III. VERFAHREN ZUR ANZEIGEERSTATTUNG
12. Das Gesetz soll vorsehen, daß Opfern, Zeugen häuslicher
Gewalt, Familienmitgliedern und den Opfern nahestehenden Personen staatliche
und private ärztliche Betreuungsdienste und Hilfszentren für
Opfer häuslicher Gewalt zur Verfügung gestellt werden, über
die sie bei der Polizei Anzeige erstatten oder bei Gericht Klage erheben
können.
A. Aufgaben der Polizeibeamten
13. Das Gesetz soll vorsehen, daß Polizeibeamte jeder Bitte um
Beistand und Schutz in mutmaßlichen Fällen häuslicher
Gewalt nachzugehen haben.
14. Polizeibeamte dürfen Notrufen betreffend mutmaßliche
Mißhandlungen durch Familien- und Haushaltsmitglieder keinen geringeren
Vorrang einräumen als solchen, mit denen ähnliche Mißhandlungen
und Verstöße durch Fremde gemeldet werden.
15. Polizeibeamte haben sich an den Ort des Geschehens zu begeben, wenn
die Meldung erstattende Person mitteilt,
a) daß eine Gewalthandlung droht oder im Gange ist;
b) daß eine infolge eines Aktes häuslicher Gewalt erlassene
Verfügung in Kraft ist und daß mit deren Übertretung zu
rechnen ist;
c) daß es bereits früher zu häuslicher Gewalt gekommen
ist.
16. Die Polizei hat sofort einzugreifen, selbst wenn die Meldung erstattende
Person nicht das Opfer, sondern ein Zeuge der Gewalt, mit dem Opfer befreundet
oder verwandt oder in der Gesundheitsfürsorge beziehungsweise in
einem Zentrum zur Unterstützung von Opfern häuslicher Gewalt
tätig ist.
17. Bei Erhalt der Anzeige hat die Polizei
a) die Parteien und Zeugen, einschließlich der Kinder, in getrennten
Räumen zu befragen, damit sie sich frei äußern können;
b) die Anzeige in ihren Einzelheiten zu Protokoll zu nehmen;
c) das Opfer, wie unten vorgesehen, über seine Rechte aufzuklären;
d) den gesetzlichen Vorschriften entsprechend ein Protokoll zu erstellen
und zu den Akten zu nehmen;
e) soweit nötig das Opfer zur Behandlung in das nächste Krankenhaus
oder die nächste medizinische Einrichtung zu bringen oder bringen
zu lassen;
f) soweit nötig das Opfer und die Kinder oder abhängigen Angehörigen
des Opfers an einen sicheren Ort oder in eine Unterkunft zu bringen oder
bringen zu lassen;
g) für den Schutz der Meldung erstattenden Person Sorge zu tragen;
h) für die Entfernung des Täters aus dem Haushalt Sorge zu
tragen beziehungsweise zu seiner Verhaftung zu schreiten, falls seine
Entfernung nicht möglich sein sollte und sich das Opfer weiterhin
in Gefahr befindet.
B. Alternativverfahren zur Anzeigeerstattung
18. Das Opfer, der Zeuge oder die Meldung erstattende Person können
wegen eines behaupteten Aktes häuslicher Gewalt in dem Gerichtsbezirk
Anzeige erstatten, in dem
a) der Täter seinen Wohnsitz hat;
b) das Opfer seinen Wohnsitz hat;
c) die Gewalthandlung stattgefunden hat;
d) das Opfer vorübergehend wohnt, wenn es seine Wohnung verlassen
hat, um sich weiterer Mißhandlung zu entziehen.
19. Das Opfer kann wegen eines behaupteten Aktes häuslicher Gewalt
bei einer staatlichen oder privaten Gesundheitseinrichtung Anzeige erstatten,
welche dieselbe an die Polizeibehörde in dem Gerichtsbezirk weiterleitet,
in dem sich die Gesundheitseinrichtung befindet.
20. Ein Verwandter, ein Freund oder eine andere Person, die von dem
Opfer um Beistand gebeten wird, kann wegen eines behaupteten Aktes häuslicher
Gewalt bei der Polizei Anzeige erstatten, die die entsprechenden Ermittlungen
anzustellen hat.
C. Erklärung der Rechte des Opfers
21. Zweck der Erklärung der Rechte des Opfers ist es, das Opfer
mit den ihm zur Verfügung stehenden Rechtsschutzmitteln vertraut
zu machen, sobald es wegen einer Verletzung seiner gesetzlich verankerten
Rechte Anzeige erstattet. In der Erklärung sind außerdem die
Pflichten der Polizei und der Justiz gegenüber dem Opfer wiedergegeben:
a) Der Polizeibeamte muß mit dem Opfer in einer diesem verständlichen
Sprache verkehren und sich diesem gegenüber mit Namen und Kennummer
ausweisen. Das Gesetz schreibt vor, daß der Polizeibeamte das Opfer
häuslicher Gewalt davon in Kenntnis zu setzen hat, daß er den
Tatverdächtigen entweder sofort festnehmen, ihn zum Verlassen des
Haushalts veranlassen oder ihn aus dem Haushalt entfernen muß, falls
geltend gemacht wird, daß ein Verbrechen gegen das Opfer verübt
worden ist;
b) Der Polizeibeamte muß das Opfer zur Behandlung seiner Verletzungen
in eine medizinische Einrichtung fahren oder ihm helfen, eine Transportmöglichkeit
zu finden;
c) Wenn das Opfer seine Wohnung verlassen will, muß der Polizeibeamte
ihm helfen, eine Transportmöglichkeit an einen sicheren Ort oder
in eine Unterkunft zu finden;
d) Der Polizeibeamte muß alle vertretbaren Schritte unternehmen,
um sicherzustellen, daß sich das Opfer und die von ihm abhängigen
Angehörigen in Sicherheit befinden;
e) Der Polizeibeamte muß dem Opfer in einer diesem verständlichen
Sprache eine schriftliche Aufstellung der ihm offenstehenden rechtlichen
Möglichkeiten zur Verfügung stellen. Aus dieser Aufstellung
muß folgendes hervorgehen:
i) Das Gesetz sieht vor, daß das Opfer auf einseitigen Antrag
eine einstweilige Anordnung beziehungsweise gerichtliche Verfügung
zum Verbot der weiteren Mißhandlung des Opfers, der von ihm abhängigen
Personen, aller Mitglieder seines Haushalts und aller Personen, von denen
es Beistand und Schutz erbittet, erwirken kann;
ii) Die einstweilige Anordnung beziehungsweise gerichtliche Verfügung
hat das Eigentum des Opfers oder das gemeinschaftliche Eigentum vor Zerstörung
zu bewahren;
iii) In der einstweiligen Anordnung kann der Täter angewiesen werden,
das Heim der Familie zu verlassen;
iv) Für den Fall, daß sich die Gewalthandlung in der Nacht,
am Wochenende oder an einem Feiertag ereignet, muß das Opfer davon
in Kenntnis gesetzt werden, daß es im Notfall durch Anruf bei dem
diensttuenden Richter eine einstweilige Anordnung erwirken kann;
v) Das Opfer braucht keinen Rechtsanwalt heranzuziehen, um eine einstweilige
Anordnung auf einseitigen Antrag oder eine gerichtliche Verfügung
zu erwirken;
vi) Die Geschäftsstelle des Gerichts hat Personen, die eine einstweilige
Anordnung oder eine gerichtliche Verfügung zu erwirken suchen, die
entsprechenden Formulare und nichtjuristische Unterstützung zur Verfügung
zu stellen. Damit es eine gerichtliche Verfügung erwirken kann, muß
das Opfer an den zuständigen Gerichtsbezirk/Gerichtsstand verwiesen
werden;
vii) Die Polizei hat die einstweilige Anordnung dem Täter zuzustellen.
D. Protokoll über Fälle häuslicher Gewalt
22. Der Polizeibeamte, der einem Notruf betreffend einen Fall häuslicher
Gewalt nachgeht, ist gehalten, ein Protokoll über den Fall häuslicher
Gewalt zu erstellen, das in die Akten eingeht. Eine Ausfertigung des Protokolls
soll dem Justizministerium und (gegebenenfalls) dem Familiengericht zugeleitet
werden.
23. Das Protokoll über einen Fall häuslicher Gewalt ist auf
einem vom Leiter der Polizeibehörde vorgeschriebenen Formular zu
erstellen. Es hat, ohne darauf beschränkt zu sein, unter anderem
folgende Angaben zu enthalten:
a) die Beziehung zwischen den Parteien;
b) das Geschlecht der Parteien;
c) Angaben betreffend den Berufs- und Bildungsstand der Parteien;
d) die Zeit und das Datum des Eingangs der Anzeige;
e) den Zeitpunkt, zu dem der Polizeibeamte mit den Ermittlungen begonnen
hat;
f) ob Kinder betroffen waren und ob sich der Fall häuslicher Gewalt
in Gegenwart von Kindern ereignet hat;
g) die Art und das Ausmaß der Mißhandlung;
h) die Zahl und Art der benutzten Waffen;
i) die zur Behandlung des Falls aufgewandte Zeit und die von dem Polizeibeamten
ergriffenen Maßnahmen;
j) den Tag des Inkrafttretens und den Inhalt der im Hinblick auf die
Parteien erlassenen Verfügung;
k) alle sonstigen Angaben, die für eine vollständige Analyse
aller Umstände erforderlich sind, die zu dem mutmaßlichen Fall
häuslicher Gewalt geführt haben.
24. Der Leiter der Polizeibehörde ist gehalten, jährlich alle
Daten aus den Protokollen über Fälle häuslicher Gewalt
zusammenzustellen und dem Justiz-/Frauenministerium und dem Parlament
darüber Bericht zu erstatten.
25. Der Jahresbericht hat, ohne darauf beschränkt zu sein, unter
anderem folgende Angaben zu enthalten:
a) die Gesamtzahl der eingegangenen Meldungen;
b) die Zahl der von Opfern beiderlei Geschlechts erstatteten Meldungen;
c) die Zahl der Meldungen, zu denen Ermittlungen angestellt wurden;
d) die Zeit, die zwischen Entgegennahme einer Meldung und Eingreifen
der Polizei durchschnittlich verging;
e) die Art der polizeilichen Maßnahmen, die zur Erledigung der
Fälle ergriffen wurden, unter Einschluß der Zahl der Festnahmen.
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