Bericht der Vierten Weltfrauenkonferenz
Kapitel IV: STRATEGISCHE ZIELE UND MASSNAHMEN



L. Mädchen

259. In Artikel 2 Absatz 1 der Konvention über die Rechte des Kindes11 heißt es: "Die Vertragsstaaten achten die in dieser Konvention festgelegten Rechte und gewährleisten sie jedem ihrer Hoheitsgewalt unterstehenden Kind, ohne jede Diskriminierung, unabhängig von der Rasse, der Hautfarbe, dem Geschlecht, der Sprache, der Religion, der politischen oder sonstigen Überzeugung, der nationalen, ethnischen oder sozialen Herkunft, dem Vermögen, einer Behinderung, der Geburt oder dem sonstigen Stand des Kindes, seiner Eltern oder seines Vormunds". In vielen Ländern zeigen die verfügbaren Daten jedoch, daß Mädchen vom frühesten Lebensstadium an, während ihrer Kindheit und bis ins Erwachsenenalter hinein diskriminiert werden. In einigen Gebieten der Welt übersteigt die Zahl der Männer die der Frauen um 5 Prozent. Die Gründe für diese Diskrepanz liegen unter anderem in schädlichen Einstellungen und Praktiken, wie der Verstümmelung der weiblichen Geschlechtsorgane, der Bevorzugung männlicher Nachkommen, was zur Tötung weiblicher Neugeborener und vorgeburtlicher Geschlechtsselektion führt, früher Heirat, einschließlich Kinderehen, Gewalt gegen Frauen, sexueller Ausbeutung, sexuellem Mißbrauch, Diskriminierung von Mädchen beim Zugang zu Nahrung und anderen ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden beeinträchtigenden Praktiken. Daher überleben weniger Mädchen als Jungen bis zum Erwachsenenalter.

260. Mädchen werden oft als minderwertig behandelt und dazu erzogen, ihre eigenen Bedürfnisse hintanzustellen, was ihr Selbstwertgefühl untergräbt. Diskriminierung und Vernachlässigung in der Kindheit können der Beginn des Abstiegs in ein Leben voller Entbehrungen und sozialer Ausgrenzung sein. Daher sollten Initiativen ins Leben gerufen werden, um die Mädchen auf eine aktive, wirksame und mit Jungen gleichberechtigte Mitwirkung auf allen sozialen, wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Verantwortungsebenen vorzubereiten.

261. Die Ungleichheit der Geschlechter wird noch durch Bildungsprozesse verstärkt, die von Voreingenommenheit gegenüber Mädchen gekennzeichnet sind, einschließlich Lehrplänen, Unterrichtsmaterial und -methoden, Einstellungen der Lehrer und des sozialen Verhaltens in den Klassen.

262. Mädchen und weibliche Jugendliche erhalten von ihren Eltern, Lehrern, Gleichaltrigen und den Medien oft eine Vielzahl von widersprüchlichen und verwirrenden Botschaften. Frauen wie Männer müssen mit Kindern und Jugendlichen gemeinsam daran arbeiten, verfestigte Rollenklischees aufzubrechen, wobei die Rechte der Kinder und die Aufgaben, Rechte und Pflichten der Eltern, wie in Ziffer 267 näher ausgeführt, berücksichtigt werden müssen.

263. Obwohl die Zahl der Kinder mit Schulbildung im Laufe der letzten 20 Jahre in einigen Ländern gestiegen ist, kam diese Entwicklung den Jungen in wesentlich größerem Maße zugute als den Mädchen. Im Jahre 1990 hatten 130 Millionen Kinder keinen Zugang zum Grundschulunterricht; 81 Millionen davon waren Mädchen. Dies ist auf Faktoren wie überkommene Einstellungen, Kinderarbeit, frühe Heirat, Geldmangel und Fehlen angemessener schulischer Einrichtungen, Jugendlichen-Schwangerschaften und die zuvor in Ziffer 29 genannten geschlechtsspezifischen Ungleichheiten in der Gesellschaft im allgemeinen und in der Familie im besonderen zurückzuführen. In einigen Ländern kann sich der Mangel an Lehrerinnen hinderlich auf den Schulbesuch von Mädchen auswirken. Vielfach müssen Mädchen bereits in einem sehr frühen Alter schwere Hausarbeit verrichten, und es wird von ihnen erwartet, daß sie sowohl schulische als auch häusliche Aufgaben erledigen, was oft zu einer Verschlechterung der Schulleistungen und einem frühen Abbruch der Schulausbildung führt.

264. Der Prozentsatz der Mädchen, die eine Sekundarschule besuchen, ist in vielen Ländern nach wie vor signifikant niedrig. Mädchen werden häufig nicht ermutigt oder erhalten nicht die Gelegenheit, einen naturwissenschaftlichen oder technischen Ausbildungsweg einzuschlagen, wodurch ihnen Kenntnisse, die sie im täglichen Leben benötigen, vorenthalten und ihre Beschäftigungschancen eingeschränkt werden.

265. Mädchen werden weniger als Jungen dazu ermutigt, am sozialen, wirtschaftlichen und politischen Leben der Gesellschaft teilzunehmen und sich darüber zu informieren, was zur Folge hat, daß ihnen nicht die gleichen Chancen wie Jungen geboten werden, an Entscheidungsprozessen mitzuwirken.

266. Die herrschende Diskriminierung von Mädchen in bezug auf ihren mangelnden Zugang zu Nahrung und zu einer Gesundheitsversorgung bei körperlichen und psychischen Erkrankungen gefährdet ihre jetzige und künftige Gesundheit. In den Entwicklungsländern sind schätzungsweise 450 Millionen erwachsene Frauen als Folge einer Protein-Energie-Mangelernährung in der Kindheit in ihrem körperlichen Wachstum zurückgeblieben.

267. Die Internationale Konferenz über Bevölkerung und Entwicklung hat in Absatz 7.3 des Aktionsprogramms14 anerkannt, daß "der Förderung von auf gegenseitiger Achtung beruhenden und gleichberechtigten Beziehungen zwischen den Geschlechtern und insbesondere der Deckung des Bedarfs von Jugendlichen an Aufklärung und Dienstleistungen, damit sie zu einem positiven und verantwortungsvollen Umgang mit ihrer Sexualität fähig sind, volle Aufmerksamkeit gewidmet werden" sollte, unter Berücksichtigung des Rechts des Kindes auf Zugang zu Informationen, eine Privatsphäre, Vertraulichkeit, Achtung und Zustimmung in Kenntnis der Sachlage, sowie der Aufgaben, Rechte und Pflichten der Eltern und gegebenenfalls des Vormunds, das Kind bei der Ausübung der in der Konvention über die Rechte des Kindes anerkannten Rechte in einer seiner Entwicklung entsprechenden Weise zu leiten und zu führen, in Übereinstimmung mit der Konvention über die Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau. Bei allen Maßnahmen, die Kinder betreffen, ist das Wohl des Kindes ein Gesichtspunkt, der vorrangig zu berücksichtigen ist. Eine integrale Sexualaufklärung von Jugendlichen, mit Unterstützung und Anleitung durch die Eltern, sollte gefördert werden, wobei die Verantwortung der Männer für ihre eigene Sexualität und Fruchtbarkeit zu betonen ist und sie in der Wahrnehmung ihrer Verantwortung zu unterstützen sind.

268. Pro Jahr bringen über 15 Millionen Mädchen zwischen 15 und 19 Jahren Kinder zur Welt. Die Mutterschaft in sehr jungen Jahren bringt oft Komplikationen während der Schwangerschaft und bei der Geburt mit sich und ist mit einem weit überdurchschnittlichen Todesrisiko für die Mutter verbunden. Kinder junger Mütter weisen eine höhere Morbidität und Sterblichkeitsziffer auf. Frühe Schwangerschaft und Mutterschaft ist nach wie vor ein Hindernis für die Verbesserung des bildungsmäßigen, wirtschaftlichen und sozialen Status der Frau in allen Teilen der Welt. Insgesamt gesehen können frühe Eheschließung und frühe Mutterschaft die Bildungs- und Beschäftigungschancen der Frau erheblich beschneiden und haben meist langfristige negative Auswirkungen auf ihre Lebensqualität und die ihrer Kinder.

269. Sexuelle Gewalt und sexuell übertragbare Krankheiten, einschließlich HIV/Aids, wirken sich auf die Gesundheit der Kinder verheerend aus, und Mädchen leiden unter den Folgen ungeschützter und frühzeitiger Sexualkontakte weit mehr als Jungen. Mädchen sind häufig großem Druck ausgesetzt, sich auf Sexualkontakte einzulassen. Aufgrund von Faktoren wie ihrer Jugend, sozialem Druck, mangelnden gesetzlichen Schutzbestimmungen oder fehlender Durchsetzung der Gesetze werden Mädchen weit häufiger Opfer aller Arten von Gewalt, insbesondere sexueller Gewalt, einschließlich Vergewaltigung, von sexuellem Mißbrauch, sexueller Ausbeutung, Mädchenhandel, gegebenenfalls Handel mit ihren Körperorganen und -geweben, und Zwangsarbeit.

270. Behinderte Mädchen sind mit zusätzlichen Hindernissen konfrontiert; ihre Nichtdiskriminierung und ihre gleichberechtigte Wahrnehmung aller Menschenrechte und Grundfreiheiten im Einklang mit den Rahmenbestimmungen der Vereinten Nationen für die Herstellung der Chancengleichheit für Behinderte30 müssen sichergestellt sein.

271. Einige Kinder sind besonders schutzbedürftig, insbesondere ausgesetzte, heimatlose und vertriebene Kinder, Straßenkinder, Kinder in Konfliktgebieten sowie Kinder, die wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer ethnischen oder rassischen Minderheit diskriminiert werden.

272. Daher müssen alle Hindernisse beseitigt werden, um Mädchen ohne jede Ausnahme die Möglichkeit zu geben, durch den gleichberechtigten Zugang zu Bildung und Ausbildung, Ernährung, physischer und psychischer Gesundheitsversorgung und zu damit zusammenhängenden Informationen ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten voll zur Entfaltung zu bringen.

273. Bei der Auseinandersetzung mit den Belangen von Kindern und Jugendlichen sollten die Regierungen eine aktive und sichtbare Politik der Einbeziehung einer geschlechtsbezogenen Perspektive in alle Politiken und Programme fördern, damit die Auswirkungen von Entscheidungen auf Mädchen beziehungsweise Jungen analysiert werden, bevor entsprechende Entscheidungen getroffen werden.

Strategisches Ziel L.1.

Beseitigung jeder Form der Diskriminierung von Mädchen

Zu ergreifende Maßnahmen

274. Seitens der Regierungen:

a) seitens der Staaten, die die Konvention über die Rechte des Kindes noch nicht unterzeichnet oder ratifiziert haben, Ergreifung dringender Maßnahmen zur Unterzeichnung und Ratifikation der Konvention, unter Berücksichtigung der auf der Weltkonferenz über Menschenrechte ausgesprochenen dringenden Aufforderung, sie vor Ende 1995 zu unterzeichnen, und seitens der Staaten, die die Konvention bereits unterzeichnet und ratifiziert haben, die Sicherstellung ihrer vollen Umsetzung durch die Verabschiedung aller erforderlichen gesetzgeberischen, administrativen und sonstigen Maßnahmen und durch Förderung eines günstigen Umfelds, das die volle Achtung der Rechte von Kindern unterstützt;

b) gemäß Artikel 7 der Konvention über die Rechte des Kindes11 Ergreifung von Maßnahmen, um sicherzustellen, daß ein Kind unverzüglich nach seiner Geburt in ein Register eingetragen wird und von Geburt an das Recht hat auf einen Namen, das Recht, eine Staatsangehörigkeit zu erwerben, und soweit möglich das Recht, seine Eltern zu kennen und ihre Fürsorge zu genießen;

c) Ergreifung von Maßnahmen, um sicherzustellen, daß Kinder von ihren Eltern eine angemessene finanzielle Unterstützung erhalten, unter anderem durch die Durchsetzung gesetzlicher Unterhaltsansprüche;

d) Beseitigung von Ungerechtigkeiten und Hindernissen, denen sich Mädchen im Zusammenhang mit dem Erbrecht gegenübersehen, so daß alle Kinder ihre Rechte ohne Unterschied ausüben können, unter anderem durch die Verabschiedung, soweit erforderlich, und Durchsetzung von Gesetzen, die den Kindern unabhängig von ihrem Geschlecht gleiche Nachfolge- und Erbrechte garantieren;

e) Verabschiedung und strenge Durchsetzung von Gesetzen, die sicherstellen, daß eine Ehe nur bei freier und uneingeschränkter Willenseinigung der künftigen Ehegatten geschlossen wird. Darüber hinaus Verabschiedung und strenge Durchsetzung von Gesetzen in bezug auf das gesetzliche Mindestalter für die Erklärung des Ehewillens und das Heiratsmindestalter und gegebenenfalls Anhebung des Heiratsmindestalters;

f) Ausarbeitung und Umsetzung umfassender Politiken, Aktionspläne und Programme für das Überleben, den Schutz, die Entwicklung und die Förderung von Mädchen zur Unterstützung und Sicherung der vollen Ausübung ihrer Menschenrechte und zur Sicherstellung der Chancengleichheit für Mädchen; diese Pläne sollten integraler Bestandteil des gesamten Entwicklungsprozesses sein;

g) Sicherstellung der nach Geschlecht und Alter vorzunehmenden Aufschlüsselung aller Daten über Kinder in bezug auf Gesundheit, Bildung und andere Bereiche, damit bei der Planung, Umsetzung und Überwachung derartiger Programme der Faktor Geschlecht berücksichtigt wird.

275. Seitens der Regierungen und internationalen und nichtstaatlichen Organisationen:

a) geschlechts- und altersspezifische Aufschlüsselung von Informationen und Daten über Kinder, Durchführung von Forschungsarbeiten hinsichtlich der Situation von Mädchen und gegebenenfalls Einbeziehung der Ergebnisse in die Ausarbeitung von Politiken und Programmen sowie in Entscheidungen zur Förderung von Mädchen.

b) Mobilisierung von Unterstützung seitens der Gesellschaft für die Durchsetzung von Gesetzen über das Heiratsmindestalter, insbesondere durch Schaffung von Bildungsmöglichkeiten für Mädchen.

Strategisches Ziel L.2.

Beseitigung negativer kultureller Einstellungen und Praktiken gegenüber Mädchen

Zu ergreifende Maßnahmen

276. Seitens der Regierungen:

a) Ermutigung und Unterstützung, nach Bedarf, von nichtstaatlichen Organisationen und Organisationen auf Gemeinwesenebene in ihren Bemühungen um die Herbeiführung von Änderungen in bezug auf negative Einstellungen und Praktiken gegenüber Mädchen;

b) Einrichtung von Bildungsprogrammen und Erarbeitung von Unterrichtsmaterial und Lehrbüchern, die Erwachsene für die gesundheitsschädlichen Folgen bestimmter traditioneller oder aus dem Brauchtum erwachsender Praktiken für Mädchen sensibilisieren und darüber informieren;

c) Ausarbeitung und Einführung von Lehrplänen, Unterrichtsmaterial und Lehrbüchern, die das Selbstverständnis, das Leben und die Beschäftigungschancen von Mädchen verbessern, insbesondere in Bereichen, in denen Frauen traditionell unterrepräsentiert sind, wie etwa Mathematik, Naturwissenschaft und Technik;

d) Ergreifung von Maßnahmen, um sicherzustellen, daß Tradition und Religion und deren Ausdrucksformen keine Grundlage für die Diskriminierung von Mädchen bilden.

277. Seitens der Regierungen und gegebenenfalls der internationalen nichtstaatlichen Organisationen:

a) Förderung eines Umfelds im Bildungswesen, in dem alle Barrieren beseitigt sind, die dem Schulbesuch verheirateter und/oder schwangerer Mädchen und junger Mütter entgegenstehen, so gegebenenfalls auch durch die Bereitstellung erschwinglicher und erreichbarer Kinderbetreuungseinrichtungen und Elternberatungsstellen, um diejenigen, die während ihrer Schulzeit für die Betreuung ihrer Kinder und Geschwister verantwortlich sind, zur Rückkehr an die Schule beziehungsweise zur Fortsetzung und zum Abschluß ihrer Schulausbildung zu motivieren;

b) Ermutigung der Bildungseinrichtungen und der Medien zu einer ausgewogenen und klischeefreien Darstellung von Mädchen und Jungen sowie Bemühungen zur Beseitigung der Kinderpornographie und entwürdigender und gewalttätiger Darstellungen von Mädchen;

c) Beseitigung jeder Form von Diskriminierung von Mädchen und der tiefer liegenden Ursachen für die Bevorzugung männlicher Nachkommen, die zu gesundheitsschädlichen und unethischen Praktiken wie der vorgeburtlichen Geschlechtsselektion und der Tötung weiblicher Neugeborener führen; dieses Problem wird durch die zunehmende Anwendung von Verfahren zur Bestimmung des Geschlechts des Fötus verschärft, die anschließend zur Abtreibung weiblicher Föten führt;

d) Ausarbeitung von Politiken und Programmen mit dem Schwerpunkt auf formellen und informellen Bildungsprogrammen, die Mädchen unterstützen und sie befähigen, Wissen und Kenntnisse zu erlangen, Selbstwertgefühl zu entwickeln und Verantwortung für ihr eigenes Leben zu übernehmen; besonderes Augenmerk ist auf Programme zu richten, die Frauen und Männer und insbesondere Eltern über die Bedeutung der körperlichen und geistigen Gesundheit und des Wohlergehens von Mädchen aufklären, so auch über die Bedeutung der Beseitigung der Diskriminierung von Mädchen bei der Nahrungsmittelverteilung, früher Eheschließungen, von Gewalt gegen Mädchen, der Verstümmelung der weiblichen Geschlechtsorgane, der Kinderprostitution, des sexuellen Mißbrauchs, der Vergewaltigung und des Inzests.

Strategisches Ziel L.3.

Förderung und Schutz der Rechte von Mädchen und verstärkte Sensibilisierung für ihre Bedürfnisse und Möglichkeiten

Zu ergreifende Maßnahmen

278. Seitens der Regierungen, internationalen Organisationen und nichtstaatlichen Organisationen:

a) Bewußtseinsbildung bei Politikern, Planern, Verwaltungs- und Umsetzungsorganen auf allen Ebenen sowie innerhalb der Haushalte und Gemeinden bezüglich der benachteiligten Situation von Mädchen;

b) Weckung des Bewußtseins von Mädchen, insbesondere von Mädchen in schwierigen Lebenslagen, in bezug auf ihr eigenes Potential, Aufklärung von Mädchen über die ihnen durch alle internationalen Rechtsakte auf dem Gebiet der Menschenrechte, einschließlich der Konvention über die Rechte des Kindes, garantierten Rechte, über die für Mädchen erlassenen Rechtsvorschriften und über die verschiedenen Maßnahmen, die von staatlichen und nichtstaatlichen Organisationen zur Verbesserung ihres Status unternommen werden;

c) an Frauen und Männer, Mädchen und Jungen gerichtete pädagogische Maßnahmen mit dem Ziel, den Status von Mädchen zu fördern und sie dazu zu motivieren, sich um gegenseitige Achtung und eine gleichberechtigte Partnerschaft zwischen Mädchen und Jungen zu bemühen;

d) Erleichterung der gleichberechtigten Verfügbarmachung von geeigneten Diensten und technischen Hilfen für behinderte Mädchen und gegebenenfalls Bereitstellung von damit zusammenhängenden Unterstützungsdiensten an ihre Familien.

Strategisches Ziel L.4.

Beseitigung der Diskriminierung von Mädchen im Bildungswesen und in der Berufsausbildung

Zu ergreifende Maßnahmen

279. Seitens der Regierungen:

a) Sicherstellung des allgemeinen und gleichberechtigten Zugangs aller Kinder zu einer Grundschulbildung und des Abschlusses derselben und Beseitigung des dabei bestehenden Gefälles zwischen Mädchen und Jungen, wie in Artikel 28 der Konvention über die Rechte des Kindes11 gefordert; gleichermaßen Sicherstellung des gleichberechtigten Zugangs zu den weiterführenden Schulen bis zum Jahr 2005 und des gleichberechtigten Zugangs zu den Hochschulen, einschließlich der beruflichen und technischen Ausbildung, für alle Mädchen und Jungen, so auch für benachteiligte und für begabte;

b) Ergreifung von Maßnahmen zur Einbeziehung von Programmen der funktionellen Alphabetisierung und zur Vermittlung grundlegender Rechenkenntnisse, insbesondere für Mädchen, die keine Schule besuchen, in Entwicklungsprogramme;

c) Förderung der Menschenrechtserziehung in Bildungsprogrammen und Hinweis in diesem Unterricht darauf, daß die Menschenrechte von Frauen und Mädchen ein unveräußerlicher, integraler und unteilbarer Bestandteil der allgemeinen Menschenrechte sind;

d) Erhöhung der Schulbesuchs- und Abschlußquoten von Mädchen durch die Bereitstellung angemessener Haushaltsmittel und durch die Gewinnung der Unterstützung der Gemeinschaft und der Eltern mit Hilfe von Kampagnen und flexiblen Unterrichtszeiten, Anreizen, Stipendien, Schuleintrittsprogrammen für Mädchen, die keine Schule besuchen, und sonstigen Maßnahmen;

e) Erstellung von Ausbildungsprogrammen und Unterrichtsmaterialien für Lehrer und Pädagogen, die ihnen ihre eigene Rolle im Bildungsprozeß stärker bewußt machen und wirksame Strategien für einen Unterricht an die Hand geben sollen, der die unterschiedlichen Bedürfnisse beider Geschlechter berücksichtigt;

f) Ergreifung von Maßnahmen, um sicherzustellen, daß Lehrerinnen und Professorinnen die gleichen Möglichkeiten und den gleichen Status erhalten wie ihre männlichen Kollegen.

280. Seitens der Regierungen, internationalen Organisationen und nichtstaatlichen Organisationen:

a) Gewährleistung von Bildung und beruflicher Fachbildung zur Verbesserung der Beschäftigungschancen von Mädchen und ihres Zugangs zu Entscheidungsprozessen;

b) Bildungsmaßnahmen zur Verbesserung der Kenntnisse und Fähigkeiten von Mädchen in bezug auf das Funktionieren des Wirtschafts- und Finanzsystems sowie des politischen Systems;

c) Sicherstellung des Zugangs von behinderten Mädchen zu angemessenen Bildungs- und Fachbildungsprogrammen mit dem Ziel ihrer vollen Teilhabe am gesellschaftlichen Leben;

d) Förderung der vollen und gleichberechtigten Teilnahme von Mädchen an außerschulischen Aktivitäten wie Sport, Theater und Kultur.

Strategisches Ziel L.5.

Beseitigung der Diskriminierung von Mädchen in bezug auf Gesundheit und Ernährung

Zu ergreifende Maßnahmen

281. Seitens der Regierungen, internationalen Organisationen und nichtstaatlichen Organisationen:

a) Bereitstellung öffentlicher Informationen über die Abschaffung diskriminierender Praktiken gegenüber Mädchen in bezug auf die Nahrungsverteilung, die Ernährung und den Zugang zu Gesundheitsdiensten;

b) Sensibilisierung der Mädchen, der Eltern, der Lehrer und der Gesellschaft für Fragen der Gesundheit und Ernährung und Steigerung des Bewußtseins für Gesundheitsrisiken und andere mit frühen Schwangerschaften verbundene Probleme;

c) Stärkung und Neuorientierung der Gesundheitserziehung und der Gesundheitsdienste, insbesondere der Programme der primären Gesundheitsversorgung, einschließlich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit, und Planung qualitativ hochwertiger Programme für die Förderung der körperlichen und geistigen Gesundheit der Mädchen und zur Betreuung von jungen Müttern, Schwangeren und Stillenden;

d) Einrichtung von Programmen zur Aufklärung unter Gleichaltrigen und aufsuchender Beratungsarbeit mit dem Ziel der Stärkung individueller oder kollektiver Maßnahmen zur Verringerung der Anfälligkeit von Mädchen für HIV/Aids und andere sexuell übertragbare Krankheiten, wie im Aktionsprogramm der Internationalen Konferenz über Bevölkerung und Entwicklung vereinbart und in dem Bericht der Konferenz festgehalten, unter Anerkennung der in Ziffer 267 dieser Aktionsplattform erwähnten Rolle der Eltern;

e) Sicherstellung der Aufklärung und der Verbreitung von Informationen für Mädchen, insbesondere heranwachsende Mädchen, über die Physiologie der Fortpflanzung, reproduktive und sexuelle Gesundheit, wie im Aktionsprogramm der Internationalen Konferenz über Bevölkerung und Entwicklung vereinbart und in dem Bericht der Konferenz festgehalten, verantwortungsbewußte Familienplanung, Familienleben, reproduktive Gesundheit, sexuell übertragbare Krankheiten, HIV-Infektion und Aids-Verhütung, unter Anerkennung der in Ziffer 267 erwähnten Rolle der Eltern;

f) Einbeziehung des Unterrichts in Gesundheits- und Ernährungsfragen als wesentlicher Bestandteil von Alphabetisierungsprogrammen und Lehrplänen ab der Grundschule zum Wohle der Mädchen;

g) Betonung der Rolle und der Verantwortung der Jugendlichen im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und des Sexual- und Fortpflanzungsverhaltens durch das Angebot geeigneter Dienste und Beratung, wie in Ziffer 267 erwähnt;

h) Ausarbeitung von Informations- und Ausbildungsprogrammen für die mit Planung und Umsetzung im Gesundheitswesen beauftragten Personen über die speziellen Gesundheitsbedürfnisse von Mädchen;

i) Ergreifung aller angemessenen Maßnahmen zur Abschaffung von überlieferten Bräuchen, die für die Gesundheit der Kinder schädlich sind, gemäß den Forderungen in Artikel 24 der Konvention über die Rechte des Kindes11.

Strategisches Ziel L.6.

Beseitigung der wirtschaftlichen Ausbeutung der Kinderarbeit und Schutz junger Mädchen am Arbeitsplatz

Zu ergreifende Maßnahmen

282. Seitens der Regierungen:

a) In Übereinstimmung mit Artikel 32 der Konvention über die Rechte des Kindes11 Schutz des Kindes vor wirtschaftlicher Ausbeutung und der Heranziehung zu Arbeiten, die Gefahren mit sich bringen, die Erziehung des Kindes behindern oder die Gesundheit des Kindes oder seine körperliche, geistige, seelische, sittliche oder soziale Entwicklung schädigen könnten;

b) Festlegung eines Mindestalters für die Zulassung von Kindern, einschließlich Mädchen, zum Arbeitsmarkt in den innerstaatlichen Rechtsvorschriften im Einklang mit den bestehenden internationalen Arbeitsnormen und der Konvention über die Rechte des Kindes, für alle Tätigkeitsbereiche;

c) Schutz von Mädchen am Arbeitsplatz unter anderem durch

i) Festlegung eines Mindestalters oder verschiedener Altersgrenzen für die Zulassung zum Arbeitsmarkt;

ii) strenge Überwachung der Arbeitsbedingungen (Einhaltung der Arbeitszeit, Verbot von Kinderarbeit, soweit nach innerstaatlichem Recht nicht vorgesehen, und Überwachung der Hygiene- und Gesundheitsbedingungen am Arbeitsplatz;

iii) Sozialversicherungsschutz;

iv) kontinuierliche Ausbildung und Bildung;

d) erforderlichenfalls Stärkung der Rechtsvorschriften über Kinderarbeit sowie entsprechende Bestrafung und andere Sanktionen, um die wirksame Durchsetzung der Rechtsvorschriften sicherzustellen;

e) Heranziehung bestehender internationaler Arbeitsnormen, so auch gegebenenfalls der IAO-Normen für den Schutz von Kindern, die einer Beschäftigung nachgehen, als Leitlinien für die Formulierung einzelstaatlicher Arbeitsvorschriften und -politiken.

Strategisches Ziel L.7.

Beseitigung von Gewalt gegen Mädchen

Zu ergreifende Maßnahmen

283. Seitens der Regierungen und gegebenenfalls seitens internationaler und nichtstaatlicher Organisationen:

a) Ergreifung wirksamer Maßnahmen zum Erlaß und zur Durchsetzung von Rechtsvorschriften zum Schutz von Mädchen gegen jede Form von Gewalt am Arbeitsplatz, einschließlich der Einleitung von Ausbildungs- und Unterstützungsprogrammen, sowie Maßnahmen zur Verhütung der sexuellen Belästigung von Mädchen an Bildungs- und anderen Einrichtungen;

b) Ergreifung geeigneter Gesetzgebungs-, Verwaltungs-, Sozial- und Bildungsmaßnahmen zum Schutz von Mädchen im Haushalt und in der Gesellschaft gegen jede Form von körperlicher oder seelischer Gewalt, Verletzung oder Mißbrauch, Vernachlässigung, Mißhandlung oder Ausbeutung, einschließlich sexuellen Mißbrauchs;

c) Sensibilisierung von Personen, die in der Heilung und Rehabilitation und in anderen Unterstützungsprogrammen für Gewalthandlungen ausgesetzte Mädchen tätig sind, für geschlechtsspezifische Belange und Förderung von Informations-, Unterstützungs- und Ausbildungsprogrammen für diese Mädchen;

d) Erlaß und Durchsetzung von Rechtsvorschriften zum Schutz von Mädchen gegen jede Form von Gewalt, einschließlich der Tötung weiblicher Neugeborener und der vorgeburtlichen Geschlechtsselektion, der Verstümmelung der Geschlechtsorgane, Inzest, sexuellen Mißbrauchs, sexueller Ausbeutung, Kinderprostitution und Kinderpornographie, und Erarbeitung von altersgerechten sicheren und vertraulichen Programmen und medizinischen, sozialen und psychologischen Unterstützungsdiensten, mit denen Mädchen, die Gewalt ausgesetzt sind, geholfen werden soll.

Strategisches Ziel L.8.

Förderung des Interesses und der Teilhabe von Mädchen am sozialen, wirtschaftlichen und politischen Leben

Zu ergreifende Maßnahmen

284. Seitens der Regierungen und der internationalen und nichtstaatlichen Organisationen:

a) Ermöglichung des Zugangs von Mädchen zu Ausbildung und Informationen über soziale, kulturelle, wirtschaftliche und politische Fragen sowie zu den Medien, damit sie in der Lage sind, ihre Meinung zu vertreten;

b) Unterstützung nichtstaatlicher Organisationen, insbesondere nichtstaatlicher Jugendorganisationen, bei ihren Bemühungen um die Förderung der Gleichberechtigung und der Teilhabe von Mädchen in der Gesellschaft.

Strategisches Ziel L.9.

Stärkung der Rolle der Familie * bei der Verbesserung des Status von Mädchen

Zu ergreifende Maßnahmen

285. Seitens der Regierungen in Zusammenarbeit mit nichtstaatlichen Organisationen:

a) Ausarbeitung von Politiken und Programmen, die der Familie, wie in Ziffer 29 definiert, bei ihrer Rolle helfen, Unterstützung, Erziehung und Betreuung zu gewähren, mit besonderem Schwerpunkt auf der Beseitigung der Diskriminierung von Mädchen innerhalb der Familie;

b) Schaffung eines Umfelds, das der Stärkung der Familie, wie in Ziffer 29 definiert, förderlich ist, damit Unterstützungs- und Vorbeugungsmaßnahmen zum Schutz und zur Achtung von Mädchen und zur Förderung ihrer Fähigkeiten ergriffen werden;

c) Aufklärung und Ermutigung von Eltern und Betreuern, Mädchen und Jungen gleich zu behandeln und dafür zu sorgen, daß sich Mädchen und Jungen die Aufgaben in der Familie, wie in Ziffer 29 definiert, teilen.

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