II. Schwerpunkte der Aufsichtsmaßnahmen

A. Friedenssicherung

1. Fähigkeit, aus Erfahrungen zu lernen

Den Vereinten Nationen fehlen die entsprechenden Vorkehrungen, um aus den jüngsten Erfahrungen auf dem Gebiet der Friedenssicherung zu lernen.
18. In den Vereinten Nationen gibt es weder entsprechende Vorkehrungen für die Erhaltung eines institutionellen Gedächtnisses noch grundsätzliche Regelungen, die eine Auswertung der auf dem Gebiet der Friedenssicherung gemachten jüngsten Erfahrungen vorsehen, damit systematisch daraus gelernt werden kann. Die in dem eingehenden Evaluierungsbericht über die Anlaufphase von Friedenssicherungseinsätzen (E/AC.51/1995/2 und Korr.1) enthaltenen Empfehlungen zu diesen Fragen betrafen Abschlußbewertungen bei Missionen, Abgangsinterviews, Einsatzberichte und Halbzeitbewertungen bei Missionen, ein Dokumentationszentrum für Friedenssicherung, Archive und mündliche Berichte sowie die Zuweisung der Verantwortlichkeit für Unterstützungsaufgaben.

2. Einsatzbereitschaft

Eine angemessene Bereitschaftskapazität gibt es nur auf den Gebieten der Rückführung und der Wahlhilfe.
19. Zur effizienten Abwicklung von Friedenssicherungseinsätzen ist es vor allem in der Anlaufphase notwendig, daß sich die Vereinten Nationen in einem allgemeinen Bereitschaftszustand befinden. Dies setzt für jeden Fachbestandteil komplexer Missionen und für alle Unterstützungsfunktionen eine klare Zuweisung von Verantwortlichkeiten sowie die Ausarbeitung und Weiterführung einer Doktrin, standardisierte operative Verfahren und Einsatzfähigkeit voraus, einschließlich des Vorhandenseins von Verfügungsbereitschaftsabkommen. Eine angemessene Bereitschaftskapazität gibt es nur auf den Gebieten der Rückführung und der Wahlhilfe. Die in dem eingehenden Evaluierungsbericht über die Anlaufphase von Friedenssicherungseinsätzen (E/AC.51/1995/2 und Korr.1) enthaltenen Empfehlungen zum Aufbau einer Bereitschaftskapazität betrafen Informationsfragen, die Menschenrechte, die Zivilpolizei und die militärischen Aspekte von Einsätzen. Außerdem wurde der Stand der Bereitschaftskapazität von Unterstützungsfunktionen überprüft und Empfehlungen zu folgenden Aspekten abgegeben: Planungsrichtlinien, Planung einer Bereitschaftskapazität innerhalb des Sekretariats, eine einheitliche Planungsmethode für die Anlaufphase, das analytische System für die Veranschlagung von Mitteln für die Friedenssicherung, Sicherheit des Personals, standardisierte operative Verfahren für Logistik und Personal, Überprüfung der Einhaltung der Bestimmungen auf dem Gebiet der Logistik und des Beschaffungswesens durch das Amt für interne Aufsichtsdienste, Ausbildungsrichtlinien sowie ein Ausbildungsplan.

3. Aufteilung der Verantwortlichkeiten zwischen der Hauptabteilung Verwaltung und Management und der Hauptabteilung Friedenssicherungseinsätze

20. Es wurde eine Inspektion vorgenommen, die zu einem besseren Verständnis der Gründe für die im Laufe des letzten Quartals 1994 getroffenen Regelungen und ihrer breiteren Implikationen führen sollte. Aufgrund der besagten Regelungen waren die Personalverwaltung und die Rekrutierung betreffende Aufgaben aus dem Bereich Personalwesen und -management (OHRM) in der Hauptabteilung Verwaltung und Management (DAM) ausgegliedert und an die Abteilung Verwaltung und Logistik der Feldeinsätze (FALD) innerhalb der Hauptabteilung Friedenssicherungseinsätze (DPKO) delegiert worden. Gleichzeitig wurden bestimmte Verantwortlichkeiten der Hauptabteilung Friedenssicherungseinsätze auf dem Gebiet des Haushalts- und Finanzwesens dem Bereich Programmplanung, Haushalt und Rechnungswesen (OPPBA) der Hauptabteilung Verwaltung und Management übertragen.

21. Die Inspektion kam zu den folgenden Schlußfolgerungen und Empfehlungen:

Die Aufteilung der Verantwortlichkeiten zwischen der Abteilung Verwaltung und Logistik der Feldeinsätze/DPKO und der Abteilung Finanzierung von Friedenssicherungseinsätzen/OPPBA ist gerechtfertigt
a) Die Inspektionsgruppe vertrat die Auffassung, daß die Aufteilung der Verantwortlichkeiten zwischen der Abteilung Verwaltung und Logistik der Feldeinsätze/DPKO und der Abteilung Finanzierung von Friedenssicherungseinsätzen/OPPBA gerechtfertigt ist; die Gruppe klärte ferner die Aufteilung der Verantwortlichkeiten zwischen der Hauptabteilung Friedenssicherungseinsätze und dem Bereich Programmplanung, Haushalt und Rechnungswesen und bestimmte im einzelnen die Neuzuteilung der dazugehörigen finanziellen und personellen Ressourcen, über die es vorher keine klare Vereinbarung zwischen der Hauptabteilung und dem Bereich gegeben hatte.

b) Mit dem Ziel der bestmöglichen Nutzung der vorhandenen Ressourcen empfahl die Inspektionsgruppe der Abteilung Finanzierung von Friedenssicherungseinsätzen die folgenden Maßnahmen: raschere Besetzung der offenen Stellen; die Einführung der Praxis, die Haushaltsreferenten zu den jeweiligen Feldeinsätzen zu entsenden, damit sie sich ein besseres Bild von dem Bedarf der Mission machen können; Aufrechterhaltung eines ständigen Dialogs und ständige Koordination mit der Abteilung Verwaltung und Logistik der Feldeinsätze/DPKO.

c) Was die Delegation von Befugnissen des Bereichs Personalwesen und -management an die Hauptabteilung Friedenssicherungseinsätze betrifft, so stellt diese nach Auffassung der Inspektionsgruppe einen Schritt in Richtung auf eine bessere Steuerung der Friedenssicherungseinsätze dar, da sie von dem Grundsatz ausgeht, daß die für das Arbeitsprogramm am unmittelbarsten Verantwortlichen über möglichst weitreichende operative Befugnisse zur Erfüllung ihres Auftrags verfügen sollen. Die Gruppe hatte jedoch Bedenken hinsichtlich der Fähigkeit der Hauptabteilung Friedenssicherungseinsätze, die damit verbundenen zusätzlichen Aufgaben in der nächsten Zukunft wirksam wahrnehmen zu können. Sie empfahl daher, daß alle Beteiligten in beiden Hauptabteilungen, insbesondere im Bereich Personalwesen und -management, die Situation in den ersten sechs Monaten genau beobachten sollten.

d) Die Gruppe empfahl außerdem, daß der Bereich Personalwesen und -management während dieser Zeit dem Personalverwaltungs- und Unterstützungsdienst der Abteilung Verwaltung und Logistik der Feldeinsätze/DPKO beim Aufbau seiner Kapazitäten beratend zur Seite stehen solle, insbesondere auf dem Gebiet der Personalausstattungspolitik, bei der Festlegung von Qualifikationsprofilen, der Ausbildung sowie der Verwaltung von Leistungen und anderen Ansprüchen.

4. Abteilung Verwaltung und Logistik der Feldeinsätze

22. Die vom Amt für interne Aufsichtsdienste vorgenommene Inspektionsprüfung der Abteilung Verwaltung und Logistik der Feldeinsätze (FALD) in der Hauptabteilung Friedenssicherungseinsätze brachte die folgenden schwerwiegenden Probleme zutage:

a) Die Abteilung ist in einem Umfeld tätig, das i) operative Effizienz nicht erleichtert, ii) wirksamen internen Kontrollen nicht förderlich ist und iii) eine wirksame Mittelbewirtschaftung nicht fördert. Obwohl es sich dabei einesteils eindeutig um ein internes Problem der Abteilung handelt, sind anderenteils auch externe Faktoren mit im Spiel, die die operative Kapazität eingeschränkt haben.

b) Was das Personal betrifft, so deuten die Erkenntnisse darauf hin, daß der Personalbestand der Abteilung nicht die geeignete Zusammensetzung aufweist und in mancher Hinsicht zu gering ist. Darüber hinaus ist erkenntlich, daß die fachliche Verantwortlichkeit in einigen Fällen nicht ganz geklärt ist und daß bestimmte organisatorische Vernetzungen die Rechenschaftspflicht verschleiert und die Effizienz behindert haben.

c) In finanzieller Hinsicht hat die Gruppe schließlich festgestellt, daß der Organisation i) mögliche Risiken in Form von nicht verbuchten Verbindlichkeiten drohen, ii) daß unter anderem aufgrund unzureichender Kontrollen von Vermögenswerten potentiell beträchtliche Summen verschwendet werden und iii) daß die Organisation aufgrund des unsicheren Versicherungsschutzes in Fällen, in denen Truppen im Rahmen von Beistandserklärungen disloziert beziehungsweise turnusmäßig abgelöst werden, ein potentielles Haftpflichtrisiko eingeht.

23. Die Inspektionsgruppe kam zu den folgenden Schlüssen:

Die Abteilung Verwaltung und Logistik der Feldeinsätze benötigt ein proaktiveres Managementkonzept mit kohärenten, praktikablen Politiken und Verfahren
a) Die Abteilung Verwaltung und Logistik der Feldeinsätze kommt ihrem Auftrag nicht sachgerecht nach. Der vorherrschende Ad-hoc-Stil in der Verwaltung von Feldeinsätzen sollte durch ein proaktiveres Managementkonzept mit kohärenten, praktikablen Politiken und Verfahren ersetzt werden, das die Abteilung besser in die Lage versetzen würde, auf berechenbarere und effizientere Weise zur Unterstützung der Friedenssicherungseinsätze beizutragen.

b) Es gibt drei Bereiche, in denen mangelhafte Personalressourcen ein ernstes Risiko für die Organisation bedeuten: die Gruppe Verwaltung von Forderungen innerhalb des Finanzverwaltungs- und Unterstützungsdienstes, die Vermögensverwaltung und -kontrolle und die Gruppe Personalausstattung innerhalb des Personalverwaltungs- und Unterstützungsdienstes.

c) Unbeschadet aller durch Mittel des Unterstützungskontos ermöglichten Verstärkungen sollten weitere Anträge um zusätzliche Mittel davon abhängig gemacht werden, daß i) die Leitung der Abteilung Verwaltung und Logistik der Feldeinsätze die im Bericht des aiad aufgezeigten organisatorischen und Managementmängel hinreichend behebt und daß ii) eine zufriedenstellende Überprüfung der Methoden zur Berechnung der Mittel aus dem Unterstützungskonto stattfindet, in dem Bestreben, den Bedarf an Unterstützungsdiensten in die richtige Relation zu dem Ressourcenbedarf zu bringen.

c) Schließlich deuten die Erkenntnisse in dem Bericht darauf hin, daß es unter Umständen beträchtliche Vorteile hätte, wenn der Bedarf an operativer Unterstützung aus der Sicht des Feldes überprüft würde. Die Ergebnisse einer solchen feldgestützten Überprüfung würden zweifellos mit dazu beitragen, daß man ein vollständigeres Bild der Probleme erhält, welche die Effizienz der Friedenssicherungseinsätze beeinträchtigen.

24. Im Lichte der Ergebnisse der Überprüfung wurden an die Leitung der Abteilung Verwaltung und Logistik der Feldeinsätze entsprechende Empfehlungen gerichtet, die von ihr akzeptiert wurden. Es verdient festgehalten zu werden, daß die Hauptabteilung Friedenssicherungseinsätze auf die Erkenntnisse und Empfehlungen des aiad im allgemeinen sehr aufgeschlossen reagiert hat und diese auch zu würdigen weiß, daß sie jedoch häufig auf ihre schwierige personelle Situation verweist, die als Haupthindernis für eine rasche Befolgung der Empfehlungen genannt wird.

5. Internationales Vertragspersonal

25. Das Pilotprojekt der Schutztruppe der Vereinten Nationen (UNPROFOR) zur Personalbeschaffung wurde im November 1992 als ein Weg zur prompten Deckung des sofortigen Personalbedarfs der UNPROFOR begonnen. Im Rahmen dieses Projekts schloß die UNPROFOR mit einer Reihe von Firmen Verträge über die Bereitstellung von internationalem Vertragspersonal ab. Diese als internationale Personalvermittlungsstellen bezeichneten Firmen ermittelten und benannten auf Ersuchen der UNPROFOR geeignete Kandidaten und beschäftigten erfolgreiche Bewerber als ihre eigenen Angestellten, während diese der UNPROFOR Dienste leisteten. Die UNPROFOR wiederum erstattet den internationalen Personalvermittlungsstellen auf der Grundlage monatlicher Abrechnungen die Direktkosten des Vertragspersonals (Gehälter, Versicherung, Rekrutierungsgebühr, Reisekosten und Missionszulagen) sowie eine auf diesen Kosten beruhende Verwaltungsgebühr.

Die Kontrolle über die Verwendung von internationalem Vertragspersonal wurde nicht so streng gehandhabt, wie dies normalerweise bei Bediensteten der Vereinten Nationen der Fall ist.
26. Die Prüfung des internationalen Vertragspersonals hat ergeben, daß die Kontrolle über die Verwendung von internationalem Vertragspersonal nicht so streng gehandhabt wird, wie dies normalerweise bei Bediensteten der Vereinten Nationen der Fall ist. Obwohl das internationale Vertragspersonal für technische sowie für handwerkliche und gewerbliche Tätigkeiten eingestellt werden sollte, wurden viele dieser Kräfte zur Wahrnehmung von Kernaufgaben der Verwaltung eingesetzt, für die Bedienstete der Vereinten Nationen hätten verwendet werden sollen. Ferner wäre es möglich gewesen, sich einen beträchtlichen Teil der von internationalem Vertragspersonal geleisteten Dienste im Rahmen von Dienstleistungsverträgen zu beschaffen. Darüber hinaus ergab die Prüfung, daß internationales Vertragspersonal zum Teil in Positionen beschäftigt wurde, die zu wesentlich geringeren Kosten mit Ortskräften hätten besetzt werden können.

27. Bei der Ausschreibung für dieses Projekt wurden die üblichen Vergabeverfahren nicht befolgt, und in den entsprechenden Verträgen zwischen den Vereinten Nationen und den internationalen Personalvermittlungsstellen, die das Vertragspersonal bereitstellen, wurden die Interessen der Organisation nicht ausreichend gewahrt. Außerdem wurden Mängel in bezug auf die Genauigkeit und Vollständigkeit der von den internationalen Personalvermittlungsstellen als Beleg für ihre Abrechnungen vorgelegten Informationen sowie Mängel bei den Kontrollen festgestellt, die von der UNPROFOR vor der Erteilung der Zahlungsermächtigung für die Rechnungen vorgenommen wurden. Die UNPROFOR bezahlte für Versicherung mehr als notwendig gewesen wäre. Aufgrund der Prüfung konnte ein Betrag von über 200.000 Dollar beigetrieben werden; ein weiterer Betrag in der Höhe von 300.000 Dollar steht noch aus. Die internationalen Personalvermittlungsstellen, von denen manche keine vorherige einschlägige Tätigkeit nachweisen konnten und begrenzte Aktiva aufwiesen, wurden nur einer unzureichenden finanziellen Prüfung unterzogen. Eine eingehende Bonitätsprüfung hätte sie ohne Leistung einer Ausführungsbürgschaft oder zusätzlicher Finanzgarantien von Geschäftsbeziehungen mit den Vereinten Nationen disqualifiziert.

28. Das Pilotprojekt stellte eine wesentliche Abkehr von den herkömmlichen Methoden der Entsendung von Personal zu Friedenssicherungseinsätzen dar. Nach Auffassung des aiad gab die Abteilung Verwaltung und Logistik der Feldeinsätze dem Projekt in der Anfangszeit seiner Entwicklung und Durchführung keine ausreichende grundsatzpolitische Orientierungshilfe und übte nur unzureichende Aufsicht aus. Durch das Fehlen einer entsprechenden Beteiligung seitens der Hauptabteilung Friedenssicherungseinsätze sowie des Bereichs Personalverwaltung und -management und des Bereichs Rechtsangelegenheiten im Frühstadium des Projekts wurde das Element der wechselseitigen Kontrolle ausgeschaltet, was mit dem Fortschreiten des Pilotprojekts zum Auftreten einer Reihe von Rechts- und Personalfragen führte, die einer grundsatzpolitischen Klärung bedurften.

Der im UNPROFOR-Pilotprojekt verfolgte Ansatz ist eine gangbare Alternative bei der Unterstützung anderer Friedenssicherungseinsätze.
29. Ein detaillierter Bericht über die Prüfung dieses Projekts und die von der Hauptabteilung Friedenssicherungseinsätze daraufhin ergriffenen Maßnahmen findet sich in Dokument A/49/914. Trotz der oben dargelegten Erkenntnisse kam der Prüfungsbericht zu dem Schluß (A/49/914, Anhang, Ziffer 35), daß der im Rahmen des UNPROFOR-Pilotprojekts verfolgte Ansatz eine gangbare Alternative bei der Unterstützung anderer Friedenssicherungseinsätze ist, wo die Umstände eine solche Vorgehensweise eindeutig rechtfertigen. Solche Umstände könnten zum Beispiel sein, daß der Arbeitsmarkt vor Ort begrenzt ist oder daß die herrschenden politischen Gegebenheiten den Einsatz von internationalem Personal erfordern. Der Umfang eines solchen Programms muß jedoch genau überwacht werden, damit sichergestellt ist, daß Vertragspersonal nur in Situationen eingesetzt wird, in denen der Personalbedarf nicht durch die bestehenden Rekrutierungsmechanismen der Vereinten Nationen oder durch die Vergabe von Aufträgen für die benötigten Dienstleistungen gedeckt werden kann.