Bericht der Vierten Weltfrauenkonferenz
Kapitel IV: STRATEGISCHE ZIELE UND MASSNAHMEN



B. Bildung und Ausbildung von Frauen

69. Bildung ist ein Menschenrecht und ein wesentliches Instrument zur Erreichung der Zielsetzungen von Gleichberechtigung, Entwicklung und Frieden. Eine nichtdiskriminierende Bildung kommt sowohl Mädchen als auch Jungen zugute und trägt somit letztlich zu einem ebenbürtigeren Verhältnis von Frau und Mann bei. Wenn mehr Frauen aktiv Veränderungen bewirken wollen, müssen der gleichberechtigte Zugang zur Bildung und der Erwerb von Bildungsqualifikationen gewährleistet sein. Die Alphabetisierung der Frauen ist ein Schlüssel zur Verbesserung von Gesundheit, Ernährung und Bildung in der Familie und zur Befähigung der Frau zur Teilhabe an den Entscheidungsprozessen in der Gesellschaft. Investitionen in die schulische und außerschulische Bildung und Ausbildung von Mädchen und Frauen und der damit verbundene ungemein hohe Gewinn für die Gesellschaft und die Wirtschaft haben sich als einer der besten Wege zur Herbeiführung einer bestandfähigen Entwicklung und eines nachhaltigen und bestandfähigen Wirtschaftswachstums erwiesen.

70. Auf regionaler Ebene haben Mädchen und Jungen gleichberechtigten Zugang zur Grundschulerziehung erreicht, mit Ausnahme einiger Teile Afrikas, insbesondere südlich der Sahara, und Zentralasiens, wo der Zugang zu Bildungseinrichtungen nach wie vor unzulänglich ist. Fortschritte wurden in der Sekundarschulbildung erzielt, wo Mädchen und Jungen in einigen Ländern bereits gleichberechtigten Zugang haben. Der Anteil der Mädchen und Frauen im tertiären Bereich hat beträchtlich zugenommen. In zahlreichen Ländern haben Privatschulen ebenfalls eine entscheidende ergänzende Rolle bei der Verbesserung des Bildungszugangs auf allen Ebenen gespielt. Dennoch haben über fünf Jahre nach der Verabschiedung der Welterklärung über Bildung für alle und des Aktionsrahmens für Maßnahmen zur Deckung des grundlegenden Bildungsbedarfs 12 auf der Weltkonferenz über Bildung für alle (Jomtien (Thailand), 1990) etwa 100 Millionen Kinder, davon mindestens 60 Millionen Mädchen, noch immer keinen Zugang zur Grundschulbildung, und über zwei Drittel der 960 Millionen erwachsenen Analphabeten in der ganzen Welt sind Frauen. Die hohe Analphabetenquote in den meisten Entwicklungsländern, insbesondere in Afrika südlich der Sahara und in einigen arabischen Staaten, ist nach wie vor ein ernstes Hindernis für die Förderung der Frau und für die Entwicklung.

71. Nach wie vor werden Mädchen beim Bildungszugang in vielen Gebieten diskriminiert, und zwar aufgrund von traditionellen Einstellungen, verfrühter Eheschließung und Schwangerschaft, unzulänglichem, von einem einseitigen Rollenverständnis ausgehenden Lehr- und Unterrichtsmaterial, sexueller Belästigung sowie Mangel an ausreichenden und physisch und anderweitig zugänglichen Bildungseinrichtungen. Mädchen müssen schon in sehr jungen Jahren schwere Hausarbeit verrichten. Von Mädchen und jungen Frauen wird erwartet, daß sie sowohl schulische als auch häusliche Aufgaben erledigen, was häufig zu einer Verschlechterung der Schulleistung und zu einem früheren Ausscheiden aus dem Bildungssystem führt. Dies hat langfristige Folgewirkungen für alle Aspekte des Lebens der Frau.

72. Die Schaffung eines bildungsmäßigen und sozialen Umfelds, in dem Frauen und Männer, Mädchen und Jungen gleich behandelt und zur vollen Entfaltung ihrer Möglichkeiten ermutigt werden, bei gleichzeitiger Achtung ihrer Gedanken-, Gewissens-, Religions- und Weltanschauungsfreiheit, und in der die Unterrichtsmittel kein stereotypes Rollenbild der Frau und des Mannes vermitteln, würde wesentlich dazu beitragen, die Ursachen der Diskriminierung der Frau und die Ungleichheiten zwischen Frauen und Männern zu beseitigen.

73. Frauen sollten in die Lage versetzt werden, sich über die in der Jugend erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten hinaus laufend fortzubilden. Dieser Gedanke des lebenslangen Lernens umfaßt nicht nur die im Rahmen der formellen Bildung und Ausbildung erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten, sondern auch das auf informellem Weg stattfindende Lernen, namentlich durch ehrenamtliche Tätigkeiten, unbezahlte Arbeit und überliefertes Wissen.

74. Lehrpläne und Unterrichtsmittel bauen nach wie vor vielfach auf einem einseitigen Rollenverständnis auf und gehen selten auf die besonderen Bedürfnisse von Mädchen und Frauen ein. Dies untermauert das herkömmliche Rollenbild der Frau und des Mannes, das den Frauen die Möglichkeit zu einer vollen und gleichberechtigten Partnerschaft in der Gesellschaft vorenthält. Die mangelnde Sensibilität des Lehrpersonals auf allen Ebenen für geschlechtsspezifische Fragen verschärft die bestehende Ungleichbehandlung von Jungen/Männern und Mädchen/Frauen, indem diskriminierende Tendenzen verstärkt werden und das Selbstwertgefühl von Mädchen untergraben wird. Die mangelnde Aufklärung in bezug auf sexuelle und reproduktive Gesundheit hat tiefgreifende Auswirkungen auf Frauen und Männer.

75. Vor allem die naturwissenschaftlichen Lehrpläne bauen auf einem einseitigen Rollenverständnis auf. Naturwissenschaftliche Lehrbücher gehen nicht auf die täglichen Erfahrungen von Frauen und Mädchen ein, und Wissenschaftlerinnen finden darin keine Anerkennung. Mädchen wird oft eine mathematische und naturwissenschaftliche Grundbildung und technische Ausbildung vorenthalten, die ihnen Kenntnisse vermitteln würde, auf die sie zurückgreifen könnten, um ihr tägliches Leben zu erleichtern und ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern. Ein naturwissenschaftliches oder technisches Hochschulstudium bereitet die Frauen auf eine aktive Rolle in der technischen und industriellen Entwicklung ihres Landes vor, was ein völlig anderes Konzept der beruflichen und technischen Ausbildung notwendig macht. Die Technologie bewirkt einen raschen Wandel in der Welt, und sie ist auch in die Entwicklungsländer vorgedrungen. Es ist unbedingt notwendig, daß die Frauen nicht nur Nutzen aus der Technologie ziehen, sondern auch selbst am Technologieprozeß mitwirken, von der Konzeption bis hin zur Anwendung, zur Überwachung und zur Bewertung.

76. Einer der Faktoren, die für das weitere Vorankommen von Mädchen und Frauen im Berufsleben ausschlaggebend sind, ist ihr Zugang zu allen Bildungsstufen, so auch zu einer höheren Bildung, und zu allen akademischen Bereichen und ihr Verbleib in diesen Bildungsgängen. Indessen ist festzustellen, daß Mädchen noch immer überwiegend in einer begrenzten Anzahl von Studienbereichen vertreten sind.

77. Die Massenmedien stellen ein einflußreiches Bildungsmittel dar. Als Bildungswerkzeug können die Medien Pädagogen sowie staatlichen und nichtstaatlichen Institutionen zur Förderung der Frau und zugunsten der Entwicklung dienlich sein. Computergestützte Unterrichts- und Informationssysteme werden zunehmend zu einem wichtigen Bestandteil des Wissenserwerbs und der Wissensverbreitung. Das Fernsehen hat einen besonders großen Einfluß auf junge Menschen und verfügt daher über die Fähigkeit, Wertvorstellungen, Einstellungen und die Perzeption von Frauen und Mädchen sowohl positiv als auch negativ zu beeinflussen. Es ist daher unbedingt notwendig, daß Pädagogen kritisches Urteilsvermögen und analytisches Denken vermitteln.

78. In zahlreichen Ländern werden nicht genügend Mittel für die Bildung, insbesondere von Mädchen und Frauen, bereitgestellt, und in einigen Fällen wurden diese Mittel noch weiter gekürzt, insbesondere im Zuge von Strukturanpassungspolitiken und -programmen. Diese unzureichenden Mittelzuweisungen wirken sich auf lange Sicht negativ auf die Entfaltung des Menschen, insbesondere die Entfaltung der Frau, aus.

79. Bei der Auseinandersetzung mit dem ungleichen Zugang zu Bildungseinrichtungen und den unzulänglichen Bildungschancen sollten die Regierungen und andere Akteure eine aktive und sichtbare Politik der konsequenten Einbeziehung einer geschlechtsbezogenen Perspektive in alle Politiken und Programme fördern, damit die Auswirkungen von Entscheidungen auf Frauen beziehungsweise Männer analysiert werden, bevor entsprechende Entscheidungen getroffen werden.

Strategisches Ziel B.1.

Gewährleistung des gleichberechtigten Bildungszugangs

Zu ergreifende Maßnahmen

80. Seitens der Regierungen:

a) Förderung des Ziels des gleichberechtigten Bildungszugangs durch Maßnahmen zur Beseitigung der Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, der Rasse, der Sprache, der Religion, der nationalen Herkunft, des Alters oder der Behinderung und jeder anderen Form von Diskriminierung auf allen Ebenen des Bildungswesens und gegebenenfalls Prüfung der Schaffung von Beschwerdeverfahren;

b) bis zum Jahr 2000 Verwirklichung des allgemeinen Zugangs zur Grundbildung und Gewährleistung des Abschlusses der Grundschulbildung durch mindestens 80 Prozent aller Kinder im Grundschulalter; bis zum Jahr 2005 Überwindung des Gefälles in der Primar- und Sekundarschulbildung von Jungen und Mädchen; vor dem Jahr 2015 Gewährleistung der allgemeinen Grundschulbildung in allen Ländern;

c) Beseitigung der geschlechtsbedingten Disparitäten beim Zugang zu allen Bereichen der Tertiärbildung, indem sichergestellt wird, daß Frauen gleichberechtigten Zugang zu Berufsförderung, Ausbildung und Stipendien haben, und indem gegebenenfalls positive Maßnahmen ergriffen werden;

d) Schaffung eines beiden Geschlechtern gegenüber aufgeschlossenen Bildungssystems zur Gewährleistung gleicher Bildungs- und Ausbildungschancen und der uneingeschränkten und gleichberechtigten Teilhabe der Frau an der Bildungsverwaltung und Bildungspolitik sowie an den Entscheidungsprozessen im Bildungswesen;

e) in Zusammenarbeit mit Eltern, nichtstaatlichen Organisationen, einschließlich Jugendorganisationen, Gemeinwesen und dem Privatsektor Ermöglichung der akademischen und technischen Ausbildung, Berufsplanung sowie des Erwerbs von Führungsqualifikationen, Sozialkompetenz und Berufserfahrung für junge Frauen, um sie auf die volle Teilhabe an der Gesellschaft vorzubereiten;

f) Erhöhung der Schulbesuchs- und -abschlußquoten von Mädchen durch die Bereitstellung angemessener Haushaltsmittel und durch die Gewinnung der Unterstützung von Eltern und Gemeinwesen sowie durch Kampagnen, flexible Unterrichtszeiten, Anreize, Stipendien und andere Möglichkeiten, mit deren Hilfe die den Familien erwachsenden Bildungskosten von Mädchen möglichst gering gehalten werden und den Eltern die Entscheidung zugunsten einer Bildung für ihre Tochter erleichtert wird; und durch Gewährleistung dessen, daß das Recht von Frauen und Mädchen auf Gewissens- und Religionsfreiheit in den Bildungseinrichtungen geachtet wird, indem alle Gesetze und sonstigen Rechtsvorschriften aufgehoben werden, die aufgrund der Religion, der Rasse oder der Kultur diskriminieren;

g) Förderung eines Umfelds im Bildungswesen, in dem alle Barrieren beseitigt sind, die den Schulbesuch durch schwangere Mädchen und junge Mütter verhindern, so gegebenenfalls auch durch die Bereitstellung erschwinglicher und erreichbarer Kinderbetreuungseinrichtungen und Elternberatungsstellen, um diejenigen, die während ihrer Schulzeit für die Betreuung ihrer Kinder und Geschwister verantwortlich sind, zur Rückkehr in die Schule beziehungsweise zur Fortsetzung und zum Abschluß ihrer Schulausbildung zu motivieren;

h) Verbesserung der Bildungsqualität und der Chancengleichheit von Frauen und Männern in bezug auf den Zugang zu Bildung, um sicherzustellen, daß Frauen jeden Alters sich das Wissen, die Qualifikationen, die Fähigkeiten, die Fachkenntnisse und die ethischen Werte aneignen können, die sie zu ihrer Entfaltung und ihrer uneingeschränkten und gleichberechtigten Teilhabe am sozialen, wirtschaftlichen und politischen Entwicklungsprozeß benötigen;

i) Bereitstellung einer nichtdiskriminierenden und die unterschiedliche Situation der Geschlechter berücksichtigenden professionellen Schul- und Berufsberatung, um Mädchen im Hinblick auf die Erweiterung ihrer beruflichen Möglichkeiten zur Absolvierung akademischer und technischer Bildungsgänge zu ermuntern;

j) Förderung der Ratifikation des Internationalen Paktes über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte 13 , soweit noch nicht geschehen.

Strategisches Ziel B.2.

Beseitigung des Analphabetentums unter den Frauen

Zu ergreifende Maßnahmen

81. Seitens der Regierungen, nationaler, regionaler und internationaler Gremien, bilateraler und multilateraler Geber und nichtstaatlicher Organisationen:

a) Verminderung der Analphabetenquote unter den Frauen auf mindestens die Hälfte des Standes von 1990, unter besonderer Berücksichtigung von Frauen in ländlichen Gebieten, Migrantinnen, weiblichen Flüchtlingen und Binnenvertriebenen und behinderten Frauen;

b) Gewährleistung des allgemeinen Zugangs von Mädchen zur Grundschulbildung und Bemühungen um die Gleichstellung der Geschlechter in bezug auf den Grundschulabschluß bis zum Jahr 2000;

c) Beseitigung der geschlechtsspezifischen Unterschiede in der grundlegenden und funktionellen Alphabetisierung, wie in der Welterklärung über Bildung für alle (Jomtien) empfohlen;

d) Verringerung der Disparitäten zwischen den entwickelten Ländern und den Entwicklungsländern;

e) Gewinnung der Erwachsenen und der Familie für den Lernprozeß zur Förderung der vollständigen Alphabetisierung aller Menschen;

f) Förderung der Alphabetisierung, der Erziehung zur Lebenstüchtigkeit und des Erwerbs von wissenschaftlich-technischem Wissen sowie Bemühungen um die Erweiterung des Begriffs der Alphabetisierung unter Berücksichtigung aktueller Zielvorgaben und Richtwerte.

Strategisches Ziel B.3.

Verbesserung des Zugangs der Frau zu Berufsausbildung, Wissenschaft und Technologie und Weiterbildung

Zu ergreifende Maßnahmen

82. Seitens der Regierungen, in Zusammenarbeit mit Arbeitgebern, Arbeitnehmern und Gewerkschaften, internationalen und nichtstaatlichen Organisationen, einschließlich Frauen- und Jugendorganisationen, und Bildungseinrichtungen:

a) Ausarbeitung und Durchführung von Politiken auf dem Gebiet der Bildung, Ausbildung und Umschulung von Frauen, insbesondere von jungen Frauen und von Frauen, die wieder in das Erwerbsleben eintreten, mit dem Ziel, ihnen die Fähigkeiten zu vermitteln, die sie benötigen, um den Anforderungen eines sich wandelnden sozioökonomischen Umfelds gewachsen zu sein und so ihre Beschäftigungschancen zu verbessern;

b) Anerkennung nichtformeller Bildungsmöglichkeiten für Mädchen und Frauen im Bildungssystem;

c) Information von Frauen und Mädchen über das Angebot und die Vorteile einer Berufsausbildung, von Ausbildungsprogrammen auf den Gebieten Wissenschaft und Technologie und von Weiterbildungsprogrammen;

d) Ausarbeitung von Bildungs- und Ausbildungsprogrammen für arbeitslose Frauen, um ihnen neue Kenntnisse und Fähigkeiten zu vermitteln, die ihre Beschäftigungschancen auch im Hinblick auf eine selbständige Tätigkeit erhöhen und erweitern, und Entwicklung ihrer unternehmerischen Fähigkeiten;

e) Diversifizierung der Berufs- und Fachausbildung und Verbesserung des Zugangs und der Abschlußquoten von Mädchen und Frauen in Bildung und Berufsausbildung auf Gebieten wie Naturwissenschaften, Mathematik, Technik, Umweltwissenschaft und Umwelttechnologie, Informatik und Hochtechnologie sowie Managementausbildung;

f) Förderung der zentralen Rolle der Frau in Forschungs-, Beratungs- und Bildungsprogrammen auf dem Gebiet der Ernährung und der Landwirtschaft;

g) Unterstützung der Anpassung von Lehrplänen und Unterrichtsmaterialien und eines förderlichen Ausbildungsumfelds und Ergreifung von Fördermaßnahmen in bezug auf Ausbildungsgänge in der gesamten Bandbreite nichttraditioneller Berufe für Frauen und Männer, namentlich auch Erarbeitung fächerübergreifender Kurse für Lehrer, die Naturwissenschaften und Mathematik unterrichten, um sie für die Bedeutung von Wissenschaft und Technik im Leben der Frau zu sensibilisieren;

h) Erstellung von Lehrplänen und Unterrichtsmaterialien sowie Ausarbeitung und Ergreifung von Fördermaßnahmen zur Gewährleistung des besseren Zugangs der Frau zu Wissenschaft und Technik und ihrer verstärkten Beteiligung auf diesen Gebieten, insbesondere solchen, auf denen sie nicht oder kaum vertreten ist;

i) Ausarbeitung von Politiken und Programmen, durch die Frauen zur Teilnahme an allen Lehrlingsprogrammen ermutigt werden;

j) Verbesserung der technischen, betriebswirtschaftlichen und landwirtschaftlichen Fortbildung sowie der Marketingausbildung für Frauen in den Bereichen Landwirtschaft, Fischerei, Industrie und Handel und Kunstgewerbe, damit mehr Einkommensmöglichkeiten geschaffen werden, die Frauen stärker an den wirtschaftlichen Entscheidungsprozessen teilhaben, insbesondere im Rahmen von Basis-Frauenorganisationen, und sie einen größeren Beitrag zu Produktion, Marketing, Wirtschaft, Wissenschaft und Technik leisten;

k) Gewährleistung des Zugangs erwachsener Frauen, die über geringe oder überhaupt keine Bildung verfügen, behinderter Frauen und legaler Migrantinnen, geflüchteter und vertriebener Frauen zu einer guten Bildung und Ausbildung auf allen in Betracht kommenden Ebenen, mit dem Ziel, ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern.

Strategisches Ziel B.4.

Aufbau eines nichtdiskriminierenden Bildungs- und Ausbildungssystems

Zu ergreifende Maßnahmen

83. Seitens der Regierungen, der Bildungsbehörden und anderer Bildungs- und Hochschuleinrichtungen:

a) Ausarbeitung von Empfehlungen und Erstellung von Lehrplänen, Lehrbüchern und Lehrmitteln, die frei von geschlechtsbezogenen Rollenklischees sind, für alle Bildungsebenen, einschließlich der Lehrerausbildung, in Zusammenarbeit mit allen Beteiligten - Verlegern, Lehrern, Behörden und Elternverbänden;

b) Ausarbeitung von Ausbildungsprogrammen und Unterrichtsmaterialien für Lehrer und Pädagogen, die sie für die Stellung, die Rolle und den Beitrag der Frau und des Mannes in der Familie, wie in Ziffer 29 definiert, sowie in der Gesellschaft sensibilisieren; in diesem Zusammenhang Förderung der Gleichberechtigung, Zusammenarbeit, gegenseitigen Achtung und Pflichtenteilung von Mädchen und Jungen von der Vorschulstufe an sowie insbesondere Ausarbeitung von Unterrichtsmodulen, um zu gewährleisten, daß Jungen über die notwendigen Fertigkeiten verfügen, um ihre eigenen Verrichtungen im Haushalt zu besorgen und die Verantwortung für den Haushalt und die Betreuung von Familienangehörigen zu teilen;

c) Erstellung von Ausbildungsprogrammen und Unterrichtsmaterialien für Lehrer und Pädagogen, die ihnen ihre eigene Rolle im Bildungsprozeß stärker bewußt machen und ihnen wirksame Strategien für einen Unterricht an die Hand geben sollen, der die unterschiedlichen Bedürfnisse beider Geschlechter berücksichtigt;

d) Ergreifung von Maßnahmen, um sicherzustellen, daß Lehrerinnen und Professorinnen die gleichen Möglichkeiten und den gleichen Status erhalten wie ihre männlichen Kollegen, da es wichtig ist, auf allen Ebenen weibliches Lehrpersonal einzusetzen, und daß Mädchen der Schulbesuch und das Verbleiben an der Schule erstrebenswert gemacht wird;

e) Einführung und Förderung einer Schulung in der friedlichen Konfliktbeilegung;

f) Fördermaßnahmen zur Erhöhung des Anteils der Frauen, die Zugang zu Entscheidungspositionen in der Bildungspolitik gewinnen, insbesondere Lehrerinnen auf allen Bildungsebenen und in allen Disziplinen, die traditionell eine Domäne der Männer sind, wie Wissenschaft und Technik;

g) Unterstützung und Erstellung von geschlechterspezifischen Untersuchungen und Forschungsarbeiten auf allen Bildungsebenen, insbesondere auf der Postgraduiertenebene, und Anwendung dieser Arbeiten bei der Lehrplanerstellung, insbesondere von Hochschullehrplänen, -lehrbüchern und -lehrmitteln und in der pädagogischen Ausbildung;

h) Schaffung von Ausbildungskursen und Gelegenheiten zum Erwerb von Führungsqualifikationen durch alle Frauen, damit sie ermutigt werden, als Schülerinnen/Studentinnen wie auch als erwachsene Frauen Führungsrollen in der bürgerlichen Gesellschaft zu übernehmen;

i) Schaffung geeigneter Bildungs- und Informationsprogramme unter gebührender Berücksichtigung der Vielsprachigkeit, insbesondere gemeinsam mit den Massenmedien, die der Öffentlichkeit, insbesondere den Eltern, vor Augen führen, wie wichtig eine nichtdiskriminierende Bildung und Erziehung der Kinder und die gemeinsame Wahrnehmung von Familienaufgaben durch Mädchen und Jungen ist;

j) Schaffung von Bildungsprogrammen über die Menschenrechte, in denen auf allen Bildungsebenen der Faktor Geschlecht berücksichtigt wird, indem insbesondere Hochschulen ermutigt werden, das Studium der Menschenrechte der Frau, wie sie in den Übereinkünften der Vereinten Nationen verankert sind, in ihre Lehrpläne für Graduierten- und Postgraduiertenstudien in den Bereichen Rechts-, Sozial- und Politikwissenschaften aufzunehmen;

k) Beseitigung von gesetzlichen, administrativen und gegebenenfalls sozialen Schranken für die Aufklärung über sexuelle und reproduktive Gesundheit im Rahmen formeller Aufklärungsprogramme über frauenspezifische Gesundheitsfragen;

l) mit Rat und Unterstützung der Eltern und in Zusammenarbeit mit Lehrpersonal und Bildungseinrichtungen Förderung der Erstellung von Bildungsprogrammen für Mädchen und Jungen und Schaffung von integrierten Diensten, die ihnen ihre Verantwortung stärker bewußt machen und ihnen helfen sollen, diese Verantwortung auf sich zu nehmen, unter Berücksichtigung der Wichtigkeit einer solchen Aufklärung und solcher Dienste für die persönliche Entfaltung und das Selbstwertgefühl sowie der dringenden Notwendigkeit, ungewollte Schwangerschaften, die Ausbreitung von sexuell übertragbaren Krankheiten, insbesondere HIV/Aids, und das Auftreten von sexueller Gewalt und sexuellem Mißbrauch zu verhüten;

m) Schaffung leicht zugänglicher Freizeit- und Sporteinrichtungen und Aufstellung und Stärkung frauenfreundlicher Programme für Mädchen und Frauen aller Altersstufen in Bildungs- und Gemeinweseninstitutionen sowie Unterstützung der Förderung von Frauen in allen Bereichen des Sports und der körperlichen Betätigung, einschließlich Betreuung, Training und Verwaltung, sowie bei der Teilnahme an nationalen, regionalen und internationalen Veranstaltungen;

n) Anerkennung und Unterstützung des Rechts autochthoner Frauen und Mädchen auf Bildung und Förderung eines multikulturellen Bildungsansatzes, der auf die Bedürfnisse, Bestrebungen und Kulturen autochthoner Frauen eingeht, so auch dadurch, daß nach Möglichkeit in der Sprache der betreffenden autochthonen Bevölkerungsgruppe geeignete Bildungsprogramme, Lehrpläne und Lehrmittel geschaffen werden und dafür gesorgt wird, daß autochthone Frauen an diesen Prozessen teilhaben;

o) Anerkennung und Achtung der künstlerischen, geistigen und kulturellen Tätigkeiten autochthoner Frauen;

p) Gewährleistung der Achtung der Gleichberechtigung von Frau und Mann und der kulturellen, religiösen und sonstigen Vielfalt in Bildungseinrichtungen;

q) Förderung von Bildungs-, Ausbildungs- und sachdienlichen Informationsprogrammen für auf dem Land lebende und in der Landwirtschaft tätige Frauen durch den Einsatz erschwinglicher geeigneter Technologien sowie der Massenmedien, wie beispielsweise Rundfunkprogramme, Kassettenaufnahmen und mobile Einrichtungen;

r) Bereitstellung nichtformeller Bildungsmöglichkeiten, insbesondere für Landbewohnerinnen, damit sie ihre Möglichkeiten in bezug auf Gesundheit, Kleinstunternehmen, Landwirtschaft und gesetzliche Rechte wahrnehmen können;

s) Beseitigung aller Hindernisse, die dem Zugang schwangerer Mädchen und junger Mütter zu einer formellen Bildung entgegenstehen, und gegebenenfalls Unterstützung der Bereitstellung von Kinderbetreuungseinrichtungen und sonstigen Unterstützungsdiensten.

Strategisches Ziel B.5.

Bereitstellung ausreichender Mittel für Bildungsreformen und Überwachung ihrer Durchführung

Zu ergreifende Maßnahmen

84. Seitens der Regierungen:

a) Bereitstellung der erforderlichen Haushaltsmittel für den Bildungssektor, gegebenenfalls durch Umschichtungen innerhalb dieses Sektors, um sicherzustellen, daß mehr Mittel für die Grundbildung zur Verfügung stehen;

b) Schaffung von Mechanismen auf geeigneten Ebenen zur Überwachung der Durchführung von Bildungsreformen und -maßnahmen in den zuständigen Ministerien und nach Bedarf Aufstellung von Programmen der technischen Hilfe zur Auseinandersetzung mit den im Zuge der Überwachung aufgeworfenen Fragen.

85. Seitens der Regierungen und nach Bedarf seitens privater und öffentlicher Institutionen, Stiftungen, Forschungsinstituten und nichtstaatlicher Organisationen:

a) erforderlichenfalls Bereitstellung zusätzlicher Mittel seitens privater und öffentlicher Institutionen, Stiftungen, Forschungsinstitute und nichtstaatlicher Organisationen, damit Mädchen und Frauen sowie Jungen und Männer gleichberechtigt einen Bildungsabschluß erlangen können, unter besonderer Berücksichtigung unterversorgter Bevölkerungsgruppen;

b) Bereitstellung von Finanzmitteln für Sonderprogramme, wie beispielsweise Programme in Mathematik, Naturwissenschaften und Computertechnik, um allen Mädchen und Frauen größere Chancen einzuräumen.

86. Seitens der multilateralen Entwicklungsinstitutionen, einschließlich der Weltbank, der regionalen Entwicklungsbanken, bilateraler Geber und Stiftungen:

a) Erwägung der Möglichkeit, im Rahmen von Entwicklungshilfeprogrammen vorrangig mehr Finanzmittel für den Bildungs- und Ausbildungsbedarf von Mädchen und Frauen bereitzustellen;

b) Erwägung der Möglichkeit der Zusammenarbeit mit den Empfängerregierungen, um sicherzustellen, daß bei Strukturanpassungs- und Wirtschaftssanierungsprogrammen, so auch bei Kredit- und Stabilisierungsprogrammen, die für die Bildung der Frau vorgesehenen Mittel im gleichen Umfang beibehalten beziehungsweise aufgestockt werden.

87. Seitens internationaler und zwischenstaatlicher Organisationen, insbesondere seitens der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur, auf weltweiter Ebene:

a) Beitrag zur Bewertung der erzielten Fortschritte anhand der von nationalen, regionalen und internationalen Gremien erstellten Bildungsindikatoren und nachdrückliche Aufforderung an die Regierungen, bei der Durchführung von Maßnahmen die Unterschiede zu beseitigen, die zwischen Frauen und Männern beziehungsweise Jungen und Mädchen bestehen, was ihre Bildungs- und Ausbildungschancen und das auf allen Gebieten erzielte Bildungsniveau, insbesondere bei Grundschul- und Alphabetisierungsprogrammen, betrifft;

b) auf Antrag Gewährung von technischer Hilfe an die Entwicklungsländer, damit sie besser in der Lage sind, die Fortschritte beim Ausgleich des Gefälles zwischen Frauen und Männern in Bildung, Ausbildung und Forschung und bei den in allen Bereichen erzielten Leistungen, insbesondere bei der Grundbildung und der Beseitigung des Analphabetentums, zu überwachen;

c) Durchführung einer internationalen Kampagne zur Förderung des Rechts von Frauen und Mädchen auf Bildung;

d) Bereitstellung eines beträchtlichen Prozentsatzes ihrer Mittel für die Grundbildung von Frauen und Mädchen.

Strategisches Ziel B.6.

Förderung des lebenslangen Lernens und der lebenslangen Weiterbildung von Mädchen und Frauen

Zu ergreifende Maßnahmen

88. Seitens der Regierungen, der Bildungsinstitutionen und der Gemeinwesen:

a) Gewährleistung des Angebots eines breiten Spektrums von Bildungs- und Ausbildungsprogrammen, die es Frauen und Mädchen ermöglichen, sich laufend diejenigen Kenntnisse und Fähigkeiten anzueignen, die sie benötigen, um in ihren Gemeinwesen und Nationen leben, einen Beitrag zu ihnen leisten und Nutzen aus ihnen ziehen zu können;

b) Unterstützung von Kinderbetreuungseinrichtungen und anderen Diensten, damit Mütter ihre Ausbildung fortsetzen können;

c) Schaffung flexibler Bildungs-, Ausbildungs- und Umschulungsprogramme für ein lebenslanges Lernen, die den Frauen in allen Phasen ihres Lebens den Übergang von einer Tätigkeit zu einer anderen erleichtern.


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