinierte Gemeinsame internationale Beobachtergruppe erklärte, daß die Wahlen trotz einiger Einschüchterungsversuche durch bewaffnete Elemente auf korrekte und transparente Weise durchgeführt worden seien. Die Sierraleonische Volkspartei konnte die größte Zahl der Sitze in der LegislatIVe auf sich vereinigen, und ihr Führer, Al Haji Ahmed Tejan Kabbah, wurde im zweiten Wahldurchgang zum Präsidenten gewählt. Der Vorsitzende des Vorläufigen nationalen Regierungsrats kündigte an, er werde die Regierungsgewalt binnen zwei Wochen dem neugewählten Parlament und dem neuen Präsidenten übergeben. Die Amtseinführung Präsident Kabbahs fand am 29. März statt.

931. Der Sicherheitsrat begrüßte die Wahlen in einer am 19. März verabschiedeten Erklärung des Präsidenten und forderte die RUF auf, das Wahlergebnis zu akzeptieren, die Waffenruhe aufrechtzuerhalten und ohne Vorbedingungen in einen vollen Friedensdialog einzutreten. Nach ersten Kontakten trafen Vertreter des Vorläufigen nationalen Regierungsrats und der RUF Ende Februar in Abidjan zusammen. Gastgeber der Gespräche war die Regierung Côte d'Ivoires; mein Sonderbotschafter sowie Vertreter der OAU und des Commonwealth nahmen als Vermittler teil. Am 25. und 26. März fand unter dem Vorsitz des Präsidenten von Côte d'Ivoire, Henri Konan Bedié, in Yamoussoukrou ein Treffen zwischen dem Vorsitzenden des Vorläufigen nationalen Regierungsrats, Brigadegeneral Bio, und dem Führer der RUF, Korporal Foday Sankoh, statt. In einem gemeinsamen Kommuniqué kamen beide Seiten überein, die Gespräche nach Amtsantritt der neuen Regierung weiterzuführen.

932. In seiner Antrittsrede brachte Präsident Kabbah den Vereinten Nationen seinen Dank für ihre Bemühungen zur Unterstützung des Demokratisierungs- und Friedensprozesses in Sierra Leone zum Ausdruck. Er erklärte, daß das Streben nach einem dauerhaften Frieden die höchste Priorität seiner Regierung sein werde und daß er Korporal Sankoh bei der ersten sich bietenden Gelegenheit treffen werde. Präsident Kabbah und Korporal Sankoh trafen am 23. April in Yamoussoukrou zusammen und vereinbarten, die Einstellung der Feindseligkeiten aufrechtzuerhalten. Sie kamen ebenfalls überein, daß drei gemeinsame Arbeitsgruppen die Arbeit an Vereinbarungen aufnehmen würden, deren Gegenstand ein Friedensabkommen, die Lagerunterbringung und Entwaffnung sowie die Demobilisierung und Wiederansiedlung der Kombattanten sein werde.

933. Die drei gemeinsamen Arbeitsgruppen hielten unter dem Vorsitz des Außenministers Côte d'Ivoires vom 6. bis 27. Mai in Abidjan Erörterungen ab, bei denen mein Sonderbotschafter und die Vertreter der OAU und des Commonwealth wiederum als Vermittler fungierten. Zu fast allen Artikeln des Entwurfs des Friedensabkommens konnte eine Einigung erzielt werden. Die Gespräche gerieten jedoch ins Stocken, als sich die beiden Seiten nicht über die Frage des Abzugs ausländischer Truppen aus Sierra Leone sowie über die gleichzeitige und auf gleicher Grundlage erfolgende Lagerunterbringung, Entwaffnung und Demobilisierung der Kombattanten der RUF einigen konnten.

934. Trotz der konzertierten Bemühungen meines Sonderbotschafters und der Regierungen der Nachbarländer (wie auch weiterer Länder) kamen die Gespräche für mehrere Wochen zum Stillstand. Die RUF bestand außerdem auf der Aushandlung einer Vereinbarung im Rahmen des Friedensabkommens über die Teilung der Macht mit der Regierung. Diese wiederum erklärte, sie könne den Forderungen der RUF nicht entgegenkommen, da ihr aufgrund der Verfassung die Hände gebunden seien.

935. Eine im August 1995 unter Leitung der Hauptabteilung Humanitäre Angelegenheiten nach Sierra Leone entsandte interinstitutionelle Mission forderte, daß die Vereinten Nationen ihre Rolle bei der Sicherstellung der wirksamen Auslieferung humanitärer Hilfsgüter ausweiten sollten, indem sie das "Nationale Komitee für Hilfe und Wiederaufbau" der Regierung Sierra Leones stärker unterstützten. Ich entsandte Peter Hansen, damals Untergeneralsekretär für humanitäre Angelegenheiten, im Oktober 1995 mit dem Auftrag nach Sierra Leone, die Aufmerksamkeit auf die Bedürfnisse des Landes zu lenken und die Abwicklung der humanitären Hilfe zu überprüfen. Im November 1995 ernannte der Koordinator für Nothilfe einen Koordinator für humanitäre Maßnahmen und entsandte ein Unterstützungsteam der Hauptabteilung Humanitäre Angelegenheiten, das den Koordinierungsmaßnahmen Rückhalt geben sollte.

936. Am 28. März wurde in Freetown der konsolidierte interinstitutionelle Beitragsappell der Vereinten Nationen für Sierra Leone erlassen. Die Geber wurden ersucht, 57 Millionen Dollar für humanitäre Hilfe zur Bekämpfung der schweren humanitären Krise bereitzustellen, der sich das Land gegenübersah. Der Appell richtete sich auf vier Prioritätsbereiche, nämlich die Bereitstellung lebenrettender Hilfen, die Erleichterung der Rückkehr in die Heimatgebiete, wo immer die Sicherheitssituation dies zuläßt, die Sicherstellung der Komplementarität von Hilfs- und Wiederaufbaumaßnahmen sowie die Stärkung der Koordinierung, insbesondere bei der Unterstützung der Krisenmanagementkapazität der Regierung. Bis Juli 1996 hatten die Geber 8,9 Millionen Dollar zugesagt. Die residierende Vertreterin des UNDP fungiert als Koordinatorin für humanitäre Maßnahmen in Sierra Leone und leitet die Koordinierungsgruppe der Vereinten Nationen für humanitäre Hilfe, der auch eine Reihe sierraleonischer Spezialisten angehören.

937. Der erfolgreiche Abschluß der Parlaments- und Präsidentschaftswahlen im Februar 1996 hat zu einer Schwerpunktverlagerung bei der humanitären Hilfe geführt. Mit den laufenden Friedensgesprächen wachsen die Chancen, daß die mehr als 2 Millionen sierraleonischen Flüchtlinge und Binnenvertriebenen nach Hause zurückkehren können. Dementsprechend müssen die Hilfsprogramme die Elemente betonen, die eine Rückkehr unterstützen. Die Fortschritte im Friedensprozeß werden auch den Zugang zu hilfebedürftigen Gemeinschaften verbessern. Für eine effiziente Nutzung der Ressourcen ist es wichtig, diese neuen Empfänger von Hilfe mittels eines koordinierten Ansatzes zu erfassen. Darüber hinaus erfordern die Fortschritte im Friedensprozeß eine ernsthafte Beschleunigung der DemobilisierungsaktIVitäten.

25. Somalia

938. Seit meinem letzten Bericht hat sich die politische Pattsituation in Somalia fortgesetzt, wenn auch der offene Bürgerkrieg nicht wieder ausgebrochen ist. Die Vereinten Nationen haben während dieser Zeit über ihre Organe und Organisationen humanitäre Hilfe erbracht und haben sich durch die Unterhaltung eines Politischen Büros für Somalia, das aus Sicherheitsgründen seinen Sitz in Nairobi hatte, zur Hilfestellung bei einer politischen Regelung bereitgehalten. Auch die Situation im Nordwesten des Landes blieb instabil, und es kam zu sporadischen Kampfhandlungen zwischen der Regierung Egal und Oppositionstruppen.

939. Im August 1995 hielt ein breites Spektrum somalischer Splittergruppen, mit Ausnahme der Anhänger General Mohamed Aidids und Mohamed Egals, Konsultationen in Nairobi ab, bei denen sie die Erarbeitung einer gemeinsamen politischen Plattform vereinbarten, auf deren Grundlage eine Vorbereitungstagung für eine Konferenz der nationalen Aussöhnung stattfinden sollte. Aus der Konferenz sollte ein Übergangsmechanismus hervorgehen, der als Regierungsinstanz für Somalia fungieren würde. Eine eventuelle Teilnahme General Aidids und Egals an dem Vorhaben wurde begrüßt. Im September 1995 wurden auf Einladung der Organisation der Islamischen Konferenz in Djidda (Saudi-Arabien) erneute Konsultationen zwischen den somalischen Splittergruppen abgehalten.

940. Was General Aidid betrifft, so wies er alle Aufforderungen zu Konsultationen über die nationale Aussöhnung zurück und beharrte darauf, daß unter seinem Vorsitz bereits eine Regierung gebildet worden sei und daher kein Bedarf mehr an solchen Konsultationen bestehe. Diese "Regierung" wurde jedoch von keinem Mitgliedstaat anerkannt. Im August 1995 führte die "Abrüstungskampagne" seiner "Regierung" zu heftigen Kämpfen in Mogadischu zwischen seinen Milizen und denen von Ali Mahdi, dem Vorsitzenden der Somalischen Heilsallianz (SSA), welche die relatIVe Ruhe brachen, die in der Hauptstadt seit dem Abzug der Operation der Vereinten Nationen in Somalia (UNOSOM II) im März 1995 geherrscht hatte.

941. Im September 1995 besetzten die Truppen General Aidids Baidoa. Seine Milizen plünderten Hilfsgüter und -material sowie die Getreidevorräte, die von den Menschen der Region erzeugt worden waren. Einige Mitarbeiter internationaler Hilfsorganisationen wurden mehrere Tage lang inhaftiert und ihrer Kommunikationsausrüstungen beraubt. Ali Mahdi verlangte den Rückzug General Aidids aus Baidoa und drohte ihm mit dem totalen Krieg. Militäraktionen blieben jedoch aus, und General Aidid besetzte schließlich Baidoa und Hoddur.

942. Am 19. Januar 1996 berichtete ich dem Sicherheitsrat, daß die politische Lage in Somalia seit beinahe zwei Jahren unter dem Bann einer lähmenden Pattsituation stehe, da die Führer der somalischen Splittergruppen die von ihnen in der Erklärung von Nairobi vom 24. März 1994 eingegangenen Verpflichtungen nicht erfüllt hätten. Ich wiederholte meine Überzeugung, daß ein dauerhafter Frieden in Somalia nur über einen Prozeß ausreichend breit angelegter Konsultationen zwischen den Somaliern selbst verwirklicht werden könne. Ich stellte fest, daß es auf alle Fälle ermutigend sei, daß die Mitgliedstaaten und die Regionalorganisationen trotz vieler Enttäuschungen ihr Interesse an den Entwicklungen in Somalia nicht verloren hätten.

943. Angesichts der wiederholten Bitten vieler somalischer Führer um die Unterstützung ihrer FriedensinitiatIVen durch die Vereinten Nationen wies ich darauf hin, daß sie sich gewahr werden müßten, welche tiefe Enttäuschung, ja sogar Zweifel an der Ernsthaftigkeit ihres Friedenswunsches einige ihrer Handlungen in der Vergangenheit hervorgerufen hätten. Ich riet ihnen außerdem, daß sie bei der derzeitigen Finanzkrise der Organisation am ehesten eine Chance auf eine solche Unterstützung hätten, wenn sie einige Zeichen für konkrete Fortschritte zum Frieden und zur nationalen Aussöhnung setzten. Danach unterrichtete ich den Rat über meine Absicht, das Politische Büro der Vereinten Nationen für Somalia in Nairobi vorläufig beizubehalten.

944. Aufgrund meines Berichts forderte der Sicherheitsrat in einer Erklärung des Präsidenten vom 24. Januar alle politischen Führer und Parteien Somalias auf, zu einem alle Seiten einbindenden Konsultations- und Verhandlungsprozeß zurückzukehren, dessen Ziel eine nationale Aussöhnung sei, die zur Errichtung einer nationalen Regierung auf breiter Grundlage führe. Der Rat lobte die tapferen Be

20. Myanmar

945. Splittergruppen der SSA und der Vereinigte somalische Kongreß/die Somalische Nationalallianz (USC/SNA) unter der Führung von Osman Atto begrüßten meinen Bericht und die Erklärung des Sicherheitsrats und brachten ihre Unterstützung für eine Konferenz der nationalen Aussöhnung zum Ausdruck. Sie appellierten außerdem an die Vereinten Nationen, wieder eine aktIVe politische Rolle zu spielen. Die Liga der arabischen Staaten bot finanzielle Unterstützung für eine Aussöhnungskonferenz an. Ein Sprecher General Aidids deutete jedoch an, daß seine "Regierung" nur dann daran teilnehmen würde, wenn er als Regierungschef eingeladen werde. Die anderen somalischen Führer wiesen diese Bedingung zurück.

946. Mitte März führte die Animosität zwischen Atto und General Aidid zu militärischen Konfrontationen zwischen ihren Truppen im Gebiet von Merca. Im April waren ihre Milizen außerdem im Südteil Mogadischus in heftige Kämpfe verwickelt. In der Zwischenzeit rief die SSA Anfang April zu einer Konferenz der nationalen Aussöhnung mit dem Ziel der Bildung einer Regierung der nationalen Einheit auf und forderte General Aidid und Egal auf, daran teilzunehmen. Keiner von beiden war jedoch dazu bereit.

947. Am 15. März hielt der Sicherheitsrat eine öffentliche Debatte über Somalia ab, in deren Verlauf eine Reihe von Ideen hinsichtlich einer möglichen Vorgehensweise geäußert wurden. In einem Schreiben vom 11. April unterrichtete ich den Rat, daß ich die Durchführbarkeit einer gemeinsamen Mission der Vereinten Nationen und der OAU erkunde, da bei einer solchen möglicherweise bessere Aussichten bestünden, daß sie akzeptiert werde, falls sie auf ausdrückliches Ersuchen des Rates entsandt werde. Meine Vorstellungen wurden von den Ratsmitgliedern am 17. April grundsätzlich unterstützt; sie wiesen dabei darauf hin, daß die Arabische Liga und die Organisation der Islamischen Konferenz sich möglicherweise ebenfalls an einer solchen Mission beteiligen würden.

948. Am 30. April traf ich in Nairobi mit einer Reihe somalischer Führer zusammen, die ein breites Spektrum von Splittergruppen und Clans vertraten, mit Ausnahme derer General Aidids und Egals. Ich versicherte ihnen, daß die Vereinten Nationen sich auch weiterhin der Suche nach einer Lösung der Probleme in Somalia verpflichtet fühlten. Außerdem wies ich auf das anhaltende Interesse des Rates an Somalia hin und bat die somalischen Führer, neue Vorschläge zu unterbreiten, wie die Vereinten Nationen bei dem Aussöhnungsprozeß behilflich sein könnten.

949. Im Juni und darauf im Juli brach jedoch eine neue Runde von Kampfhandlungen aus, in der General Aidid Angriffen von drei Seiten ausgesetzt war, nämlich von Muse Sudi, dem Befehlshaber der Abgal-Miliz im Medina-Bezirk Mogadischus und einem Verbündeten Mahdis in diesem Stadtteil, von Atto anderswo im Südteil Mogadischus und von Mahdi an der "grünen Linie", die den Nord- und Südteil Mogadischus trennt. Mitte Juli war aus den Kampfhandlungen ein sporadischer Feueraustausch geworden. Jedoch wurden massIVe Zusammenziehungen von Milizen an allen Fronten gemeldet, und die Kämpfe drohten ständig wiederaufzuflammen. Berichten zufolge wurde General Aidid während der sporadischen Gefechte Ende Juli verwundet, und kurz darauf wurde gemeldet, daß er seinen Verletzungen erlegen sei.

950. Mahdi und Atto erklärten unverzüglich eine einseitige Waffenruhe und forderten alle somalischen Clans auf, den Weg des Friedens einzuschlagen. Sie appellierten an die Anhänger General Aidids, nicht weiter darauf zu beharren, daß sie bereits eine "Regierung" gebildet hätten, und baten sie, an der friedlichen Wiedervereinigung Somalias mitzuwirken. Indessen erklärte Hussein Mohamed Aidid, ein Sohn General Aidids, der Berichten zufolge als Nachfolger seines Vaters vereidigt worden war, er werde die Politik General Aidids fortsetzen und interne wie externe Feinde ausschalten. Diese Entwicklungen könnten sich nachhaltig auf den politischen Prozeß in Somalia und auf die nationale Aussöhnung auswirken. Ich habe das Politische Büro der Vereinten Nationen für Somalia angewiesen, gemeinsam mit der OAU, der Organisation der Islamischen Konferenz, der Arabischen Liga und der Europäischen Union einen koordinierten Ansatz für diese Situation zu erarbeiten.

951. Obgleich seit der akuten Notlage von 1991-1992 in Somalia an der humanitären Front beträchtliche Fortschritte erzielt wurden, ist der Bedarf dennoch von Region zu Region äußerst unterschiedlich. Wo dies notwendig ist, setzen die VN-Organisationen ihre humanitäre Hilfe weiter fort, während in Gebieten, in denen die Bedingungen bereits entsprechend gediehen sind, die Normalisierung und der Wiederaufbau im Zentrum der Anstrengungen stehen. Nichtsdestoweniger wird das Tempo der Normalisierung insbesondere im Süden und in den Zentralregionen durch die herrschende Unsicherheit nach wie vor verlangsamt.

952. Der Abzug der Militärkontingente der Vereinten Nationen aus Somalia zu Beginn des Jahres 1995 erforderte aus Sicherheitsgründen eine zeitweise Evakuierung der Mitarbeiter internationaler Organisationen aus Mogadischu und einer Reihe weiterer Gebiete. Die Bedingungen schienen bald wieder sicher genug für ihre Rückkehr in die meisten Gebiete. Oft gefährdeten jedoch Banditentum und von Clans ausgehende Konflikte das Leben des internationalen Personals. Im Jahr 1995 wurden mehrere Mitarbeiter humanitärer Hilfsorganisationen zu Opfern von Gewalttaten. Dies erzwang eine erneute Evakuierung des internationalen Personals und erforderte in diesen Gebieten die zeitweilige Aussetzung der nicht unmittelbar der Nothilfe dienenden AktIVitäten, bis die örtlichen Gemeinschaften die Sicherheit des Personals und des Eigentums zusichern konnten. Da sich die Situation in Somalia ständig im Fluß befand, waren die VN-Organisationen gezwungen, sich beim Verkehr mit den Lokalverwaltungen flexibler Ansätze zu bedienen.

953. Obgleich die Situation in Somalia zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht als akute Notlage bezeichnet werden kann, hat doch das Potential für eine Verschlechterung der humanitären Lage während des zweiten Halbjahres 1995 und Anfang 1996 zugenommen. Der mangelnde Zugang zu Nahrungsmitteln oder in manchen Fällen zu den für Nahrungsmittelkäufe nötigen Devisen stellte sich in einigen Gebieten als eines der Hauptprobleme heraus. Auch ohne das Wiederaufflammen umfangreicher Kampfhandlungen kündigte sich nach den mittelmäßigen Ergebnissen der Haupternte 1995 und den Unterbrechungen des Handelsverkehrs aufgrund der in Süd- und Zentralsomalia herrschenden Unsicherheit ein Rückgang der den Haushalten zur Verfügung stehenden Ressourcen an und daraus resultierend eine Verschlechterung der Ernährungslage der somalischen Kinder und anderer schwächerer Gesellschaftsgruppen.

954. Die Schließung des Hafens von Mogadischu hat die Einfuhr von Nahrungsmitteln, Medikamenten und anderen Hilfsgütern behindert, was sich in einem drastischen Kostenanstieg ausgewirkt hat, da sich die Hilfsorganisationen in Gebieten wie Mogadischu, der Region des unteren Shebele und dem Juba-Tal zunehmend auf die Beförderung auf dem Luftweg anstatt auf dem See- oder dem Landweg verlassen mußten. Das Zusammenwirken aller dieser Faktoren hat gemeinsam mit der ausgeprägten Unsicherheit dazu geführt, daß in Gebieten, in denen in der Vergangenheit bedeutende Verbesserungen verzeichnet worden waren, erneut Mangelernährung und Krankheiten aufgetreten sind.

955. Hinzu kommt, daß die Geber den Programmen weniger Finanzmittel zur Verfügung stellen, während der Bedarf ständig steigt. Die Reaktion auf den im Dezember 1994 erlassenen konsolidierten interinstitutionellen Beitragsappell der Vereinten Nationen in Höhe von 70,3 Millionen Dollar (später auf 93,2 Millionen Dollar nach oben korrigiert) für den Sechsmonatszeitraum Januar bis Juni 1995 war nicht ermutigend. Man kam überein, vorerst keinen weiteren Appell zu erlassen, sondern die Geberbeiträge in der Zwischenzeit weiter dem Appell für die Monate Januar bis Juni 1995 zuzuführen. Zum März 1996 beliefen sich die Geberbeiträge zu dem Appell auf insgesamt 28,6 Millionen Dollar, was 30,7 Prozent des korrigierten Mittelbedarfs entspricht.

956. Da die Bedingungen innerhalb Somalias stark differieren und relatIV stabile Gebiete neben Gebieten großer Unsicherheit bestehen, ist die Erarbeitung einer einheitlichen humanitären Strategie für ganz Somalia nicht möglich. Während an einer flexiblen Strategie gearbeitet wird, versuchen die Organe und Organisationen der Vereinten Nationen, durch eine entsprechende Planung für Eventualfälle vorzusorgen, einschließlich einer schnellen Bedarfsabschätzung und der Lagerhaltung von Nahrungsmitteln und medizinischen Versorgungsgütern, wo die Mittel dies zulassen. Alle diese Bemühungen werden hoffentlich das Wiedereintreten einer Krise der Größenordnung derjenigen von 1991-1992 verhindern helfen und die während der vergangenen drei Jahre erzielten Fortschritte absichern.

26. Sudan

957. Im Anschluß an seine Behandlung eines Schreibens der Regierung Äthiopiens vom 9. Januar 1996 verabschiedete der Sicherheitsrat am 31. Januar die Resolution 1044 (1996), die den Mordanschlag auf Hosni Mubarak, den Präsidenten der Arabischen Republik Ägypten, am 26. Juni 1995 in Addis Abeba behandelte. Gemäß dem Ersuchen des Rates bemühte ich mich im Benehmen mit der OAU, die Zusammenarbeit der Regierung Sudans bei der Durchführung dieser Resolution zu erwirken. Am 6. Februar unterrichtete ich den Rat über meine Entscheidung, meinen Sonderberater, Untergeneralsekretär Chinmaya R. Gharekhan, als meinen Sonderbotschafter in das Gebiet zu entsenden, der dort die erforderlichen Konsultationen führen und sachdienliche Informationen sammeln sollte, damit der mir anvertraute Auftrag durchgeführt werden konnte. In einem an mich gerichteten Schreiben vom 8. Februar deutete die Präsidentin des Sicherheitsrats an, daß der Rat meine Entscheidung begrüße und unterstütze.

958. Im Verlauf seiner vom 18. Februar bis 2. März dauernden Mission führte mein Sonderbotschafter in Addis Abeba Konsultationen mit dem Generalsekretär der OAU und traf mit den Behörden Ägyptens, Äthiopiens, Eritreas, Sudans, Tunesiens und Ugandas zusammen. Mein Sonderbotschafter ist mit dem Generalsekretär der OAU weiter in Kontakt geblieben und wurde informiert, daß darüber beraten werde, welche weiteren Maßnahmen letzterer ergreifen könne.

959. In meinem Bericht vom 11. März gemäß Resolution 1044 (1996) stellte ich fest, daß es angesichts der Situation, über die sich mein Sonderbotschafter während seines Besuches habe vergewissern können, offensichtlich sei, daß Sudan den Forderungen des Sicherheitsrats bisher noch nicht nachgekommen sei und daß sämtliche Nachbarstaaten, denen er einen Besuch abgestattet habe, Sudan der Unterstützung terroristischer AktIVitäten innerhalb ihres Hoheitsgebiets bezichtigt hätten.

960. Nach der Verabschiedung der Resolution 1054 (1996) des Sicherheitsrats übermittelte ich deren Wortlaut am 29. April den Außenministern aller Mitgliedstaaten. Am 15. Mai richtete ich eine Verbalnote an alle Mitgliedstaaten und verwies dabei insbesondere auf die Ziffern 3, 5 und 6 der Resolution. Wo angebracht nahm das Sekretariat auch direkten Kontakt mit den von dieser Angelegenheit unmittelbar betroffenen Mitgliedstaaten auf.

961. In einem Bericht an den Sicherheitsrat vom 10. Juli legte ich die von den Mitgliedstaaten übermittelten Informationen vor. Daraus ging folgendes hervor: a) Während der Rat ermittelt hatte, daß die drei des Mordanschlags Ver Stärkung des Gerichtssystems, zur Erleichterung der Rückkehr der Flüchtlinge und deren Auslieferung sicherzustellen, behauptete die Regierung, ihre Ermittlungen über zwei der Verdächtigen hätten keine Spur ihrer Anwesenheit in Sudan ergeben, und die Identität des dritten Verdächtigen sei nicht bekannt; b) während der Rat verlangt hatte, daß Sudan es unterlassen solle, zu terroristischen AktIVitäten Beihilfe zu leisten, diese zu unterstützen und zu erleichtern und terroristischen Elementen Schutz und Zuflucht zu gewähren, hatte die Regierung versichert, daß sie den Terrorismus verurteile und terroristische AktIVitäten nicht billige.

962. Ich beabsichtige, mit allen betroffenen Parteien und mit dem Generalsekretär der OAU enge Kontakte zu allen Aspekten der Resolutionen 1044 (1996) und 1054 (1996) zu halten. Ich werde außerdem den Sicherheitsrat über alle maßgeblichen Entwicklungen im Zusammenhang mit dieser schwierigen Situation unterrichtet halten.

27. Tadschikistan

963. Die Situation in Tadschikistan war nach wie vor instabil; auf beiden Seiten kam es zu häufigen Verstößen gegen die Vereinbarung über eine vorläufige Waffenruhe, die im September 1994 in Teheran geschlossen und mehrfach verlängert worden war. Die Opposition verlagerte ihre Kämpfe mit den Regierungsstreitkräften nämlich ins Innere des Landes und brachte Teile von Tavildara unter ihre Kontrolle. Die zur Überwachung der Durchführung der Vereinbarung von Teheran eingesetzte Gemeinsame Kommission konnte vier Monate lang nicht tätig werden, nachdem ihr Kovorsitzender, ein Vertreter der Opposition, am 24. Februar 1996 entführt worden war. Abgesehen von dem Konflikt zwischen der Regierung und der Opposition kam es auch in verschiedenen Städten im Westen und Norden des Landes zu Unruhen aufgrund wirtschaftlicher und politischer Probleme.

964. Die kleine Beobachtermission der Vereinten Nationen in Tadschikistan (UNMOT) tat weiterhin ihr Bestes, um die Waffenruhe aufrechtzuerhalten. Sie führte entweder allein oder in Zusammenarbeit mit der Gemeinsamen Kommission Untersuchungen durch und leistete der Kommission verwaltungstechnische Unterstützung. Von Außenstellen im Zentrum und im Süden des Landes aus operierende UNMOT-Teams führten regelmäßige Patrouillen durch und hielten laufend Kontakt mit Regierungsbeamten und Vertretern der Opposition, um bei der Verminderung von Spannungen und soweit möglich bei der Lösung der vor Ort bestehenden Probleme behilflich zu sein.

965. Mein Sonderbotschafter, Ramiro Píriz-Ballón, war weiterhin bemüht, in dem politischen Dialog zwischen der Regierung Tadschikistans und der Opposition zu vermitteln, um die nationale Aussöhnung voranzutreiben. Anfang August sorgte er dafür, daß es zwischen Präsident Emomali Rachmonov und dem Oppositionsführer Abdullo Nuri zu indirekten Gesprächen kam, wobei er zwischen Duschanbe und Kabul hin und her pendelte. Die Verhandlungen endeten damit, daß die beiden Politiker in Duschanbe beziehungsweise in Kabul ein Protokoll über die Grundprinzipien zur Herstellung des Friedens und der nationalen Eintracht in Tadschikistan unterzeichneten. Die beiden Seiten kamen überein, auf eine umfassende politische Lösung des Konflikts hinzuarbeiten, und beschlossen, daß weitere Verhandlungen zur Unterzeichnung eines allgemeinen Abkommens führen sollten.

966. Sie kamen außerdem überein, die Vereinbarung über eine vorläufige Waffenruhe und die Einstellung anderer feindseliger Handlungen an der tadschikisch-afghanischen Grenze und im Inneren des Landes um weitere sechs Monate, das heißt bis zum 26. Februar 1996, zu verlängern. Sie schlossen sich dem Vorschlag meines Sonderbotschafters in bezug auf die Änderung des Formats der innertadschikischen Verhandlungen an und kamen überein, am 18. September eine fortlaufende Gesprächsrunde zu beginnen. In einer Erklärung seines Präsidenten begrüßte der Sicherheitsrat die Unterzeichnung des Protokolls und die Verlängerung der Waffenruhe.

967. Die erste Etappe der fortlaufenden innertadschikischen Verhandlungsrunde fand vom 30. November bis zum 22. Dezember 1995 in Aschgabad statt. Die Wiederaufnahme der Verhandlungen verzögerte sich, da es zwischen den beiden tadschikischen Parteien Meinungsverschiedenheiten in bezug auf den Verhandlungsort gab. Zu Beginn der Gespräche verabschiedeten beide Seiten eine gemeinsame Erklärung, in der sie ihr Eintreten für eine Waffenruhe bekräftigten. In der Region von Tavildara kam es jedoch zu einer Eskalation der Kampfhandlungen, und mein Sonderbotschafter unterbrach die Gespräche, um zu Konsultationen mit Amtsträgern der Russischen Föderation nach Moskau zu reisen, in dem Bemühen, die Einstellung der Kampfhandlungen zu erleichtern. Nach der Wiederherstellung der Waffenruhe und der Wiederaufnahme der Gespräche wurden eingehend politische Probleme erörtert. Aufgrund der unnachgiebigen Haltung beider Seiten konnten jedoch keine echten Fortschritte erzielt werden. In seiner Resolution 1030 (1995) vom 14. Dezember verlängerte der Sicherheitsrat das Mandat der UNMOT um weitere sechs Monate bis zum 15. Juni 1996 und betonte, daß die tadschikischen Parteien die Gelegenheit der fortlaufenden Gesprächsrunde in Aschgabad nutzen müßten, um eine allgemeine Übereinkunft herbeizuführen, die den Frieden und die nationale Eintracht in ihrem Land wiederherstellen werde.

968. Trotz der in Aschgabad erzielten Einigung über die Wiederaufnahme der nächsten Verhandlungsphase am 15. Januar 1996 geriet der Verhandlungsprozeß wieder ins Stocken. Während des Gipfeltreffens der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten führte mein Sonderbotschafter vom 17. bis 24. Januar in Moskau Konsultationen mit Präsident Rachmonov, dem Außenminister der Russischen Föderation, Jewgenij Primakow, und dem Außenminister Turkmenistans, Boris Schichmuradov, in dem Bemühen, den Verhandlungsprozeß wieder in Gang zu setzen. Man einigte sich darauf, die Gespräche am 26. Januar wiederaufzunehmen.

969. Die zweite Etappe der fortlaufenden innertadschikischen Gesprächsrunde fand vom 26. Januar bis zum 18. Februar in Aschgabad statt. Wie ich dem Sicherheitsrat am 22. März berichtete, setzten die beiden Parteien die schwierigen Erörterungen der zentralen politischen Probleme und der von meinem Sonderbotschafter vorgelegten Kompromißvorschläge fort. Die Regierungsdelegation befürwortete die Vorschläge als Grundlage für künftige Gespräche, wohingegen die Delegation der Opposition eine Reihe von sachlichen Vorbehalten vorbrachte. Ergebnis dieser Verhandlungen war die Unterzeichnung der Erklärung von Aschgabad, in der die Parteien unter anderem zu einer wichtigen Einigung über die Abhaltung einer Sondersitzung des Parlaments gelangten, an der auch die Führer der Opposition teilnehmen würden.

970. Die Entführung des der Opposition angehörenden Kovorsitzenden der Gemeinsamen Kommission am 24. Februar in Duschanbe stellte den Friedensprozeß vor eine weitere schwierige Aufgabe. Zwei Tage danach lief die Waffenruhevereinbarung ab. Angesichts dieser Umstände ersuchte ich meinen Sonderberater, Ismat Kittani, mit den Oppositionsführern und der Regierung Konsultationen zu führen. Aufgrund seiner Gespräche in Teheran und in Duschanbe wurde die Waffenruhevereinbarung ohne Vorbedingungen bis zum 26. Mai 1996 verlängert. Auf einer Sondersitzung am 11. März bestätigte das Parlament Tadschikistans, daß sich die Regierung weiter verpflichte, im Rahmen des politischen Dialogs mit der Opposition nach einer Lösung für den Konflikt zu suchen. Leider lehnte es die Opposition aus Sicherheitserwägungen aufgrund der Entführung des Kovorsitzenden ab, an dieser Sondersitzung teilzunehmen. In der Erklärung seines Präsidenten vom 29. März bedauerte der Sicherheitsrat, daß bei der fortlaufenden Runde der innertadschikischen Gespräche in Aschgabad nur unzureichende Fortschritte erzielt worden seien, und forderte die tadschikischen Parteien auf, die Waffenruhevereinbarung genauestens einzuhalten.

971. Nachdem mein Sonderbotschafter in den diplomatischen Dienst seines Landes zurückgekehrt war, ernannte ich Gerd Merrem zu meinem Sonderbeauftragten mit Sitz in Duschanbe. Gerd Merrem unternahm vom 7. bis 20. Mai seine erste Mission in die Region, wobei er unter anderem Moskau, Aschgabad, Duschanbe und Teheran einen Besuch abstattete. Er führte Gespräche mit Präsident Rachmonov und mit dem Oppositionsführer Abdullo Nuri sowie mit den Außenministern der Länder, die bei den innertadschikischen Gesprächen als Beobachter fungieren. Die Waffenruhevereinbarung wurde um weitere drei Monate, das heißt bis zum 26. August, verlängert.

972. Gerd Merrems Mission fiel zeitlich mit dem Beginn einer großangelegten OffensIVe der Streitkräfte der Opposition in der Region Tavildara zusammen. In einer Erklärung seines Präsidenten vom 21. Mai verurteilte der Sicherheitsrat die Verletzungen der Waffenruhe, insbesondere von seiten der Opposition. Der Rat verlieh außerdem seiner Besorgnis über die Beschränkungen Ausdruck, die der Bewegungsfreiheit der UNMOT insbesondere von der Regierung auferlegt wurden, und forderte die möglichst baldige Wiederaufnahme der innertadschikischen Gespräche.

973. Da die Situation in Tavildara weiterhin zu Besorgnis Anlaß gab, wurde am 8. Juli in Aschgabad eine weitere Runde der innertadschikischen Gespräche unter der Schirmherrschaft meines Sonderbeauftragten eröffnet. Am 19. Juli unterzeichneten die Leiter der beiden tadschikischen Delegationen eine gemeinsame Erklärung über die Wiederherstellung einer wirksamen Waffenruhe und die Verlängerung der Teheraner Vereinbarung bis zum 31. Dezember. Gemäß dieser Vereinbarung, die am 20. Juli um 06.00 Uhr WEZ in Kraft treten sollte, sollten die beiden Seiten in den zum Zeitpunkt der Unterzeichnung gehaltenen Stellungen verbleiben und sollte die UNMOT die Stellungen der beiden Seiten im Gebiet von Tavildara verifizieren. Am 21. Juli unterzeichneten die beiden Seiten außerdem eine Vereinbarung über den Austausch von Gefangenen, der am 20. August stattfinden sollte. In einem gemeinsamen Kommuniqué einigten sie sich auch auf einen intensIVierten Tagungs- und Konsultationskalender, um Einigung über die wichtigsten miteinander zusammenhängenden politischen und militärischen Fragen zu erzielen. Die beiden Seiten kamen außerdem überein, die Verhandlungen in Kürze wiederaufzunehmen, um die wichtigsten politischen Fragen zu erörtern.

974. Ich möchte an dieser Stelle der Regierung Turkmenistans für die außerordentliche Unterstützung danken, die sie diesen Bemühungen zukommen ließ, indem sie bei den letzten innertadschikischen Gesprächsrunden die Rolle des Gastgebers übernahm.

975. Leider sind die im Juli getroffenen Vereinbarungen bisher noch nicht durchgeführt worden. Zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Berichts dauerten die Kampfhandlungen im Gebiet von Tavildara an, was bestätigt, daß in Tadschikistan ein kontinuierlicher, ja fast chronischer Notstand herrscht, der das Eingreifen der internationalen Gemeinschaft erfordert. Das Land ist mit Massenarbeitslosigkeit konfrontiert, zu der noch Armut und Hungersnot hinzukommen. Malaria, Tuberkulose und Diphtherie stellen eine ernste Gefahr für die Gesundheit dar, und der Mangel an Treibstoff und Energie hat zu schweren Gesundheits- und Hygienerisiken geführt. Infolge der unregelmäßigen Gasversorgung in den strengen Wintermonaten sind viele Häuser und öffentliche Gebäude häufig nicht geheizt. Wasser wird nicht aufbereitet und ist durch verschiedene Krankheitserreger verseucht. Die Verschlechterung der öffentlichen Dienstleistungen wie Verkehrs- und Fernmeldeeinrichtungen und die Stromerzeugung haben ebenfalls zum raschen Absinken des Lebensstandards beigetragen; das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen im Jahre 1995 war mit Abstand das niedrigste in den neuen unabhängigen Staaten der ehemaligen Sowjetunion.

976. Humanitäre Hilfsmaßnahmen wurden in Tadschikistan von der Hauptabteilung Humanitäre Angelegenheiten, dem UNDP, dem UNHCR, dem UNICEF, der WHO und dem Welternährungsprogramm durchgeführt. Hilfe wurde in Form von Nahrungsmitteln, landwirtschaftlichen Produktionsmitteln, Kleidung, Unterkünften, Lehr- und Lernmaterialien, Medikamenten, Impfstoffen und Sachverständigendiensten auf verschiedenen Gebieten gewährt. Weitere wichtige Bereiche, auf die sich die Hilfe erstreckte, waren die Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung, das öffentliche Verkehrswesen, die öffentliche Verwaltung und eine gute Staatsführung, der Aufbau von Kleinunternehmen und die Energieversorgung.

Das ehemalige Jugoslawien

977. Seit meinem letzten Bericht an die Generalversammlung hat sich die politische Situation im ehemaligen Jugoslawien drastisch verändert; viele dieser Veränderungen sind positIV. Die Vereinten Nationen treten gemeinsam mit anderen interessierten Parteien weiterhin für die Suche nach einer langfristigen Lösung für die Konflikte im ehemaligen Jugoslawien ein. Die politischen Gegebenheiten am Boden haben es jedoch als gerechtfertigt erscheinen lassen, von dem bisherigen Friedenssicherungsansatz in dem Gebiet abzugehen, und, soweit notwendig, wurden inzwischen neue Strategien verfolgt. Eine davon war die Neuorganisation der Anteile der Schutztruppe der Vereinten Nationen (UNPROFOR), der Dachmission im Einsatzgebiet, die entweder ausgegliedert oder aufgelöst wurden.

978. Wie in meinem letzten Jahresbericht erwähnt, führte die offensichtliche Entschlossenheit der Parteien, nach Ablauf der Vereinbarung über die Einstellung der Feindseligkeiten von Dezember 1994 eine militärische Lösung des Konflikts in Bosnien und Herzegowina herbeizuführen, im Spätsommer und Herbst 1995 zu militärischen AktIVitäten in einem nie dagewesenen Ausmaß. Dies löste große Flüchtlings- und Vertriebenenströme aus und führte zu weitverbreiteten Verstößen gegen das humanitäre Völkerrecht durch alle Streitkräfte, insbesondere jedoch durch die bosnischen Serben. Die UNPROFOR sah sich bei der Wahrnehmung ihres Auftrags in Bosnien und Herzegowina schwerwiegenden Hindernissen gegenüber.

979. Nach dem Mörserangriff auf den Markale-Markt in Sarajewo am 28. August 1995 führte die NATO auf Ersuchen und mit Zustimmung des Kommandeurs der Friedenstruppen der Vereinten Nationen (UNPF) Luftangriffe gegen die Flugabwehrsysteme und schweren Waffen der bosnischen Serben in der Nähe von Sarajewo sowie gegen Munitionslager und andere militärische Einrichtungen in ganz Ostbosnien. Mit diesen Luftangriffen sollte die militärische Ausschlußzone für schwere Waffen in der Umgebung von Sarajewo wiederhergestellt und vor weiteren Angriffen auf die Sicherheitszonen abgeschreckt werden. Während der Operation wurden Ziele der bosnischen Serben im Gebiet von Sarajewo von Mörsern und Artillerie des Schnelleingreifverbands der UNPROFOR unter Beschuß genommen. Diese bereits auf der Londoner Konferenz im Juli 1995 ins Auge gefaßten Maßnahmen waren nur deshalb möglich, weil die Friedenssicherungskräfte der Vereinten Nationen aus den von den Serben umzingelten Enklaven Srebrenica, epa und Gorade abgezogen worden waren, wodurch sich die Gefahr einer Geiselnahme für die Truppen der Vereinten Nationen vermindert hatte.

980. Kurz nachdem die NATO ihre Lufteinsätze in Ostbosnien eingeleitet hatte, begannen die Streitkräfte der bosnischen Regierung und der bosnischen Kroaten damit, in den westlichen Teil des Landes vorzurücken und Gebiete einzunehmen, in denen seit jeher bosnische Serben gelebt hatten. Dadurch und durch die Kämpfe in der Umgebung von Sarajewo gelang es der Muslimisch-Kroatischen Föderation, das unter ihrer Kontrolle befindliche Gebiet von 30 auf knapp über 50 Prozent des Hoheitsgebiets von Bosnien und Herzegowina auszudehnen. Dies führte ebenfalls zur Vertreibung zahlloser Menschen. Während die Kämpfe tobten, verfolgten die Vereinigten Staaten aktIV eine von ihnen im Sommer eingeleitete FriedensinitiatIVe.

981. Am 5. Oktober 1995 erzielte die Delegation der Vereinigten Staaten eine landesweite Waffenruhevereinbarung, die auch nichtmilitärische Bestimmungen enthielt, wie die humane Behandlung von Gefangenen, die Bewegungsfreiheit und das Recht der Vertriebenen auf Rückkehr an ihre Heimstätten. Das Militär- und Zivilpersonal der UNPROFOR ergriff sofort verschiedene Maßnahmen, um die erfolgreiche Durchführung der Waffenruhevereinbarung sicherzustellen, darunter auch Minenräumarbeiten, die für die Instandsetzung und Wiedereröffnung der Versorgungsbetriebe Sarajewos erforderlich waren. Der Leiter der UNPROFOR leitete die Verhandlungen, die zum Inkrafttreten der Waffenruhe am 12. Oktober führten.

982. Die Neubelebung des Friedensprozesses und die militärischen Rückschläge, die die bosnischen Serben erlitten, sorgten dafür, daß die Parteien die Waffenruhe stärker einhielten, und ermöglichten es der UNPROFOR, ihren Auftrag in Bosnien und Herzegowina weit wirksamer wahrzunehmen. Weitere Entwicklungen, die die Einsatzfähigkeit der Mission verbesserten, waren der Umstand, daß Präsident Slobodan Miloevi ermächtigt wurde, die Verhandlungen im Namen der Republika Srpska zu führen, sowie die abschreckende Wirkung des Einsatzes der NATO-Luftstreitkräfte und des Schnelleingreifverbandes im August und September.

983. Die politische Situation verbesserte sich durch den Abschluß einer Reihe von Übereinkünften, insbesondere des Allgemeinen Rahmenübereinkommens für den Frieden in Bosnien und Herzegowina am 21. November 1995 in Dayton (Ohio). Das Friedensübereinkommen wurde von der Republik Bosnien und Herzegowina, der Republik Kroatien und der Bundesrepublik Jugoslawien paraphiert. Während die Gespräche noch liefen, erklärten sich mehrere Nichtmitgliedstaaten der NATO, insbesondere die Russische Föderation, bereit, sich an der Durchführung des bosnischen Friedensplans zu beteiligen. Es ist festzuhalten, daß die Vereinten Nationen in Dayton nicht vertreten waren.

984. Am 8. und 9. Dezember nahm ich an der Konferenz zur Umsetzung des Friedens im Lancaster House in London teil, mit der die internationale Gemeinschaft zur Unterstützung eines Neubeginns für das Volk von Bosnien und Herzegowina mobilisiert werden sollte. Auf dieser Konferenz, die der Unterzeichnung des Friedensübereinkommens am 14. Dezember in Paris vorausging, wurden mehrere Beschlüsse gefaßt, so unter anderem über die Einsetzung eines Rates für die Umsetzung des Friedens und dessen Lenkungsausschusses, die Zuweisung der Verantwortung für die verschiedenen Durchführungsaspekte und die Ernennung von Carl Bildt zum Hohen Beauftragten. Außerdem wurden Fragen im Zusammenhang mit der regionalen Stabilisierung, der Gewährung humanitärer Hilfe, den Flüchtlingen und Gefangenen, dem Schutz der Menschenrechte, den Wahlen, dem Wiederaufbau und den Beziehungen zwischen den Staaten des ehemaligen Jugoslawien und der übrigen internationalen Gemeinschaft sowie die Ostslawonien-Frage behandelt. Ferner wurde auf dieser Konferenz beschlossen, daß die am 31. Januar 1996 aufgelöste Internationale Konferenz über das ehemalige Jugoslawien in den Rat für die Umsetzung des Friedens aufgehen wird.

985. Weitere Fortschritte waren die Unterzeichnung des Interimsabkommens zwischen Griechenland und der ehemaligen jugoslawischen Republik Makedonien am 13. September 1995 sowie die Unterzeichnung des Grundabkommens über die Region Ostslawonien, Baranja und Westsirmien am 12. November 1995. Bei dem letzteren geht es um die friedliche Wiedereingliederung dieses von den Serben kontrollierten Gebiets in die Republik Kroatien.

986. Nach Abschluß der genannten Übereinkünfte wurde die Präsenz der Vereinten Nationen im ehemaligen Jugoslawien von Grund auf neugestaltet. Der VN-Einsatz im ehemaligen Jugoslawien besteht inzwischen aus vier gesonderten Missionen - der Mission der Vereinten Nationen in Bosnien und Herzegowina (UNMIBH), der Übergangsverwaltung der Vereinten Nationen für Ostslawonien, die Baranja und Westsirmien (UNTAES), der Beobachtermission der Vereinten Nationen in Prevlaka (UNMOP) und der PräventIVeinsatztruppe der Vereinten Nationen (UNPREDEP) in der ehemaligen jugoslawischen Republik Makedonien - sowie zwei Verbindungsbüros in Belgrad und Zagreb.

987. Zur Koordinierung der komplexen AktIVitäten, die mit der Liquidation alter Missionen und der Aufstellung von drei neuen Missionen verbunden sind, und zur Gewährleistung einer reibungslosen Übertragung der Verantwortlichkeiten der Vereinten Nationen auf die Friedensumsetzungstruppe (IFOR) in Bosnien und Herzegowina ernannte ich am 1. November 1995 den Untergeneralsekretär für Friedenssicherungseinsätze, Kofi Annan, vorübergehend zu meinem Sonderbeauftragten im ehemaligen Jugoslawien. Er richtete sein Hauptquartier in Zagreb direkt neben dem Hauptquartier der Friedenstruppen der Vereinten Nationen ein. Nach seiner Abreise am 29. Februar 1996 übernahm ein kleines Übergangsbüro für das ehemalige Jugoslawien die Verantwortung für die Liquidation der ehemaligen UNPF-Mission und für die weitere Wahrnehmung gemeinsamer Unterstützungsdienste für die vier Nachfolgeeinsätze.


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